Jadzia deutete in Richtung Marktplatz. Dort waren mehrere Pranger aufgestellt worden, in denen Leute angekettet waren. Velaya nickte und meinte: „Ich habe es gesehen. Da ist was faul, aber deswegen sind wir ja hier!“ Noch bevor die Templerin noch etwas zu ihren Gefährtinnen sagen konnte, war die Patrouille da. Ihr Kommandant motzte: „Ihr verstoßt gegen geltende Gesetze, Ihr seid verhaftet!“ Nun, da könnte ja jeder kommen! Geltende Gesetze sind nicht dasselbe, wie GÜLTIGE Gesetze. Nur, weil eine übereifrige Wache meint, schwachsinnige, herbeihalluzinierte Regeln mit Waffengewalt geltend machen zu können, wird daraus noch lange kein gültiges Recht. Den Unterschied wollten die Heldinnen dem Kommandanten einmal beibringen.
Die Frauen machten sich kampfbereit. Velaya beschwor ihren Clannbann und ihre Zwielichtschwinge, Fareniel ihren Kampfbären. Kalryssia erhob ihren Schild, erfüllte ihr Schwert mit Feuermagie und wies ihre Gefährtinnen an, zusammen zu bleiben und auf ihr Kommando zu warten. Jadzia richtete sich darauf ein, zu heilen und Sera Na verschwand in Meridias Schatten, wurde also für die Wachen unsichtbar. Die Wachen stürmten auf sie zu. Doch noch bevor sie in Nahkampfreichweite kamen, reagierte das Ankh, hüllte auch diese Soldaten , die ohne Zweifel unter dem Bann des Schattenfürsten standen, in eine grünliche Wolke ein und ließ sie auf der Stelle einschlafen. Mitten auf der Straße. Es war wohl Kynareths Macht, die sie sanft außer Gefecht gesetzt hatte.
Fareniel kommentierte: „Auch recht. Die sind außer Gefecht und stören uns nicht mehr.“ Velaya meinte dazu: „Vielleicht werden sie mit riesigen Kopfschmerzen aufwachen, wenn das hier vorbei ist. Das ist weit weniger, als sie in einem Kampf mit uns abbekommen hätten.“ Jadzia fügte hinzu: „Das ist gut gelaufen. Niemand wurde verletzt. Denkt immer daran, die stehen unter dem Bann des Schattenfürsten. Die sind nicht unser Feind und können nichts dafür!“
Sie begaben sich zum Marktplatz, um sich die Pranger anzuschauen. Sie bemerkten angenagelt an einen Pfahl zwischen den Prangern ein offiziell wirkendes Papier auf dem stand: „So ergeht es jedem, der gegen die Gesetze der Acht verstößt“. Sera Na fragte: „Was kann das bedeuten? Was haben die verbrochen, um in diese Lage zu kommen?“ Kalryssia schüttelte ahnungslos den Kopf und fügte hinzu: „Und was haben die Schattenfürsten mit den Gesetzen der Acht zu tun, daß sie deren Einhaltung fordern?“ Velaya antwortete: „Vielleicht mißbrauchen die Schattenfürsten die Gesetze der Acht auf irgendeine Weise. Darüber denken wir später nach, in Ordnung? Laßt uns etwas versuchen!“ Sie streifte die Kette mit dem Ankh ab, näherte sich einem der im Pranger Gefangenen und berührte ihn damit. Es gab eine kurze Verpuffung und der Bann über den Gefangenen war gebrochen. Velaya ließ ihm einen Moment Zeit sich wieder zurecht zu finden und fragte ihn: „Ist soweit alles in Ordnung mit Dir?“ Der Gefangene, ein Bretone, schaute irritiert, benötigte einen Augenblick zur Orientierung und zischte: „Sehe ich so aus, als ob alles in Ordnung wäre?“ Velaya machte eine beruhigende Geste: „Wir sind hier um zu helfen. Wir brauchen aber Informationen. Was ist hier los?“ Der Gefangene stellte sich vor: „Ich heiße Diego und war auf der Durchreise, als ich in diese verrückte Stadt gekommen bin. Ich bin... 'Händler' aus Hammerfell und handle mit seltenen Gütern und Dingen, die anderen Leuten… abhanden gekommen sind.“ Velaya verstand... er war also Schmuggler oder Hehler. Aber das tat nichts zur Sache, deswegen waren sie nicht hier.
Sie fragte weiter nach: „Und Du wurdest wegen Deiner... 'Geschäfte' an den Pranger gestellt?“ Er sah, daß Velaya ihn verstanden hatte, sich darüber nicht empörte und antwortete: „Nein, wenn's nur das wäre, würde ich mich nicht mal beklagen. Ich kenne ja die Risiken meines 'Berufes'. Ich wurde eingesperrt, weil ich nicht über die Witze des Stadtverwalters gelacht habe. Was soll ich dazu sagen? Die sind einfach NICHT witzig! Und das war angeblich ein Verstoß gegen irgendein Gesetz von Mara, ein Verstoß gegen das Gebot der Nächstenliebe angeblich... in dem Fall die Liebe zu Witzen oder irgend etwas Bescheuertes in der Richtung... Lächerlich...!“ Er seufzte. „Ach ich habe überhaupt nicht verstanden, was mir vorgeworfen wurde, aber DIE halten den Pranger für die gerechte Strafe dafür... Die sind total bekloppt hier! Ich muß wohl noch dankbar sein, daß sie mich nicht auch noch ausgepeitscht haben...“
Velaya warf Sera Na einen bedeutenden Blick zu. Sie verstand sofort und knackte das Schloß des Prangers. Diego war damit frei. Sera Na erklärte Diego, daß sie es waren, die für den Schlamassel verantwortlich waren. Velaya erzählte Diego kurz und knapp von dem Unglück in der Akademie von Winterfeste, wurden jedoch unterbrochen, bevor sie ins Detail gehen konnte. Eine Wache hatte die Ereignisse beobachtet und kam mit einem zweiten Soldaten zum Pranger. Er motzte: „HE! Was fällt Euch ein?“ Doch da reagierte bereits das Ankh und schickte die beiden wie zuvor schon ihre Kollegen schlafen. Sera Na fragte: „Sollen wir die anderen Gefangenen auch befreien?“ Velaya schüttelte den Kopf: „Laß' es! Im Pranger sind sie nicht in Gefahr. Wir befreien sie zusammen mit der ganzen Stadt.“ Sie legte das Ankh wieder um ihren Hals, um wieder beide Hände frei zu haben und sagte: „Laß uns den Schattenfürsten finden und ihm endlich eine Lektion erteilen! Diego, Du mußt in unserer Nähe bleiben, sonst wirst Du vielleicht wieder Opfer des Banns, aber halte Dich aus dem kommenden Kampf raus!“ Sie hängte ihm das von Meridia geweihte Amulett um, das durch das Ankh ersetzt wurde und nun übrig war. „Das hätte ich später gerne wieder, hörst Du?“ Diego meinte: „Keine Sorge, ich weiß, was ich Euch schuldig bin. Ihr seid mindestens hier, um die Welt zu retten, stimmt's? Und das Amulett hier hilft Euch dabei. Ich mag zwar ein Schmuggler und Dieb sein, aber ich bin nicht ohne Ehre!“
Den Schattenfürsten fanden sie vor dem Tempel des Tribunals die Treppen auf und ab schweben, ganz so, als wäre er Herrscher über die gesamte Stadt, was er im Moment wohl auch war. Auch er hatte die Eindringlinge bemerkt. Kalryssia warf einen Blick auf Velayas Ankh. Es war beunruhigend Matt und glanzlos. Sie wies die Magierin darauf hin: „Kann es sein, daß etwas mit dem Ankh nicht stimmt?“ Velaya schaute es sich an und meinte: „Bisher hat es doch gut funktioniert. Ich vertraue auf die Macht der Weihegeber!“ Fareniel legte ihre Hand auf das Ankh, fühlte in es hinein und meinte: „Es schont seine Kräfte, hält sie zurück, um den Schattenfürst nicht zu früh zu warnen!“ Immerhin sorgte es dafür, dass die Wachen passiv blieben. Sobald eine der Wachen aktiv wurde, wurde sie auch schon wieder vom Ankh ruhig gestellt.
Der Schatten ließ seine Widersacher näher kommen. Bestimmt war ihm bekannt, daß sie den letzten Kampf gegen einen seiner Art verloren hatten und war sich seiner Sache sehr sicher. Er fühlte sich offensichtlich nicht besonders bedroht von den Gefährten. Sie hatten sich nun auf etwa 15 Meter genähert, als der Schattenfürst reagierte und einen Trupp einfacher Skelette beschwor. Die hielt er wohl für ausreichend und es strengte ihn nicht weiter an, diese herbei zu rufen. Etwa ein Dutzend von ihnen erschienen wie aus dem Nichts. Diego war überrascht und wich unwillkürlich ein Stück zurück, riss sich dann aber wieder zusammen. Jetzt erst reagierte das Ankh auf die Präsenz der Untoten! Es erstrahlte in einem hellen, sonnengelben Licht, das für Meridias Macht typisch war. Das Licht fuhr strahlend in die Untoten hinein, die augenblicklich aufheulten und in Meridias Licht verendeten.
Der Schattenfürst wirkte irritiert und wich unwillkürlich ein Stück zurück, bevor er wieder nach vorne schwebte. Er hatte wohl soeben begriffen, daß er diesmal mehr auffahren müßte. Jetzt beschwor er stärkere Kreaturen. Schwarze Skelette und Clannbanns erschienen um ihn herum und schützten ihren Herrn und Meister. Der griff die Kämpferinnen mit den bewährten Schattenwolken an. Doch die kannten das inzwischen, hielten die Schattenwolken im Blick und wichen ihnen aus. Diesmal war es das Symbol von Akatosh auf dem Ankh, das in gleißend hellem, weißen Licht aufleuchtete. Ein Strahl traf den nächstgelegenen Clannbann, der von ihm zu den anderen Kreaturen übersprang. Akatosh's Macht traf sie mit voller Wucht. Brüllend vergingen die Gegner, während gleichzeitig Akatosh's Licht aus ihren Augen heraustrat und ihre Gestalten auflöste. Nur ein paar Häufchen Asche blieben zurück.
Diego hatte inzwischen Schutz hinter einer der niedrigen Ziermauern gesucht und achtete darauf, dem Kampf nicht in die Quere zu kommen. Was er zu sehen bekam, würde er in seinem Leben nie wieder vergessen können. Kalryssia, Sera Na, Jadzia und Fareniel blieben in diesem Gefecht passiv und wichen nur den Angreifern und Angriffen aus. Sie überließen der Macht des Ankhs das Feld.
Der Schattenfürst stieß nun eine Blase der Findsternis aus, die immer größer wurde und schon bald die fünf Kämpferinnen und das ganze Schlachtfeld umfaßte. Die konnten nun in dieser vollkommenen Finsternis nichts mehr sehen. Das war äußerst unangenehm, da sie nun auch die Schattenwolken des Gegners nicht mehr erkennen konnten. Und tatsächlich wurde nun Jadzia von einer solchen Wolke getroffen und sank ihren Kräften beraubt zu Boden. Der Schattenfürst hatte nun Kalryssia erreicht. In der Finsternis hatte die Drachenritterin ihn nicht kommen gesehen. Kalryssia konnte seine kalte Totenhand auf ihrer Brust knapp unterhalb ihres Schutzamuletts spüren. Der Schattenfürst senkte die Schattenblase so, als sollten alle sehen, was er mit ihrer Kameradin machte. Vielleicht konnte er sie auch einfach nicht länger aufrecht erhalten. Die Berührung lähmte sie und ihr wurde die Lebensenergie aus dem Leibe gerissen. Kalryssia hielt dem Schmerz eine ganze Weile stand, schrie aber schließlich unter dem Schmerz laut auf. Der Schattenfürst war gerade im Begriff, ihr mit seinem Seelengriff die Lebensenergie zu entreißen.
Kalryssia bekommt den Seelengriff des Schattenfürsten zu spüren
Sera Na, die relativ nahe bei der Kaiserlichen stand, rannte in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war und riß die Drachenritterin mit ihrer ganzen Körpermasse zu Boden, wodurch der Kontakt zum Schattenfürsten unterbrochen wurde. Dann baute sie sich schützend vor Kalryssia auf, auch, um sie gegen einen herannahenden Clannbann und ein großes Skelett mit Zweihänder zu verteidigen. Fareniel erkannte, daß sie in höchster Gefahr schwebten und schrie Velaya an: „VELAYA, ENTFESSLE ENDLICH DIE GANZE MACHT DES ANKHS!“ Das Ankh schimmerte und wartete auf ein Signal seiner Trägerin. Die Magierin dachte: „Ankh? Aktivieren? WIE?“ Fareniel ahnte ihre Gedanken und half ihr auf die Sprünge: „Denk an Meridias Worte. Du solltest es tragen, weil Du von uns die meiste Magie in Dir trägst! Fokussiere sie!“ Die Bretonin nahm das Ankh mit der Kette ab und schaute es sich kurz an. Sie hielt es in der linken Hand, dem Gegner entgegen gestreckt und schickte ihre Blitzzauber, Dunkle Scherben und Dunkle Flüche gegen den Schattenfürst, doch der nahm dadurch keinen Schaden und zuckte kaum zusammen. Das Ankh verwendete seine Kraft momentan nur sparsam, hielt die Kreaturen der Finsternis in ihrer Nähe zurück.
Diego war inzwischen in die Räume der Wachen eingedrungen und hatte sich seine Ausrüstung dort zurück geholt. Er hatte beschlossen, nicht alles seinen Rettern zu überlassen und wenigstens die Clannbanns und Skelette zu bekämpfen. Der Meisterdieb hatte einen Bogen mit einer raffinierten Zielvorrichtung, mit der er auch ganz gute Erfolge erzielte und verwendete gehärtete Pfeile. Kalryssia war außer Gefecht und konnte sich mit Mühe wieder zum Sitzen aufrichten. Sie dachte „Ich muß Akatoshs Segen zünden und mit TIID KLO UL die Zeit anhalten“. Sie wollte sich sammeln und wieder aufstehen, doch das war ein utopischer Gedanke. Sie war nicht in der Verfassung, das zu tun. Sie war verwirrt imd konnte gerade nicht logisch denken, denn sonst hätte sie erkannt, dass sie während der angehaltenen Zeit die einzige wäre, die sich normal bewegen könnte, derzeit aber zu sinnvollen Aktionen in dieser kurzen Zeit gerade gar nicht imstande war. Diego nutzte ein kleines Zeitfenster und zog die immer noch außer Gefecht befindliche Jadzia einige Meter weiter vom Kampfplatz weg – weg vom Schattenfürsten um dann wieder das Feuer auf die Kreaturen zu eröffnen.
Das Henkelkreuz selbst und auch die Symbole darauf glühten in verschiedenen Farben und zeigte sich bereit, eingesetzt zu werden. Es fehlte nur der Impuls, ein Kommando, die ganze Macht zu entfesseln. Fareniel war sich nicht sicher, ob Velaya ihre Anweisungen verstanden hatte. Sie hechtete zu der Position, von der die Stimme der Magierin gekommen war, wo sie dank der Macht des Anks wieder etwas sehen konnte und nahm ihr das Artefakt aus der Hand. Sie streckte es dem Schattenfürst mit der rechten Hand entgegen. Die Hüterin konzentrierte sich und schickte einen Impuls ihrer Eis- und Naturmagie direkt in das Ank hinein, also NICHT auf den Gegner. Die Reaktion war entsprechend heftig. Velaya stand daneben und schaute zu. JETZT verstand sie es. Sie beobachtete die Reaktion des Artefakts. Es „wußte“ im Prinzip selbst, was zu tun war. Vermutlich gelenkt von den Segensgebern.
Die vier Symbole leuchteten grell auf. Sie strahlten vereint in einem einzigen mächtigen, anhaltenden Energiestoß und durchschnitten den Raum zwischen Ankh und Schattenfürst. Mit voller Kraft traf ihn die Macht der vier in der Brust. Der Schatten brüllte schmerzerüllt auf und wich zurück. Ein solches Brüllen hatten sie zuletzt vernommen, als sie damals Molag Bal eine Tracht Prügel verpaßten.
Fareniel ergreift die Initiative und aktiviert das Ankh
Das Licht ließ den Schatten unerträgliche Qualen erleiden. Hinter dem Schattenfürst öffnete sich ein violettes Portal; er hatte es auf einmal äußerst eilig, zu verschwinden. Er war wohl empfindlich verletzt worden, wenn man das bei so einem Gegner so nennen kann. Velaya und Fareniel jubelten, Sera Na hielt sich zurück und Kalryssia und Jadzia waren im Moment nicht in der Verfassung, in Jubel auszubrechen.
Der Bann, der die Stadt umfangen hielt, war jedenfalls gebrochen. Die Wachen waren irritiert, die völlig verstörten Bewohner trauten sich langsam wieder aus den Häusern. Die Wachen, die vom Ankh schlafen gelegt wurden, schliefen immer noch. Sie wurden von anderen Wachen aufgehoben und in eine bequemere Lage gebracht. Kalryssia und Jadzia konnten nur langsam laufen und mußten sich erst erholen. Auch Sera Na humpelte ein wenig, da sie sich bei der Rettungsaktion an Kalryssias schwerer Xivkyn-Rüstung verletzt hatte. Velaya erklärte dem Kommandanten der Stadtwache, was passiert war und wies sie darauf hin, daß in den Prangern noch Unschuldige festgehalten wurden. Eine Wache meinte, daß sie auch Leute in den Kerkern eingesperrt hatten wegen Bagatellen, über die sie sich normalerweise nicht mal aufregen würden. Er würde sich um ihre Freilassung kümmern.
Der Kommandant der Wache, ein Dunmer, bedankte sich bei den Gefährtinnen: „Vielen herzlichen Dank, daß Ihr diesen Fluch von uns genommen habt. Wir stehen in Eurer Schuld.“ Fareniel schüttelte den Kopf und antwortete: „Es gibt keinen Anlass zur Entspannung, der ist nicht tot, der wird irgendwann wiederkommen. Wann können wir noch nicht vorhersagen, wir haben noch kein Muster erkannt. Und wir haben im Moment nicht die Kapazitäten, um sie überall zu bekämpfen.“ Der Kommandant nickte und meinte: „Wir werden versuchen, uns darauf vorzubereiten und zu Almalexia, Sotha Sil und Vivec beten, daß sie uns beistehen. Notfalls sperren wir uns nächstes Mal selbst in die Kerkerzellen ein, solange wir noch Herr unserer Sinne sind!“ Fareniel nickte und ließ ihn in dem Glauben, daß er lange genug gegen den Fluch bestehen konnte, um Maßnahmen zu ergreifen, was aber unwahrscheinlich war. Wahrscheinlicher war, daß der Fluch augenblicklich in dem Moment eintritt, in dem einer der Schattenfüsten eine Stadt betrat. Die Hüterin wollte ihm die Hoffnung aber nicht nehmen und schwieg über ihre Theorie, die ja wie jede Theorie auch falsch sein könnte..
Diego gab Velaya das geliehene Schutzamulett zurück und bedankte sich: „Was bin ich froh, das heil überstanden zu haben... Wenn Ihr einmal etwas braucht, fragt in der Diebesgilde nach Diego, dem Meisterdieb. Die wissen, wie sie mir eine Nachricht zukommen lassen können. Lebt wohl meine Freunde!“ Der Bretone hatte es nun sehr eilig, durch die Stadttore Ebenherz zu verlassen. Sera Na schaute ihm noch lange nach und sagte zu ihren Freundinnen leise genug, so daß Diego das nicht mehr hören konnte: „Der hat was! Ich glaube, an den könnte ich mich gewöhnen.“
Ihre Mission hier war erfüllt. Das Ankh funktionierte, auch wenn es den Schattenfürsten noch nicht vernichten konnte, da dafür noch andere Voraussetzungen stimmen mußten. Velaya, Sera Na und Fareniel hatten nun Zeit, sich um Jadzia und Kalryssia zu kümmern. Fareniel heilte die Templerin so gut es gerade möglich war. Sera Na meinte: „Ich habe im Domus Phrasticus einige Heiltränke, die werden sie wieder auf die Beine bekommen.“ Fareniel antwortete: „Das wird bei Kalryssia nicht reichen. Der Schattenfürst hat nach ihrer Seele gegriffen… Das wird Zeit erfordern.“ Velaya stützte Kalryssia, die sich mit ihrer um die 30 kg schweren Rüstung kaum selbst auf den Beinen halten konnte. Bei Jadzia hatte Fareniels Heilung besser geholfen. Immerhin konnte sie ohne Hilfe gehen. Sie reisten nun zu ihrem Haus Domus Phrasticus in Kargstein, versorgten ihre Verletzungen und beschlossen, sich erst einmal auszuruhen.
Fareniel hatte einige Minuten zuvor die Schultern und Rückenmuskeln der Templerin mit einer Arnikatinktur massiert, damit sich Jadzia möglichst bald besser fühlte. Jadzia ging erschöpft von dem Kraftentzug vor dem angenehm warmen Kamin auf und ab und nahm Azuras Mond in die Hand, der nach ihrer Berührung und ein wenig von ihrer Magicka wieder von innen her leuchtete und die Weltkugel von Nirn zeigte. Nur zwei Punkte waren auf der Planetenoberfläche markiert, und zwar in Wegesruh und dem Großen Baum. Die Templerin nickte zufrieden und wies ihre Freundinnen darauf hin: „Der von uns vertriebene Schattenfürst befindet sich momentan entweder nicht auf unserer Ebene oder er ist zu einem der anderen Schattenfürsten gereist. Was meint Ihr dazu?“ Fareniel theoretisierte: „Ich nehme an, der leckt seine Wunden und ist irgendwo im Reich des Vergessens. Aber er wird seinen Artgenossen sicher bald berichten, was passiert ist.“
Jadzia inspiziert mit Meridias Mond die Aktivitäten der Schattenfürsten
Sera Na braute einige kräftigende Tränke am Alchemietisch zusammen und gab Jadzia einen davon. Schnell fühlte sie sich besser. Kalryssia lag eingewickelt in einem wärmenden Fell vor dem Kamin neben Jadzia und schlief im Moment. Die Drachenritterin hatte Fieber; ihr Immunsystem kämpfte. Sie hatte durch die Berührung mit der Totenhand des Schattens am meisten Schaden genommen und die Berührung hatte durch die schwere Rüstung hindurch gewirkt. Ein Abdruck auf ihrem Brustkorb sah aus, wie die Spuren einer Verbrennung. Eine von Sera Na hergestellte Medizin hatte ihr es erleichtert, in den Schlaf zu fallen, so daß sie die Schmerzen im Moment nicht spürte. Velaya hatte ihr Wadenwickel aus Essigwasser mit einigen von Sera Na‘s Kräutern gemacht und ihr einen damit getränkten Waschlappen auf die Stirn gelegt. Die Dunkelelfin ließ sie schlafen und stellte die Phiole mit der Kräftigungstinktur neben sie. Mit weiteren Heilzaubern war hier jedenfalls nichts mehr zu errreichen. Den Rest mußte die Natur heilen.
Velaya war auffallend still und das schon eine ganze Weile. Fareniel sprach sie darauf an: „Was ist los, Velaya?“ Die Bretonin antwortete: „Ach...ich bin frustriert. Ich hatte nicht kapiert, wie ich das Ankh einsetzen mußte. Hättest Du nicht eingegriffen, wäre das übel ausgegangen.“ Die Waldelfin winkte ab: „Dafür sind wir ein Team. Unsere Fähigkeiten, unser Wissen ergänzt sich. Nimm's nicht so schwer, es ist doch soweit alles in Ordnung.“ Die Magierin schüttelte den Kopf und schimpfte mit sich selbst: „NEIN, es ist nicht in Ordnung. Ich bin studierte Magierin mit einem Haufen Abschlüssen und jeder Menge Büchern im Kopf. Ich hätte wissen müssen, wie man so ein Artefakt einsetzt! Mein Unwissen hat uns alle in Gefahr gebracht!“
Jadzia mischte sich in die Diskussion ein: „Wir hatten keine Gebrauchsanleitung für das Ankh. Und vergiss nicht, wir sind losgezogen, um es zu testen. Wir wußten alle, daß unser Test auch fehlschlagen konnte und haben das Risiko in Kauf genommen.“ Fareniel stimmte zu und ergänzte: „So ist es. Außerdem gibt es eine Menge Dinge, auf die man von einer Akademie nicht vorbereitet werden kann. Das sind dann meistens ausgerechnet die praktischen Anwendungen des Gelernten. Lebenserfahrung eben.“ Die Hüterin versuchte jetzt das Thema zu wechseln: „Und jetzt hör auf damit, Dir Vorwürfe zu machen, die helfen uns auch gar nicht weiter. Laßt uns nach Lösungen suchen! Also... Wie finden wir die Kristallsplitter der Schatten und wie bringen wir ihre Namen in Erfahrung?“
Velaya meinte: „Wir sollten uns die Beifunde der Truhe ansehen, die im Archiv der Akademie von Winterfeste lagern. Aber heute nicht mehr. Wir müssen uns ausruhen.“ Und so ließen sie die Nacht verstreichen. Dennoch fühlten sich alle am nächsten Morgen nach unangenehmen Träumen wie gerädert und keiner kam so richtig in Schwung.
Kalryssia war nur leidlich einsatzbereit und würde lieber noch nicht wieder raus gehen, aber untätig herumliegen war auch nicht ihr Ding. Man merkte, daß der Verlust an Lebensenergie an ihr gezehrt hatte. Den anderen vier Kämpferinnen ging es deutlich besser; daher mußten sie die Gruppenzusammenstellung neu durchdenken. Kalryssia wechselte in eine leichte, rot gefärbte Akavirirobe, damit sie in ihrem geschwächten Zustand nicht auch noch die mehr als 30 kg schwere Xivkyn-Rüstung tragen mußte. Sie würde mit Flammenstab und zwei Schwertern kämpfen. Sollten sie in eine Situation kommen, in der eine Panzereinheit erforderlich wäre, würde Templerin Jadzia den Part übernehmen. Sie hatte ihre schwere, stahlblaue Akaviri-Rüstung angelegt. Hüterin Fareniel hatte sich darauf eingestellt, den Heiler für die Gruppe zu machen und trug eine dunkelblaue Daedra-Robe, sowie Flammenstab und Heilstab. Sera Na und Velaya waren wie gewohnt unterwegs; Sera Na als mittelschwer ausgerüstete Nachtklinge mit Bogen und zwei Schwertern. Velaya als Magier mit Heilstab und Blitzstab.
Auf diese Weise neu konfiguriert verließen sie ihr Haus Domus Phrasticus in Kargstein und begaben sich zum nächstgelegenen Transporterschrein. Ihr Ziel war die Akademie von Winterfeste. Die Reise verlief ereignislos. In der Akademie wurden sie bereits vom Erzmagier erwartet. Er begrüßte sie: „Ah, da seid Ihr ja wieder. Willkommen! Es ist schön zu sehen, daß Ihr in Ordnung seid. Was habt Ihr für Neuigkeiten mitgebracht?“ Velaya informierte ihn über die bisherigen Ergebnisse und wurde bei Bedarf von ihren Mitstreiterinnen ergänzt.
Vanus Oberon schaute sich das Ankh und den Mond von Azura mit großem Interesse und einer Sehhilfe an. „Hmmm.... äußerst ungewöhnliche Stücke. Und das Ankh habt Ihr selbst erschaffen? Ausgezeichnete Arbeit... Ganz außerordentlich... Bei Gelegenheit müßt Ihr mir Aufzeichnungen über das Ankh machen, ich will alles darüber wissen bis ins kleinste Detail. Ich gestehe, daß ich neidisch bin auf Azuras Mond. Ich glaube nicht, daß Azura MIR diese Gunst gewährt hätte. Doch jetzt kommt in mein Quartier, ich habe ebenfalls an der Sache gearbeitet.“
Der Hochelf hatte selbst schon einen prüfenden Blick auf die Beifunde geworfen und sie in seinem großräumigen Quartier in seinen Regalen und auf Arbeitstischen geordnet. Velaya erklärte ihm, nach was sie suchen: „Wir brauchen für die nächsten Schachzüge die Namen der Schattenfürsten und den Aufenthaltsort der Kristallsplitter, aus denen sie entstanden sind. Ohne dies können wir sie auch mit dem Ankh nicht endgültig besiegen.“ Der Erzmagier überlegte einen Moment und führte Velaya zu einem Regal, in das er verschiedene Steintafeln einsortiert hatte. „Schau Dir doch die mal an. Vielleicht ist da ein Hinweis dabei, der Dir mit Deinem Informationsstand mehr sagt, als mir. Es würde Molag Bal ähnlich sehen, aus lauter Hinterlist Hinweise zu hinterlassen, mit dem Hintergedanken, ein Held würde sich auf die Suche machen und dabei umkommen.“
Die Arbeitsräume des Erzmagiers von Winterfeste
Kalryssia, Sera Na und Fareniel konnten mit solchen Fundstücken nicht so viel anfangen, wie die Bretonin, dazu fehlte ihnen die akademische Ausbildung. Dennoch schauten sie die Funde durch. Kalryssia hatte zwischendurch immer wieder Schwächeanfälle, was Vanus Oberon nicht verborgen blieb. Er sagte zu Kalryssia freundlich, aber bestimmt: „Du gehörst eigentlich ins Bett. Ab mit Dir! Heute geht die Welt nicht unter, sie dreht sich auch ohne Dich! Ich stelle einen unserer Adepten für Dich ab. Widerstand zwecklos!“ Er klatschte in die Hände, ein hochelfischer Jungmagier eilte heran. Der Erzmagier flüsterte ihm zu, was er zu tun hatte. Kalryssia bestand darauf, wenigstens eines der Bücher mitnehmen zu dürfen. Das könne sie auch liegend lesen. Velaya drückte ihr ein relativ kleines Buch in die Hand – eine Abhandlung über Dwemer-Schmiedekunst. Sie wollten ja, dass die Ritterin sich erholt. Der Jungmagier deutete eine höfliche Verbeugung an, nahm Kalryssia bei der Hand und führte sie zu dem ihr zugewiesenen Schlafplatz.
Jadzia hatte bei den Templern auch eine höhere Schulbildung erhalten und konnte da schon eher helfen. Wenn Vanus recht hatte und Molag Bal Hinweise hinterlassen hatte, die gefunden werden SOLLTEN, könnte es ja sein, daß die Wahrheit viel offener vor ihnen lag und Studierte den Wald vor lauter Bäumen nicht sahen, denn manchmal vernebelt zu viel Wissen den Blick auf das Offensichtliche. So verstrichen die Stunden. Es war Fareniel, die ein Fundstück fand, das aus der Masse der anderen hervorstach. Eine Dwemerflöte. Die war weder daedrisch noch nordisch und hing auch nicht mit den Draugr zusammen und doch gehörte sie zu den Beifunden aus der Draugr-Ruine. Die Waldelfin machte Velaya darauf aufmerksam: „Schau mal, eine Dwemerflöte zwischen lauter Sachen, die mit Dwemern rein gar nichts zu tun haben...“
Die Magierin nahm sie in die Hand und begutachtete das Stück. Sie war tatsächlich aus dem rotbronzefarbenen Dwemermetall gefertigt und ähnelte einer Blockflöte. Vermutlich ließ sie sich auch ähnlich spielen. Sie wirkte nicht magisch, aber der Schein konnte auch trügen. Velaya reinigte sie gründlich von dem Schmutz und entfernte auch etwas von der alten Patina. Die Bretonin hatte sich früher gelegentlich als Bardin etwas Geld verdient, somit konnte sie auch Flöte spielen. Sie wollte das Instrument ausprobieren, doch es brachte nur ein dumpfes Pusten hervor. Offensichtlich war die Flöte verstopft. Sie schraubte das Mundstück ab und schaute hinein. Es war ein zusammengerolltes Stück dünner Metallfolie darin verborgen und war daher besser erhalten, als es Pergament nach so langer Zeit wäre. Die Aufzeichnung war wohl dazu geschaffen, die Zeit lange zu überdauern.
Die Folie zeigte eine Landkarten-Skizze mit einem Bergmassiv, einigen markanten Landmarke und einem eingezeichneten Kreuz. In daedrischer Schrift stand darunter etwas, das sie erst entziffern mußte. Der Erzmagier hatte bemerkt, daß sich etwas tat, trat hinzu und schaute sich die Folie an. Er konnte die Schrift im Gegensatz zu Velaya mühelos lesen. „Schwarzweite“ murmelte er und ging auf eines seiner vielen Bücherregale zu. Sein Zeigefinger strich von einem Buchrücken zum anderen und schließlich hatte er gefunden, was er suchte. Er zog ein Bündel Akten aus dem Regal und gab es Velaya. Es war beschriftet mit „Forschungsaufzeichnungen von Alftand“. „Alftand?“ fragte die Magierin. Vanus Oberon nickte und meinte: „Eine Dwemerruine in Hinmmelsrand. Ich war damals bei der Expedition selbst dabei, noch als Magier-Experte. Das war vor etwa 35 Jahren, also noch lange vor meiner Zeit als Erzmagier. Wir mußten uns bei den Forschungen ständig gegen Dwemerkonstrukte verteidigen und machten es schließlich so, daß einige die Forschungsarbeiten und Aufzeichnungen machten während andere Magiere inzwischen die Konstrukte in Schach hielten. Dabei kamen wir schließlich zu einem Raum mit einem Dwemer-Zenturio, der uns schwer zu schaffen machte. Vermutlich wurde der inzwischen längst wieder von den Dwemerspinnen repariert und bewacht die Anlage wieder. In einem Nebenraum war ein seltsames Podest mit Dwemer-Beschriftungen. Unsere Forschungen hatten ergeben, daß dies der versiegelte Durchgang zur Schwarzweite war, wir hatten aber keinen Weg gefunden, den Durchgang zu öffnen. Jetzt schau Dir die Akten erst mal an, dann reden wir weiter.“
Velaya blätterte die Seiten durch und konnte sich so ein relativ gutes Bild von Alftand machen, ohne selbst dort gewesen sein. Zwischendurch verglich sie die Aufzeichnungen mit ihrer Dwemerflöte und der Schriftfolie daraus. Mehr und mehr überkam sie die Überzeugung, daß sie in Schwarzweite wenigstens einen Teil der gesuchten Antworten finden würde. Sie wandte sich an den Erzmagier: „Wir müssen nach Alftand und einen Weg in die versiegelten Schwarzweite finden. Hast Du inzwischen eine Idee, was man braucht, um den Zugang zu öffnen?“ Der schüttelte den Kopf: „Nachdem wir die Akten geschlossen hatten, wandten wir uns dem nächsten Projekt zu und hatten uns bisher nicht die Zeit genommen, uns wieder mit Alftand zu befassen. Ich kann Euch Eva Steinherz zur Seite stellen. Die war damals mit bei der Expedition dabei, damals noch als Adeptin, heute selbst Meistermagierin und wenn sie sich weiterhin so gut entwickelt, wird sie noch die nächste Erzmagierin der Akademie.“
Während Velaya die Akten zu Alftand durchging, holte der Erzmagier Eva Steinherz herbei. Es war wohl ein Zeichen seines Respekts, daß er sie nicht einfach von einem Novizen holen ließ, sondern sie selbst in ihrem Quartier aufsuchte und zu sich ins Erzmagier-Quartier einlud. Auf dem Weg zurück hatte er auch Gelegenheit, sie ins Bild zu setzen. Sie stellten einander vor. Eva Steinherz war eine Nord, aber viel zu jung, um vor 35 Jahren an einer Expedition teilgenommen haben zu können. Jadzia merkte das auch an: „Eva ist doch höchstens 25 Jahre alt, wie paßt das zusammen mit der Expedition vor 35 Jahren?“
Eva Steinherz
Die hochgewachsene Nord mit den langen, blonden Haaren und einer Akademie-Robe, die ihr ausgezeichnet stand, erklärte es selbst: „Jadzia, schau in meine Augen. Was siehst Du?“ Die Templerin blickte in ihre rot leuchtenden Augen. Bei einer Dunmer wäre das vielleicht noch normal, aber nicht bei einer Nord. „Du bist ein Vampir?“ schlußfolgerte sie. „Richtig, und zwar eine Voikihar-Vampirin, eine reinrassige, eine Tochter Kalthafens.“ Davon hatten sie schon gehört, als sie damals im Seelengrab gefangen waren. Durnehviir bewachte dort eine gewisse „Valerica“, die ebenfalls eine Voikihar-Vampirin war.(3) Jadzia nickte und meinte: „Nun, der Erzmagier scheint Dich lange zu kennen, viel von Dir zu halten und Dir zu vertrauen. Deswegen werde ich Dir auch vertrauen, aber laß' Dir gesagt sein, daß ich die meisten Vampire ohne zu zögern töten würde. Schlechte Erfahrungen, nichts Persönliches... Wer bei Vampiren zögerlich handelt, ist hinterher meistens tot.“ Velaya wußte jedoch sehr wohl, daß es auch vernünftige Vampire gab wie z.B. einige Vampire in Kluftspitze, die zu Verandis Rabenwacht gehören. Diese nehmen nur das Blut von Freiwilligen, die im Gegenzug den Schutz und andere Dienste von Haus Rabenwacht erhalten.
(3) Siehe meine Kurzgeschichte Nr. 2 „Drachenhaut“
Eva antwortete: „Ich verstehe... Ich kenne das schon. Ich weiß, daß die meisten Nicht-Vampire uns gegenüber mißtrauisch sind. Für dieses Mißtrauen kann ich mich bei den Vampiren bedanken, die voller Machtbesessenheit ihre Vampirfähigkeiten mißbrauchen und Sterbliche nur als Nahrungsquelle betrachten. Es gibt Vampir-Fürsten, die Menschen wie Nutzvieh in Käfigen halten. Ich versichere Dir aber, daß Vampire nicht zwangsläufig böse sind, genauso wenig wie Menschen oder Elfen. Es ist die ständige Verlockung der Macht, die korrumpiert. Dem kann man als Vampir durch Meditation und Spiritualität entgegen wirken.“
Sera Na nahm sich vor, Eva bei Gelegenheit auf Valerica anzusprechen, doch das war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Eines wollte sie aber doch gleich wissen: „Wovon ernährst Du Dich? Ich nehme nicht an, daß Du hier so ein hohes Ansehen hättest, wenn Du nachts Leute überfallen würdest?“ Die Vampirin antwortete: „Die Magiere der Gilde und auch einige Bewohner von Winterfeste spenden ab und zu Blut. Sie machen das gerne und es reicht völlig. Im Gegenzug helfe ich ihnen, wenn sie Hilfe brauchen unentgeltlich. Davon profitieren vor allem die Armen, die sich sonst manche Akademie-Dienste nicht leisten könnten.“
Velaya trat hinzu und wechselte das Thema: „Wir haben eine Aufgabe zu erfüllen, vergeßt das nicht.“ Es folgte ein umfassender Informationsaustausch, damit Eva erfuhr, worum es ging. Eva meinte: „Molag Bal also wieder... mit ihm habe ich auch noch eine Rechnung offen!“ Velaya fragte nach: „Wieso das denn?“ Eva erklärte: „Meine Familie war Teil eines Molag Bal-Kultes. Das hatte ich mir nicht ausgesucht, ich wurde von meinen Eltern sozusagen dort hinein geboren und entsprechen erzogen. Für meine Eltern war es das höchste Ziel, daß ihre Tochter Eva zur Vampiranwärterin würde. Als er mich damals von der Vampiranwärterin zum Voikihar-Vampir machte, war das eine höchst unerfreuliche Prozedur. Es gab da einige „Details“, die Molag Bal uns vor der Zeremonie verschwiegen hatte... Er hätte wohl kaum Freiwillige gefunden, wenn er sie über alles vorab informiert hätte, aber das sind sehr persönliche Dinge, über die ich nicht gerne sprechen möchte. Aber Hauptsache, meine Eltern waren stolz...“ während sie dies sagte, schaute sie mit einem verbitterten Gesichtsausdruck zur Seite.
Eva mußte einen Moment pausieren, die Emotionen kochten hoch. Vermutlich unangenehme Erinnerungen. Dann erklärte sie weiter: „Ich hätte eigentlich eine Dienerin Molag Bals werden sollen, doch aus irgend einem Grund, den ich bis heute nicht verstehe, behielt ich im Gegensatz zu vielen anderen Vampiranwärtern meinen freien Willen und entschied mich für ein eigenes Leben mit eigenen Zielen. Das kommt wohl gelegentlich vor. Jedenfalls könnt Ihr Euch sicher sein, daß ich es gerne sehe, wenn ihm jemand eine blutige Nase verpaßt!“
Fareniel drängelte ein wenig: „Wir haben unterwegs noch Zeit, uns näher kennen zu lernen. Bestimmt müssen wir zwischendurch mal pausieren oder zelten. Zurück zum Thema, Leute...“ Eva nickte: „Du hast recht. Also... es gibt da etwas, das hilfreich sein könnten. Ich erinnere mich an die Aufzeichnungen, die wir in Alftand zusammen getragen haben. Es gab wohl zwei Wege in die Schwarzweite hinein. Der eine führte durch Alftand hindurch, bis zum unteren Ende. Dort befand sich der Zugang, den wir damals nicht öffnen konnten.“
Velaya kramte in den Akten herum und meinte: „Stimmt, hier ist die Aufzeichnung, in der es um den Durchgang geht. Die Expedition hatte alles versucht, was ihnen einfiel, sie konnten ihn nicht öffnen. Sie notierten, daß ihnen dafür wohl ein bestimmter Gegenstand fehlte...“ Eva ergänzte: „Wir standen vor einem Podest. Die Komponenten schienen beweglich zu sein und hätten wohl eine Treppe gebildet, die weiter nach unten geführt hätte. Wir könnten versuchen, ob Ihr den Durchgang öffnen könnt, aber ich vermute, das wird nicht gehen ohne den dafür nötigen Schlüssel. Ich schlage daher etwas anderes vor. In den Texten war die Rede von einem Aufzug, der direkt von der Oberfläche in die Schwarzweite führt. Mit diesem Aufzug könnte man sich den mühsamen und gefährlichen Weg durch ganz Alftand ersparen. Wir konnten aber nicht feststellen, wo dieser sich befindet. Er ist jedenfalls nicht Bestandteil der uns bekannten Anlage von Alftand an der Ausgrabungsstätte. Es muß ein einzelner, einsamer Dwemerturm sein, der irgendwo im Gebirge aus der Landschaft ragt. Vermutlich in einem unzugänglichen Gebiet, das deswegen auch noch nicht kartographiert ist.“
Sera Na meinte dazu: „Da könnte man was machen. Wir haben einen Drachen-Freund, den unsere Kameradin Kalryssia rufen könnte. Eine von uns könnte mit ihm das Gebiet von der Luft aus erkunden, auch unzugängliche Gebiete.“ Die Vampirin staunte nicht schlecht: „Wo habt Ihr denn einen freundlich gesinnten Drachen her? In Himmelsrand gibt es zahlreiche Drachenlegenden und Drachengräber, aber...“ Velaya winkte ab und antwortete: „Das ist eine lange Geschichte, die Du Dir am besten einmal von Kalryssia abends am Lagerfeuer erzählen läßt.“ Eva meinte: „Nun gut, da bin ich gespannt. Aber Dein Vorschlag ist vernünftig, das machen wir.“ Fareniel meldete sich: „Ich würde gerne die Erkundung machen. Als Hüterin habe ich eine gute Frostresistenz. Davon abgesehen möchte ich die Welt einfach gerne einmal von oben sehen.“
Sie machten es wie abgesprochen. Eva zeigte der Hüterin eine Landkarte und machte sie mit der Umgebung von Winterfeste und Alftand vertraut. Sie gab der Waldelfe einen mittelgroßen, mit Runen beschrifteten Mondstein mit und erklärte ihr: „Wenn Ihr am Ziel seid, wirf diesen Portalstein auf den Boden und wirke einen Deiner Zauber darauf, um ihn mit Magicka aufzuladen. Das ist so eine Art magisches Samenkorn. Es entsteht dann eine Portalmarkierung, zu der wir Euch nachfolgen werden, sobald ich von dem Stein das Signal empfange.“ Unsere Heldinnen begaben sich anschließend in den Hof der Akademie. Kalryssia schrie den Drachenschrei „DUR NEH VIIR“ auf den Boden und Durnehviir erschien wie gewünscht. Danach mußte die Drachenritterin wieder gestützt werden und wurde zurück in ihr Quartier begleitet.
Die Magiere der Akademie staunten. Doch bevor einer von ihnen damit kommen konnte, ihn studieren zu wollen, hob Velaya, die ihre Pappenheimer kannte, hob sofort die Hand und drängte sie mit einem strengen Blick zur Ordnung. Fareniel erklärte Durnehviir, was sie zu tun hatten. Durnehviir lachte „Das ist eine angemessene Aufgabe für einen Dovah und eine Waldelfe aus Kalthafen.“ Fareniel saß auf und sie hoben ab. In einer Schleife zog der Drache einmal um die Akademie. Unterwegs erklärte sie ihm, was seiner Freundin Kalryssia wiederfahren war.
Fareniel fliegt mit Durnehviir an der Akademie von Winterfeste vorbei in Richtung Azura-Statue
Für Fareniel war es ein atemberaubender Anblick. Sie wies Durnehviir an, zu Azuras Statue zu fliegen und von dort aus nach Westen, wo sich der bekannte Teil von Alftand befand. Als sie in der Nähe der Statue waren, grüßte sie Azura mit einer Stimme, die aus dem Nichts zu kommen schien: „Es ist schön zu sehen, daß ihr voran kommt. Viel Glück! Berichtet mir bald!“ Fareniel stockte beim Vorbeiflug der Atem, es war einfach fantastisch, Schade, daß sie eine Aufgabe hatten, und nicht nur zum Vergnügen flogen.
Fareniel und Durnehviir bei der Azura-Statue nahe Winterfeste
Sie folgten dem Gebirgszug nach Westen. Schließlich erreichten sie Alftand, an der Durnehviir im Tiefflug vorbei flog. Die verwitterten Überreste des alten Archäologen-Camps waren noch zu sehen. Wie diese Dwemerstadt wohl aussah, wenn das Eis abtauen würde? Würde so viel zum Vorschein kommen, wie bei Markarth? Könnte man Alftand dann bewohnen?
Durnehviir fliegt mit Fareniel in Richtung der Dwemer-Ruine Alftand
Bestimmt würde die Akademie zu einem späteren Zeitpunkt mit ihren Forschungen weiter machen. Fareniel mußte laut reden, damit der Drache sie bei dem eisigen Wind verstand. Sie wies ihn an, er solle von Alftand aus in immer größeren Kreisen über das Land fliegen, bis sie etwas fanden, was dem Gesuchten entsprach. Hinter Alftand gab es eine Schlucht zwischen den Bergen. Durnehviir steuerte sie an und flog hindurch, um sich das Gebiet dahinter einmal anzuschauen. Und dort fanden sie dann auch einen Dwemerturm, auf den die Beschreibung zutraf.
Durnehviir nahe einem auf der Karte nicht verzeichnetem Dwemerturm nahe Alftand
Fareniel meinte: „Sehr gut, Durnehviir. Setz' mich bitte vor dem Turm ab und kreise noch eine Weile, bis meine Freunde hier sind. Falls etwas nicht klappt, komme ich sonst nicht mehr weg.“ Durnehviir ging in dem steilen Gelände den Sinkflug und in Bodennähe sprang die Waldelfin ab. Sie hatte Glück und landete an einer Stelle mit frischem, weichen Pulverschnee.
Prüfend schaute sie sich das Bauwerk an und kam zu dem Schluß, daß es wirklich der gesuchte Aufzug sein mußte. Zumindest war es ein Aufzug und er war in ihrer Karte nicht verzeichnet. Sie warf den Portalstein vor dem Gittertor des Aufzugs in den Schnee und wirkte einen Eiszauber darauf. Die Magie formte aus dem weißen Mondstein eine Plattform aus dunklem Stein, groß genug, daß eine Person darauf stehen konnte. Es zeigte das Symbol der Akademie von Winterfeste.
Die Hüterin mußte auch nicht lange warten. Schon kurz darauf öffnete sich ein Portal und ihre Freundinnen traten zusammen mit Eva Steinherz daraus hervor. Auch Kalryssia war mit gekommen. Sie hatten es nicht geschafft, sie davon zu überzeugen, in Winterfeste zu bleiben. Das Portal funktionierte, der Rückweg zur Akademie war damit gesichert. Fareniel gab Durnehviir das Zeichen, daß er weiter fliegen könne. Der drehte für seine Freundin Kalryssia noch eine Ehrenrunde und verschwand in Richtung des Flusses, der an Windhelm vorbei floss, um sich bis zur Rückkehr ins Seelengrab unter Tamriels Himmel zu vergnügen.
Es war ein ähnliches Tor, wie bei der Aetheriumschmiede. Ein Gitter versperrte den Weg zur Aufzugsplattform, der einen Hebel in der Mitte hatte. Innen angebracht war noch ein weiterer Hebel, der für sie aber unerreichbar war. Der würde wohl das Gitter von Innen her öffnen. Es war sicher vorgesehen, daß man von innen leicht herauskam, aber umgekehrt blieb einem der Zugang versperrt. Ein Fluchtweg vermutlich zur schnellen Evakuierung gedacht. Sera Na meinte: „Laßt mich das Schloß mal anschauen, vielleicht kann ich es knacken.“ und machte sich ans Werk. Mit ihrem Dietrich tastete die Meisterdieben den Schließmechanismus ab und machte sich so ein Bild von dessen Funktion. Sie brauchte zwar einige Minuten, aber schaffte tatsächlich. Zwei ihrer Dietriche mußte sie etwas verbiegen und noch ein Messer zur Hilfe nehmen. Dann sprang das Schloß auf.
Unsere Freunde bei der Portalplattform vor dem Dwemer-Turm
Der Rest schien einfach zu sein. Sie stellten sich auf die Aufzugs-Plattform und betätigten den Hebel. Aber es tat sich nichts. Velaya überlegte einen Moment und sagte: „Ich versuche es mal mit dem Steuerstab des Auditors von Rkindaleft.“ Sie probierte es an einigen Stellen aus, von denen sie annahm, daß sie irgend etwas mit einer Schaltung zu tun haben könnte. Durch systematisches Probieren wurde sie schließlich fündig. Der Steuerstab leuchtete hell auf und ein Lichtbogen sprang über. Jadzia legte den Hebel noch einmal um und der Aufzug fuhr weit in die Tiefe herab, was eine ganze Weile dauerte. Sie mußten wirklich tief unter der Erde sein.
Dort angekommen versperrte ihnen ein Gitter den Weg hinaus, aber sie konnten bereits die bizarre unterirdische Landschaft sehen. Riesige, leuchtende Pilze wuchsen dort und ein unterirdischer Fluß durchzog eine Höhle, deren Ausmaße noch gar nicht abzuschätzen waren. Aber sie mußte gigantisch sein. Velaya versuchte es erneut mit dem Steuerstab. Sie hatte die richtige Eingebung und zeigte damit auf eine Konsole, die vor dem Gitter aufgebaut war. Das Gitter fuhr herab und gab den Weg in die Schwarzweite frei.