Ich möchte gerne meine dritte ESO-Geschichte darbieten, sofern sie bis jetzt fortgeschritten ist. Ich kann sie allerdings kaum noch "Kurzgeschichte" nennen, da sie bis jetzt bereits auf 189 DIN A4-Seiten angewachsen ist. Die Kenntnis der ersten beiden Geschichten könnte den Einstieg in die dritte Geschichte erleichtern, da die Geschichten aufeinander aufbauen.
Für diese Geschichte gibt es, wie für meine beiden anderen Geschichten (siehe meine Signatur) ein eigenes Diskussionsthema. Bitte hier NICHT diskutieren, damit der Lesefluß nicht gestört wird.
Seit dem Abenteuer „Drachenhaut“ sind nun einige Monate vergangen. Unsere fünf Heldinnen Velaya, Kalryssia, Sera Na, Jadzia und Fareniel waren inzwischen weit herumgekommen und hatten wie geplant auch die Akademie Shad Astula in Deshaan besucht. Dort hatte jede von ihnen Talente studiert, die ihrer Ausbildung angemessen waren.
Zur Erinnerung: Velaya war Bretonin und Magier, Kalryssia Kaiserliche und Drachenritter, Sera Na Dunmer und Nachtklinge, Jadzia Rothwardonin und Templerin, Fareniel Waldelfe und Hüterin. Mit den in Shad Astula erworbenen Fertigkeiten verstärkt erkundeten sie das Gebiet des Ebenherz-Paktes und halfen vor allem der durch den Allianzkrieg gebeutelten, einfachen Bevölkerung.
Inzwischen hatten sie in allen drei Allianzgebieten einen guten Namen. Je nach Situation traten sie als Mitglieder der Magiergilde oder Kriegergilde auf, die in diesem sinnlosen Krieg, der nur Molag Bal bei der Durchsetzung seiner Machtinteressen in Tamriel diente, neutral blieben, doch die Allianzanführer waren aus irgend einem Grunde einfach nicht in der Lage, das niederträchtige Spiel Molag Bals zu durchschauen. Velaya vermutete dahinter magische Geistmanipulation durch Molag Bal, vielleicht auch durch Boethia, Mehrunes Dagon oder eines anderen unfreundlichen Daedra. Und das war auch das Ziel ihrer Wanderschaft. Sie wollten die Wahrheit dahinter entdecken und einen Weg finden, diesen Irrsinn ein für allemal zu beenden.
Um dieses Ziel zu erreichen nutzten sie notfalls auch ihre Kontakte zur Diebesgilde oder Dunklen Bruderschaft. Sie waren sich darüber einig, daß sie in der Wahl der Mittel nicht zu große Skrupel haben durften; ihr wahrer Feind Molag Bal hatte schließlich auch keine. Die Erreichung des Ziels, den Krieg zu beenden und Molag Bals Einfluss einzudämmen hatte oberste Priorität, selbst wenn sie damit ab und zu auch auf zwielichtige Organisationen zurückgreifen mußte.
Schließlich hatten sie auch Windhelm erreicht, waren dort aber nur auf der Durchreise. Sie waren östlich an Windhelm vorbei nach Norden gewandert mit dem Ziel Winterfeste. Die Akademie von Winterfeste war berühmt für seine umfassende Bibliothek und war auch nicht direkt mit der Magiegilde verbunden. Sie hatten eine eigene Leitung und eigene Regeln. Die Akademie thronte oberhalb von Winterfeste auf einem zerbrechlich wirkendem Felsen, nur über einer schmalen, durch magische Lichtsäulen stabilisierten, bereits mehrfach ausgebesserten Brücke erreichbar. Im Tal unterhalb der Brücke lagen noch die Trümmer von vergangenen Mauer-Abgängen. Es erforderte schon gute Nerven, über diese Brücke zu gehen.
Sera Na, Jadzia, Kalryssia und Fareniel hatten in Winterfeste die lokale Kriegergilde aufgesucht und tauschten mit ihnen einheimische Kampftechniken aus. Velaya war inzwischen mehr am arkanen Wissen der Akademie interessiert und wollte seltene Bücher studieren. Der Erzmagier Vanus Oberon, ein Hochelf, hatte Velaya eingeladen, im Archiv der Akademie zu stöbern und ihnen sozusagen als Entlohnung für diesen Dienst dabei zu helfen, archaeologische Artefakte zu bestimmen. Mitglieder der Akademie hatten vor kurzem eine Draugr-Ruine untersucht und dabei zahlreiche Gegenstände geborgen. Diese Ruine diente als Ruhestätte für einen Drachenpriester und zahlreiche Draugr, die die Magiere erst einmal beseitigen mußten, um ihre Arbeit zu machen.
Die Bretonin war gut in Fahrt. Sie hatte schon zu vielen Artefakten ihre Meinung notiert und die Gegenstände zusammen mit ihrer Beschreibung sauber in Kisten und Papiertüten verpackt. Es waren hochinteressante Stücke dabei, die Aufgabe machte ihr Spaß. Drei weitere Gelehrte der Akademie waren zeitgleich dabei, die von Velaya bearbeiteten Teile nachzubearbeiten. Sie hatten zum Teil natürlich abweichende Meinungen, was immer wieder zu konstruktiven Diskussionen führte, doch sie kamen gut miteinander aus.
Vanus Oberon trat an Velaya heran und hatte einige besondere Stücke aus dem Archiv mitgebracht, die sich Velaya anschauen sollte. Er sagte: „Da habe ich einige Gegenstände, zu denen mich die Meinung von jemanden, die so viel herumgekommen ist, wie Du, sehr interessieren würde. Darunter ist auch eine metallene Kassette, die von uns bisher niemand öffnen konnte. Sie ist mit einem komplexen Mechanismus verschlossen. Wir könnten die Schatulle natürlich mit Gewalt zu öffnen versuchen, doch das könnte den Inhalt beschädigen. Vielleicht findest Du ja heraus, wie man sie öffnet.“
Velaya staunte nicht schlecht. Die Schatulle war mit daedrischen Schriftzeichen verziert. Diese zu entziffern war nicht allzu schwierig. Sie warnten davor, die Schatulle zu öffnen. Ein Fluch würde sich sonst über den Öffnenden entladen und finst're Schatten würden über ihn kommen. Und da die Schatulle in einer Draugr-Ruine verborgen war, wunderte es auch nicht, daß dieselbe Warnung noch einmal in altnordischen Runen eingraviert war. Nun, solche Warnungen hatte die Magierin schon öfter auf Artefakten gesehen und meistens passierte rein gar nichts. Sie dienten in den allermeisten Fällen nur dazu, Grabräuber fern zu halten. Daher beunruhigte sie die Inschrift auch nicht besonders. Sie würde sich beim Öffnen mit einem Schutzzauber zu schützen wissen... vorsichtshalber.
Drei kleine Öffnungen waren zu sehen. Velaya leuchtete zunächst ergebnislos mit einem Teelicht hinein, tastete dann mit einer dünnen, am spitzen Ende etwa 3 mm um 45° abgewinkelte Nadel die Konturen ab und fand tief hinten in den Öffnungen geometrische Profile. Vermutlich ein Öffnungsmechanismus. Über den Öffnungen konnte sie drei Symbole erkennen. Sie kannte zwei von ihnen aus ihren Studien in der Schnittermark. Es waren die Monde Jone und Jode, auch bekannt als Masser und Secunda. Daraus schloss sie, daß das dritte Symbole für ihre Welt Nirn standen, um die diese Monde kreisten. Wieso gab es in einer Draugr-Höhle in Himmelsrand einen Fund mit Symbolen, die man eigentlich in der Schnittermark oder in Elsweyr vermuten würde, vielleicht noch im südlichen Cyrodiil? Vielleicht lag des Rätsels Lösung ja in der Schatulle.
Mit der Erlaubnis des Erzmagiers wurde sie in den Lagerbereich geführt, in dem die Beifunde dieser Schatulle gelagert waren. Es waren vier mittelgroße Holzkisten, die sie mit ins Arbeitszimmer nahm, wo ihre vier Kollegen ebenfalls arbeiteten. Dort hatte sie alles, was sie an Werkzeugen zur Untersuchung brauchte.
Sie schaute sich alle Beifunde genau an und fand tatsächlich auch drei Gegenstände, die mit den gesuchten Symbolen beschriftet waren. Es waren stiftförmige Objekte, deren Spitzen durch hölzerne Schutzkappen geschützt waren. Sie öffnete diese Schutzkappen. Jeder dieser Stifte hatte ein geometrisches Profil. Eines dreieckig, eines viereckig und eines fünfeckig, wobei die Kanten unterschiedlich lang, also nicht symmetrisch waren. Velaya nahm jede Wette an, daß dies die Schlüssel für die Schatulle waren. Und tatsächlich; sie paßten perfekt. Velaya hütete sich aber davor, die Schlüssel jetzt schon zu drehen und vielleicht dabei eine Falle auszulösen. Vorher wollte sie sich die Truhe nochmal genau anschauen.
Auf der Unterseite der Truhe befand sich eine flache, runde, ringförmige Vertiefung, die sie bei der ersten Untersuchung als Verzierung abtat. Sie reinigte die mit etwas Lehm verkrustete Unterseite der Truhe gründlich mit einer Kupferbürste. An drei Enden des Ringes war eine runde Ausbuchtung, die ebenfalls die Symbole der beiden Monde zeigten und ein etwas größeres, das nach Velayas Meinung für Nirn stand. Die Magierin erinnerte sich daran, in den Beifunden einen so flachen Ring gefunden zu haben. Erneut sah sie die Beifunde durch und fand das Gesuchte. Dort, wo die Scheiben sitzen sollten, waren aber nur einige Bohrungen. Offenbar konnte man dort etwas einsetzen. Es waren eine, zwei und drei Bohrungen auf dem Ring symmetrisch zueinander angeordnet.
Velaya hatte so eine Ahnung, wonach sie suchen müßte. Sie durchsuchte die Beifund-Kisten erneut und fand schließlich kleine Scheiben, die auf ihrer Rückseite Zapfen hatte und auf der Vorderseite die erwarteten Symbole. Tatsächlich konnte sie die Teile nun zusammen setzen und der gesamte Ring paßte in die Vertiefung.
Als die Truhe verborgen wurde, wurden die Teile, die man zum Öffnen brauchte, offensichtlich zerlegt und in der ganzen Draugr-Ruine versteckt. Es war der Gründlichkeit der Archäologen der Akademie zu verdanken, daß sie alle Teile zusammen gefunden hatten.
Die Magierin versuchte nun die Schlüssel zu drehen, doch das funktionierte nicht. Sie ließen sich nicht drehen. Statt dessen drückte sie sie nun hinein und das funktionierte. Jeder Schlüssel ließ sich etwa einen Zentimeter hinein drücken. Doch die Kassette öffnete sich noch nicht. Velaya mußte an die Warnung vor dem Fluch denken und schützte sich nun mit einem Schutzzauber. Dann versuchte sie die Scheibe auf der Unterseite zu drehen. Sie überlegte kurz, ob man den Ring auch falsch herum drehen könnte und damit eine Falle auslösen würde. Nun, es wäre möglich. Also was war nun die richtige Richtung? Sie nahm sich einige Minuten Zeit, darüber nachzudenken.
Sie erneuerte ihren Schutzzauber. Die Schatulle stand vor ihr auf dem Tisch. Sie folgte einer Vermutung und drehte die Scheibe in der Richtung, in der sich die Monde um Nirn bewegten, wobei sie die Schatulle als Nirn ansah. Es klappte; der Kassettendeckel öffnete sich! Sie blickte hinein. Ein rot schimmernder, aufwändig geschliffener Kristall lag in seinem Inneren, der einer Himmelsscherbe ähnelte, nur daß er eben nicht blau war und kleiner, als diese. Mehrere sechskantige Kristallsäulen zierten ihn, an dessen oberem Ende die Symbole der Monde und Nirns eingraviert waren. Der Kristall pulsierte in einem magischen, blutroten Licht. Es ging eine seltsame Faszination von ihm aus. Velaya konnte nicht anders und mußte ihn sich genauer anschauen. Sie nahm ihn aus seiner Halterung, die perfekt seine Konturen folgte, den Kristall so in der Position hielten und verhinderten, daß der Kristall beim Transport zerstört werden konnte.
Die drei Magierkollegen, hatten mitbekommen, daß Velaya erfolgreich war und gesellten sich staunend um Velayas Arbeitstisch. So etwas bekamen auch Magiere nicht oft zu sehen. „Vorsichtig!“ mahnte die Bretonin. Pulsierend lag er auf Velayas Handteller und strahlte sein blutrotes Licht ab. Einer ihrer Kollegen wollte sich das Artefakt genauer ansehen, näherte sich ihm mit seiner Hand, als wollte er ihn streicheln und hielt kurz vor dem Kristall inne. Sein Gesicht reflektierte den roten Schein, der von ihm ausging; er spiegelte sich in seinen Augen Der Stein strahlte eine große Faszination aus, der sich die Magiere nicht entziehen konnten.
Dann ging alles sehr schnell. Der Kristall tauchte den Raum in ein blutrotes Licht, eine Blase formte sich um den Kristall, Velaya und die drei Magiere. Der Kristall schwebte vor Velaya und bewegte sich auf sie zu. Er kam vor Velayas Gesicht für einen Moment zur Ruhe und versuchte schließlich, näher an Velaya heran zu schweben, doch das konnte er nicht. Es mußte am Schutzzauber der Bretonin liegen, der ihn fern hielt. Velaya trat einen Schritt zurück aus der roten Lichtblase heraus. Die drei anderen Magiere hingegen konnten sich offenbar nicht bewegen und waren erstarrt.
Einer der Magiere schnappte sich plötzlich den Kristall. Die beiden anderen Magiere klammerten sich an Velaya und hielten sie fest. Der Kristall hatte irgendwie den Willen der Magiere manipuliert. Nur Velaya war durch ihren Schutzzauber geschützt. Der Magier mit dem Kristall versuchte, den Kristall in Velayas Kopf hinein zu rammen, doch ihr Schutzzauber hinderte ihn daran.
Der Magier brach nun die drei Kristallsäulen heraus und erzeugte so drei Kristallfragmente. Er warf sie vor sich in die Luft und die Fragmente begannen in der Luft zu schweben. Das blutrote Licht strahlte noch intensiver, als zuvor. Aus jedem der Fragmente schoß ein blutroter Lichtstrahl auf je einen der Magiere. Die Teile schwebten langsam aber stetig dem Licht entlang auf sie zu, erreichte ihre Stirn, während Velaya immer noch fest gehalten wurde und nicht eingreifen konnte. Ob jemand ihre Hilferufe hören konnte, war in dem Moment unklar. Dann drangen sie blitzartig in die Köpfe der Magiere ein, deren Körper von diesem blutroten Licht erfaßt wurden, schmerzvoll aufheulten. Velaya konnte sich endlich losreißen.
Die Magierin wurde zurück geschleudert ans nächste Bücherregal und mußte mit ansehen, wie ihren Kollegen in einem blutroten Schimmer das Leben ausgesaugt wurde. Sie verwelkten förmlich vor ihren Augen. Aus ihren schwarzen, verkohlt wirkenden Leichen stiegen drei finstere Schatten. Schallendes, boshaftes Gelächter durchdrang die Wände der Halle und wurde von ihnen als Echo zurück geworfen. Einer der Schatten griff nach Velayas Hals, die nachdem der Schutzzauber zu wirken aufgehört hatte, willenlos und wie gebannt auf dem Boden kauerte. Zweifellos wollte er sie erwürgen; Velaya wurde allmählich schwarz vor Augen. In diesem Moment öffnete sich die Tür und der Erzmagier trat hinein: „WAS IST HIER LOS?“ rief er. Die drei Schatten nutzten den Moment der Konfusion und verschwanden durch die offene Tür ins Freie. Der Erzmagier hüllte sich in zwei Schutzzauber und hechtete hinterher, Velaya, die sich inzwischen aufgerappelt hatte, folgte ihm. Doch die Schatten waren nicht mehr auffindbar. Und damit nahm das Unheil seinen Lauf...
Nach diesem Unfall wollte der Erzmagier natürlich alles ganz genau wissen. Velaya schämte sich für den Vorfall und wollte ihn unbedingt aufklären. Weitere Magiere der Akademie waren zusammen gekommen um den Vorfall zu untersuchen. Von den Kristallen fehlte nun jede Spur; sie sind wohl mit den Schatten verschmolzen und verschwunden.
Vanus Oberon schaute sich die Schatulle genauer an. Die Verschalung, die den Kristall in seiner Position hielt, nahm er heraus. Es kam ein dünnes Buch zum Vorschein mit daedrischen und nordischen Schriftzeichen. Das Buch war zweisprachig verfaßt. Für den schon lange unter Nord lebenden Erzmagier war es leichter, die nordische Runenschrift zu lesen. Eine Gegenprobe ergab, daß der Text mit der daedrischen Schrift überein stimmte. So mußten sie nur eine Schrift entziffern. Außerdem lag noch eine Pergamentseite darin mit einer Spottschrift: „Ich wußte, daß irgendwann jemand so neugierig sein würde und entgegen aller Warnungen nicht widerstehen könnte, die Schatulle zu öffnen. Bestimmt waren es Magiere. Sie sind ja so berechenbar und können der Neugier einfach nicht widerstehen. Und je kniffliger das Rätsel ist, desto ungeduldiger und unvorsichtiger werden sie. Jetzt wünsche ich Euch viel Spaß mit meinem... 'Geschenk'“ Der Brief war unterzeichnet mit „Molag Bal“.
Der Hochelf beschloß, sich höchstpersönlich um dieses Buch zu kümmern. Er würde sie studieren und das Wichtigste zusammenfassen, dann Querverweise machen und in der Bibliothek der Akademie nach Lösungsansätzen suchen lassen. Einige Dinge konnte er aber jetzt schon sagen: Velaya wurde dank ihres Schutzzaubers nicht von dem Kristall als Ziel ausgewählt. Er war der Grund dafür, daß sich das Böse in dem Kristall nicht in ihr manifestieren konnte und sich andere Ziele suchen mußte; eben die drei bedauernswerten Kollegen.
Der Erzmagier tröstete die zerknirschte Magierin: „Mach Dir keine Vorwürfe. Mich trifft die eigentliche Schuld. Schließlich habe ich Dich erst mit der Aufgabe befaßt, diese verfluchte Truhe zu öffnen.“ Velaya schüttelte den Kopf: „So einfach ist es nicht. Ich bin schließlich keine Novizin. Ich hätte mehr Vorsichtsmaßnahmen treffen müssen. Ich bin dem Herrn der Intrigen und Lügen voll auf den Leim gegangen!“
Velaya hatte den Kopf betrübt gesenkt und spekulierte: „Möglicherweise sollte sich der Kristall eigentlich in EINEM Opfer manifestieren, also in dem Magier, der die Schatulle öffnen würde, und in ihm seine gesamte Macht entfalten. Der Kristall versuchte immerhin zuerst komplett mit mir zu verschmelzen. Vielleicht wurde dessen Macht aufgrund der Umstände auf drei Wesen aufgeteilt, die nun durch die Dreiteilung Schwachstellen haben, die wir ausnutzen können. Man müßte sie natürlich in Erfahrung bringen...“
Sie hatten den Boden der Truhe von der jahrhunderte alten Patina gereinigt. Es war in daedrischer und nordischer Schrift eingraviert: „Ich hatte Euch gewarnt, aber Ihr konntet es natürlich nicht lassen!“ Mehr würden sie sicher aus dem Buch erfahren. Es hatte den Titel: „Schattenherrschaft“. Velaya öffnete das Buch, aber abgesehen von der ersten Seite war es scheinbar leer. Auf der ersten Seite mußten sie sich nochmal von Molag Bal verspotten lassen. Der daedrische Fürst der Intrigen hatte sicher mächtig viel Spaß, als er diese verfluchte Truhe erschuf. Vanus meinte: „Es macht keinen Sinn, ein leeres Buch zu hinterlassen. Ein Zettel hätte für diese, Spottschrift auch gereicht. Vermutlich ist das Buch in Geheimtinte geschrieben oder magisch verschlüsselt. Es sähe Molag Bal ähnlich, wenn er aus lauter Eitelkeit Hinweise hinterlassen hat, die wir uns zunutze machen können.“
Velaya zuckte hilflos mit den Schultern: „Bisher wissen wir noch gar nicht, wie sich das alles auswirkt. Wir müssen herausfinden, wohin diese Schattengestalten gegangen sind, was sie vorhaben und was für Unheil sie anrichten wollen. Molag Bal hat sie sicher nicht für eine Vergnügungsreise geschaffen. Ich muß mich mit meinen Freunden beraten, vielleicht haben die ja Ideen.“ Der Erzmagier stimmte ihr zu und meinte: „Ich werde inzwischen versuchen, das Buch lesbar zu machen. Kommt in ein paar Tagen wieder zu mir.“(/i] Und so brach Velaya auf.
Der Magierin Velaya war die ganze Angelegenheit sehr peinlich. Sie hätte vorsichtiger sein müssen. Dann auch noch von Molag Bal verspottet zu werden, der ganz genau wußte, wie er einen Magier neugierig machen konnte, war besonders demütigend. Sie mußte das ihren Freundinnen erklären, die gerade in der Kriegergilde von Winterfeste Kampftechniken mit den Einheimischen austauschten. Also stieg sie seufzend den langen, schmalen Weg von der Akademie in den Ort hinab.
In der Kriegergilde angekommen machten Kalryssia, Sera Na, Jadzia und Fareniel gerade eine Brotzeit mit den Kriegern. Die Stimmung war hervorragend. So paßte Velaya überhaupt nicht in die Szene und wirkte wie ein Fremdkörper. Jadzia bemerkte als erstes, daß Velaya etwas bedrückte. Sie stand auf und ging der Magierin entgegen, während die anderen weiter tafelten. „Was ist denn mit dir los, Velaya? So habe ich Dich ja schon lange nicht mehr gesehen.“ Velaya seufzte nur: „Ach, es ist... Ich muß es den anderen auch gleich mitteilen, sonst muß ich das zweimal erklären. Und einmal reicht, das kannst Du mir glauben.“ Die rothwardonische Templerin Jadzia dachte pragmatisch: „Iß‘ erst mal was. So blaß, wie Du aussiehst, hast Du bestimmt noch nichts gegessen.“ Velaya winkte ab: „Ich kann jetzt echt nicht ans Essen denken.“ Jadzia ließ sich aber nicht abwimmeln: „Du ißt jetzt was, keine Widerrede!“ Sie nahm einen Korb mit hartgekochten Eiern, etwas Salz und drückte es der Bretonin etwas ruppig und keine Widerrede duldend in die Hand.
Das hatten die anderen Anwesenden natürlich auch mitbekommen. Schnell wich die Feierlaune dem Ernst, alle Blicke richteten sich auf Velaya und es wurde still. Jadzia schälte Velaya ein Ei, tauchte die Spitze ins Meersalz, steckte es in einen Eierbecher und stellte es auf den Tisch. Kalryssia stand auf und überließ der Magierin ihren Platz, neugierig auf was auch immer sie gleich berichten würde. Einer der Krieger wollte etwas sagen. Jadzia hob die Hand und meinte: „Laß‘ sie wenigstens noch was essen.“
Lustlos löffelte sie das Ei aus dem Becher heraus und begann den Anwesenden zu erklären, was sich in der Akademie ereignet hatte. Ungläubige Blicke schauten sie an. Wäre sie nicht die, die sie war, würden sie ihr kein Wort glauben, aber sie kannten Velaya. Mit sowas spaßte sie nicht! Velaya merkte nun, daß sie tatsächlich Hunger hatte und aß noch zwei weitere Eier. Die Krieger hatten nur Met bereit gestellt und für die, die heute noch Dienst hatten, etwas stark verdünnten Grog und leichten Shein. Sera Na kannte ihre Freundin. Die würde keinen Tropfen Alkohol anrühren, dazu hatte die Bretonin viel zu viel Angst, daß sie im Rausch die Kontrolle über ihre Magie verlieren und damit Schäden anrichten könnte. Also besorgte sie ihr in der Küche etwas abgekochtes Wasser und setzte einen Akelei-Wasserlilien-Wermut-Tee auf; gesüßt mit Honig und damit im Prinzip schon ein leichter Heiltrank. Der Wermut beruhigt bekanntlich den Magen und das konnte Velaya gerade gut brauchen. Der Tee war etwas zu heiß geraten. Die Waldelfen-Hüterin Fareniel kühlte ihn schnell mit einem Eiszauber etwas ab und schaute sie besorgt an. Velaya war so viel Fürsorglichkeit schon fast unangenehm; sie bedankte sich.
Kalryssia drängte: „Das hört sich nach großem Unheil an. Wir sollten aufbrechen und versuchen, herauszufinden, ob sich da draußen irgend etwas verändert hat.“ Der Leiter der Kriegergilde meinte: „Wir organisieren ein Rundschreiben an alle Gildenniederlassungen, auch an die Magiergilden. Sie sollen uns ungewöhnliche Ereignisse melden, die irgendwie mit Schattenphänomenen zusammen hängen.“ „Gute Idee“ meinte Fareniel. „Wo fangen wir mit unseren Ermittlungen an?“
Velaya antwortete: „Diese Schatten waren lange Zeit in dieser Truhe gefangen und müssen vermutlich erst einmal den Ist-Zustand der Welt ermitteln, bevor sie ihre mutmaßlichen Befehle umsetzen können, also falls sie überhaupt welche haben. Wenn ich so ein Wesen wäre, würde ich versuchen, in den Groß- und Hauptstädten der Allianzen die Situation auszuspähen. Wir haben drei Allianzen, die im Grunde auf die unheilvollen, manipulativen Aktivitäten von Molag Bal zurückzuführen sind. Da sind drei Schattenwesen sehr passend. Vielleicht haben wir es mit einer Art Zahlenmystik zu tun.“ Velaya merkte an: „Vergiß nicht, der Kristall wollte zuerst mich alleine übernehmen. Es war sicher nicht geplant, diese Macht auf drei Schatten aufzuteilen.“
„Also die Karte von links nach rechts aufrollen? Dolchsturz zuerst?“ fragte Kalryssia. Jadzia meinte: „Das ist bei unserem derzeitigen Kenntnisstand so gut, wie jedes andere mögliche Ziel, also los!“ Und so brachen sie auf und reisten über den Teleporter von Winterfeste nach Dolchsturz.
Sie erreichten also Dolchsturz, die pulsierende Hafenstadt in Hochfels zu Beginn der Abenddämmerung. Die beiden Monde Masser und Secunda standen hoch am Himmel nahe zusammen und zeigten beide einen wunderschönen, zunehmenden Mond mit einer schmalen Sichel bei klarem Himmel. Als sie aus dem Teleporter heraustraten, war es Fareniel, die zuerst bemerkte, daß hier etwas nicht stimmte: „Vorsicht! Die Luft hier ist magisch geladen!“ warnte sie ihre Freunde. Velaya mit ihrem feinen Sinn für Magie bestätigte die Beobachtung: „Eindeutig richtig! Seht Euch vor!“
Sie gingen durch die Straßen der Stadt Richtung Marktplatz, einem der zentralsten Stadteile. Eine Bewohnerin spuckte den Fremden vor die Füße und fluchte irgend etwas Unverständliches. Irritiert blickte Kalryssia ihr nach. „Was war das denn eben?“ fragte sie in die Runde. „Keine Ahnung.“ antwortete Sera Na. Aus einem Fenster der Fachwerkhäuser schüttete ein Bewohner einen Eimer Putzwasser aus und traf Fareniel, die nun klatschnass da stand. „HE!“ schimpfte Velaya. Doch anstatt einer Entschuldigung warf ihnen der Bewohner noch den Inhalt eines Abfalleimers hinterher und brüllte: „Ach halt's Maul und verpiß Dich!“. Die Heldinnen wichen dem Unrat jedoch aus.
„Also... Normal ist das nicht!“ kommentierte die Drachenritterin Kalryssia das Geschehen. Sie trafen einen Jungen. Kalryssia hielt ihn an und fragte: „Sag Junge, kannst Du uns sagen, was mit den Leuten hier ist? Gab es schlechte Nachrichten?“ Der Junge trat gegen Kalryssias Schienbein, was dieser aber nichts ausmachte, da sie schwere Rüstung trug. Doch der Junge hatte sich dabei weh getan und humpelte nun ohne weitere Erklärung heulend davon. Allmählich nervte sie das . Sie fühlten sie sich von der schlechten Stimmung der Stadt zunehmend angesteckt und rangen um Selbstbeherrschung.
Sie näherten sich dem Marktplatz. Und sie sahen einen der Schatten mitten zwischen den Marktständen! Vorerst beobachteten sie das Geschehen aus der Distanz und wollten Informationen sammeln. Die Händler stritten miteinander, einige prügelten sich sogar. Die Wachen standen daneben und lachten darüber, einige nahmen sogar Geld entgegen. Offenbar wetteten sie, wer von den Raufbolden gewinnen würde.
Velaya kratzte sich verwundert am Kopf: „Also ich kenne Dolchsturz jetzt schon ziemlich lange und noch nie habe ich hier solche Szenen beobachtet!“ Ihre Freundinnen stimmte ihr nickend zu. Gleichzeitig bemerkten sie ein beklemmendes Gefühl, das nun begann, sie ebenfalls zu umfangen. Ein Passant rempelte Kalryssia an und meckerte anschließend noch. Kalryssia hatte nun die Schnauze voll von den Provokationen und gab dem Passanten mit ihren Panzerhandschuhen einen Schlag, der ihn gegen den Holzpfosten eines Stalles zurück schlug. Kalryssia wollte ihm nachlaufen, doch Sera Na hielt sie fest: „Laß ihn! Was ist überhaupt los mit Dir? Du bist doch sonst nicht so unbeherrscht...“
Velaya hatte sich ebenfalls über die Unverschämtheit geärgert. Während Sera Na Kalryssia noch fest hielt, zog sie dem Passanten mit ihrem Magierstab die Füße unter dem Hintern weg, so, daß er einen seiner Schuhe verlor, mit dem Gesäß auf das Kopfsteinpflaster fiel und schmerzhaft aufschrie. Sera Na ließ Kalryssia los und trat dazwischen. Der Passant kroch nun auf allen Vieren davon und machte sich aus dem Staub. Fareniel nebelte den Passanten in eine eisig kalte Wolke ein, die ihn frieren, husten und keuchen ließ. Jadzia warf ihm seinen verlorenen Schuh hinterher und traf ihn damit am Hinterkopf.
Sera Na verstand die Welt nicht mehr: „Schluß jetzt! Was ist denn in Euch gefahren?“ Doch beim Stichwort „in Euch fahren“ dämmerte ihr, was hier vor sich ging. Das muß der Einfluß dieses Schattens sein, der die Leute hier gegeneinander aufhetzt. Inzwischen hatte sich ein Mob Passanten gebildet, die die Szene mitbekommen hatten. Es rotteten sich immer mehr Leute zusammen, die nun vor hatten, auf unsere Heldinnen los zu gehen. Einige von ihnen hatten sich irgendwelche Knüppel gegriffen, Werkzeuge und andere Gegenstände. Kalryssia stieß einen Kampfschrei aus und wollte schon mit Schild und Schwert nach vorne stürmen, wurde aber von Sera Na zurück gehalten. Sie versuchte eine List: „Freunde, Wenn Ihr unbedingt kämpfen wollt, dann kommt mit mir mit, ich habe da hinten eine Gruppe Daedra gesehen.“ Sie deutete in die Richtung, wo der Teleporter von Dolchsturz stand und rief: „Sie sind durch den Teleporter, schnell, hinterher!“
Das ließen sich Kalryssia, Velaya, Jadzia und Fareniel nicht zweimal sagen. Sie konnten es kaum erwarten, sich mit den vermeintlichen Daedra zu prügeln und rannten los, Sera Na hinterher. Ihr Plan ging auf. Weiter weg von dem Schatten war sein Einfluß geringer. Ihre Freundinnen beruhigten sich wieder etwas, aber die Wut lag immer noch über ihren Herzen. Ihre gut ausgeprägte Selbstbeherrschung bekam schließlich wieder die Oberhand; sie konnten allmählich wieder klarere Gedanken fassen. Velaya brachte es auf den Punkt: „Mann, was war denn das für eine Sch...?“ Sera Na nickte heftig, gestikulierte mit der linken Hand und meinte: „Ich könnt's nicht besser ausdrücken!“. Fareniel meinte: „Kann es sein, daß die Magie des Teleporters die feindliche Magie abschirmt? Ich spüre hier in nächster Nähe neben dem Teleporter einen weit geringeren bösen Einfluss, als zuvor noch dort drüben.“ Velaya antwortete: „Wir sollten diese Beobachtung zumindest notieren.“ und machte sich Aufzeichnungen.
Kalryssia schaute die Dunkelelfin verwirrt an: „Weg hier! Nichts wie Weg. So schnell wie möglich.“ Und so sprangen sie hinter dem Teleporter die Felsen herunter zum Strand. Einen Felsen nach dem anderen, wie auf einer großen Treppe. Unten am Strand waren sie immer noch nahe genug an der Stadt, um den Einfluß des Bösen zu spüren. Kalryssia wollte diese finsteren Emotionen nicht länger ertragen. Die Drachenritterin schien dieses Erlebnis besonders mitgenommen zu haben und nun wollte sie nur noch weg von hier. Sie richtete einen Drachenschrei auf einen größeren freien Platz vor ihr: „DUR NEH VIIR“ schrie sie den Namen ihres Drachenfreundes, der in einer violetten Wolke vor ihr erschien. Sie ließ sich keine Zeit für Begrüßungen, setzte sich auf den langen Hals des Drachen und winkte ihren Freundinnen, die es ihr gleich taten. Durnehviir konnte nur noch „Was...?“ fragen, da unterbrach ihn Kalryssia und rief: „Flieg! Flieg einfach los, weg von hier, weg von Dolchsturz!“ Und so hob Durnehviir ab und flog dem Strand entlang Richtung Nordnordost. Er hatte nur eine begrenzte Zeit in Tamriel und würde bald ins Seelengrab zurück gerufen werden. So setzte er in einiger Entfernung zur Landung am Strand an und setzte seine Passagiere ab.
Die Kaiserliche atmete auf und sagte: „Ich danke Dir, Durnehviir.“ sagte Kalryssia zu ihrem Drachen-Freund. Der Drache fragte: „Erklärt Ihr mir jetzt, was hier los ist? So panisch kenne ich Dich gar nicht, Kalryssia! Damals im Seelengrab widerstandest Du sogar dem bösen Einfluß der Vollkommenen Meister.“ Sie setzten ihn in kurzen Worten ins Bild, da er ja in Kürze ins Seelengrab zurück geholt werden würde. Durnehviir antwortete auf die Erklärungen: „Wenn Ihr nach Kalthafen in die Nähe der Leeren Stadt kommt, ruft mich dort. Ich kenne in der Gegend dort jemanden, der vielleicht ein paar Antworten hat. Jedenfalls wenn er heute noch dort lebt. In Kalthafen kann ich sicher auch ein wenig länger bleiben, als in Tamriel.“ Kaum hatte er ausgesprochen, löste er sich in einer dieser typischen violetten Wolken auf und wurde ins Seelengrab zurück geholt.
Ratlosigkeit
Vom westlichen Strand in Glenumbra aus machten sich unsere fünf Gefährtinnen auf den Weg ins Landesinnere nach Osten zum nächstgelegenen Teleporter. Sie mußten zwischendurch einige aggressive Wildtiere erledigen, hatten ansonsten aber dank ihrer geballten Schlagkraft nichts zu befürchten. Die meisten Kreaturen waren klug genug, ihnen aus dem Weg zu gehen. Und doch hatten sie in Dolchsturz ein Erlebnis, das ihnen auch im Nachhinein noch Unbehagen bereitete.
Kalryssia sammelte sich langsam wieder und meinte: „Ich hatte die Kontrolle über meine Emotionen komplett verloren. Das habe ich zuvor noch nie erlebt. Ein sehr beunruhigendes Gefühl! Mein alter Akaviri-Meister hatte mich gelehrt, meine Emotionen zu kontrollieren, auch in Situationen höchster Gefahr. Doch das... das war etwas, gegen das ich keinen Schutz habe. Ich hatte diesen Passanten wirklich gehasst... wegen einer unbedeutenden Kleinigkeit.“ Velaya bestätigte es. „Auch ich verspürte diesen Hass. Nicht mal meine hohe Magieresistenz hat mich vor diesem bösen Einfluß geschützt.“ Fareniel meinte: „Ich wollte den Mann zwar nicht töten, aber ich wollte ihm eine Tracht Prügel verpassen...“ Jadzia entgegnete: „Stimmt, jetzt, wo du es erwähnst... töten wollte ich ihn auch nicht. Aber ich wollte ihn leiden sehen...“
Kalryssia wunderte sich: „Warum war Sera Na nicht betroffen? Sie schien als einzige von uns gegen den Effekt immun zu sein“ Die Nachtklinge konnte da auch nur spekulieren: „Ich vermute, mich schützt auch hier wieder der Dämmerbrecher, den mir Meridia damals im Seelengrab anvertraute und der mich dort vor den Vollkommenen Meistern schützte. Oder es war Meridias Segen. Oder beides.“ Das war wohl im Moment die einzig logische und beste Erklärung.
Sie erreichten den nächsten Teleporter und entschlossen sich, zurück nach Winterfeste zu reisen. Sie mußten irgendwie einen Schutz entwickeln, der sie vor diesen bösen Einflüssen bewahrt. Vielleicht hatte der Erzmagier ja inzwischen etwas herausgefunden.
Der Erzmagier der Akademie von Winterfeste lernte nun auch Velayas Freunde kennen. Sie berichteten ihm, was sie in Dolchsturz erlebt hatten. Er schaute sich Sera Na's Dämmerbrecher genau an, kam aber zu dem Schluß, daß er diese Magie nicht reproduzieren konnte; es war schließlich eine daedrische Magie. Sie müßten sich wohl an Meridia wenden. Oder vielleicht an Azura, die in den Bergen in der Nähe von Winterfeste einen mächtigen Schrein hatte und auch zu den Daedra zählte, die nicht als böse galten. Vom Gemüt her war sie wohl relativ menschlich... gleichermaßen zu guten, wie auch zu bösen Taten fähig.
Er wies seine Verzauberer an, fünf unverzauberte Amulette herzurichten. Den Schutzzauber sollten sie von Meridia oder Azura erbitten. Mit diesen Rohlingen im Gepäck gingen unsere Gefährtinnen wieder hinab in den Ort Winterfeste und fragten in der Kriegergilde nach Neuigkeiten. Dort verbrachten sie die Nacht im Mannschaftsschlafquartier; für heute reichte es ihnen gründlich.
Am nächsten Tag so gegen 10:00 erreichten die Kriegergilde drei Rundschreiben. Ein Bericht war aus Davons Wacht; auch dort wurde einer der Schatten gesichtet. Die Bewohner verhielten sich sehr seltsam. Einige Diebe hatten sich der Wache gestellt und total verängstigt um Schutzhaft gebeten. Es war nicht zu ermitteln, wovor sie Angst hatten. Die Wachen hingegen trauten sich nicht, die Diebe zu verhaften und die Bewohner von Davons Wacht verbarrikadierten sich in ihren Wohnungen. Die Straßen waren wie ausgestorben. Der Effekt hatte auch die Vertreter der Kriegergilde getroffen, die Angst hatten, sich selbst bei ihren einfachsten Übungen zu verletzen und daher nur untätig herumgesessen hatten.
Am Morgen war dieser Effekt wieder verflogen; alles verlief in Davons Wacht wieder normal und der Gildenleiter verfaßte diesen Bericht. Den Wachen und Soldaten von Davons Wacht war ihr Anfall an Feigheit allerdings ausgesprochen peinlich, insbesondere den Nord unter ihnen. Der Gildenleiter riet, sie vorerst nicht darauf anzusprechen; sie reagierten unterschiedlich empfindlich auf das Thema und es soll durch die bloße Erwähnung dieses Themas auch schon zu Prügeleien gekommen sein.
Ein weiterer Bericht kam aus Vulkhelwacht. Königin Ayrenn, die gerade in der Stadt residierte, soll dort ihre Bediensteten bestohlen haben. Als sie mangels Diebesfähigkeiten prompt dabei erwischt wurde, beschuldigte die Königin die Bediensteten, ihr die Tat nur in die Schuhe schieben zu wollen und ließ eine weibliche Bedienstete ins Gefängnis werfen. Die Händler am Markt hätten ihre Preise verdoppelt, weswegen die Kunden die Waren nun einfach stehlen würden. Am Markt wurde auch einer dieser Schatten gesichtet; sie bevorzugen wohl zentrale Orte für ihre „Auftritte“. Der städtische Herold verbreitete vergnügt grinsend eine Falschmeldung nach der anderen und verursachte damit große Unruhen. Er soll unter anderem gemeldet haben, daß der Ebenherz-Pakt den Allianzkrieg verloren hätte und nun König Emeric vom Dolchsturz-Bündnis zum neuen Drachenkaiser ausgerufen wurde. Außerdem dichtete er Königin Ayrenn eine heimliche Liaison mit dem Skaldenkönig Jorunn an, eine Nachricht, die unter normalen Umständen eine gewaltige Staatskrise bis hin zum Bürgerkrieg auslösen könnte.
Auch hier war am nächsten Morgen, also heute früh, der Spuk vorbei. Ayrenn ließ die Bedienstete wieder aus der Haft entlassen, gab ihr eine großzügige Entschädigung und entschuldigte sich öffentlich tausendfach für die Unannehmlichkeiten. Die Wachen ermitteln gerade so gut es geht, was von wem gestohlen wurde und lassen die Sachen zurück bringen, wobei die Bevölkerung der Stadt meist von sich aus peinlich berührt das Beutegut zurück gab.
Selbst die örtliche Diebesgilde platzierte die Beute von diesem Tag unter einem Baum vor der Stadt und informierte die Wachen. Ein Brief der Ortsgruppenleitung entschuldigte sich für die maßlose Art und Weise und die Entwendung einiger sehr persönlicher Erinnerungsstücke, was sie laut des Briefes sonst immer zu vermeiden versuchen, wenn es geht. Nun, die Diebesgilde weiß eben auch, daß wenn sie es maßlos übertreiben würden, die Königin gezwungen wäre, ihre gesamte Staatsmacht gegen sie einzusetzen, obwohl sie gelegentlich selbst auf die Kontakte der Diebesgilde zurückgreift. So manches Mal hat der Einsatz eines geschickten Diebes bereits einen offenen Krieg verhindert.
Außerdem ist der Diebesgilde sehr bewußt, dass, wenn sie der Bevölkerung zu viel stehlen, sie ihnen die Existenzgrundlage nehmen würden, wodurch sie nicht mehr in der Lage wären, Besitz anzuhäufen, den die Diebe wiederum entwenden könnte. Mit Maßlosigkeit würde sich die Gilde also auf Dauer selbst schaden.
Der Herold berichtigte völlig zerknirscht und für einen Herold ungewöhnlich kleinlaut öffentlich alle Falschmeldungen. Doch was die Fehlinformationen des Herolds betraf, so war die Angelegenheit besonders delikat, denn diese Falschmeldungen haben Vulkhelwacht längst verlassen und verbreiten sich gerade im Hinterland von Auridon. Es wird sogar von total demoralisierten und desertierenden Soldaten berichtet. Dieses Durcheinander wieder in Ordnung zu bringen wird nicht einfach; die Gilden-Niederlassungen der Krieger- und Magiergilden arbeiten bereits daran.
Das dritte Rundschreiben beschrieb die Lage in Dolchsturz. Nun, davon waren die fünf Gefährtinnen ja selbst Zeugen geworden. Der Bericht bestätigte nur noch einmal, daß es in der Stadt zu Beleidigungen, Prügeleien und Duellen gekommen war. Wie durch ein Wunder wurde niemand getötet; Verletzte gab es allerdings genug. Es schien wohl so, daß die Schatten darauf achteten, daß ihre Opfer am Leben blieben. Das taten sie aber zweifellos nicht aus Nächstenliebe. Konnte man aus der Beobachtung schließen, daß sie sich an der negativen Energie der Bewohner nähren und sie ihre „Nahrung“, also die Bewohner, am Leben halten wollen?
Durch die Berichte ausreichend informiert kam Sera Na zu dem Schluß, daß sie zuerst mit Meridia reden sollten. Schließlich schien ihr Segen oder ihr Dämmerbrecher den Träger vor dieser unheilvollen Magier zu schützen. Meridia hatte in Himmelsrand einen großen Tempel unweit der Stadt Einsamkeit. Also nahmen sie den Teleporter hin bis vor die Stadt Einsamkeit. Den Rest des Weges gingen sie zu Fuß durch die verschneiten Berge zum Tempel von Meridia.
Dort wurden sie von einigen ihrer Anhänger begrüßt. Eine riesige Meridia-Statue stand auf dem Dach ihres Tempels. Der Tempel selbst erforderte einige Reparaturen, daher befanden sich auf einer Seite einige Gerüste. Zahlreiche fleißige Hände taten hier ihre Arbeit. Einige von ihnen prüften seltsame Vorrichtungen. Fareniel fragte eine Priesterin: „Was ist das, was die dort reparieren?“. Die Priesterin antwortete: „Das ist ein Linsen- und Spiegelsystem, das Meridias Licht bündeln und bis tief hinein in den Tempel umleiten kann. Ihr Licht hält uns im Inneren des Tempels sehr zuverlässig das Böse vom Leib.“
Sera Na schilderte der Priesterin ihr Anliegen und beschrieb die bis dahin bekannten Probleme. Die Priesterin meinte: „Dann kommt mit in den Tempel. Momentan müssen wir im Tempel auf ihr Licht verzichten. Wir werden sehen, ob wir trotzdem mit Meridia sprechen können.“ Und so gingen sie in die tiefe Tempelanlage hinein bis in die Haupthalle. Die Hallen waren gesäumt von Tempelwachen in Rüstungen, die denen der kaiserlichen Armee sehr ähnelten. Sie hielten sich nicht lange in den Vorhallen auf und begaben sich direkt in die Haupthalle.
Gerade als die Priesterin Meridia rufen wollte, geschah es. Ungefähr ein Dutzend dunkler Wolken taten sich auf. Aus jedem dieser Wolken traten einige schwarze Schatten heraus, manche sahen aus wie ein Skelett, das statt eines Unterleibs und Beine eine dunkle Wolke hatte, mit der sie sich mittels Levitation sehr schnell durch den Raum bewegen konnten.
Unsere Heldinnen waren sofort kampfbereit, die Priester brauchten länger, um sich auf die geänderte Situation umzustellen. Sera Na's Dämmebrecher strahlte in einem gleißenden Licht. Hier in Meridias Tempel schien er besonders mächtig zu sein. Doch der Nachschub an Schatten schien endlos zu sein. Mehr und mehr fluteten sie den Raum. Einige Priester hatten schnell verstanden, daß das Licht vom Dämmerbrecher eine Schutzzone für sie aufgemacht hatte und flohen zu der Dunkelelfin, die mit ihm die Horden zurück warf. Andere Priester hatten nicht schnell genug reagiert und wurden in Sekundenschnelle von den Schatten getötet. Aus ihren Leichen stiegen neue Schatten heraus, die sich den Invasoren anschlossen. Die Tempelwachen kämpften tapfer, doch die Schatten saugten ihnen einfach das Leben aus und so teilten sie das Schicksal der Priester. Ihre Leichname wurden ihrer Lebensenergie vollständig beraubt zu vertrockneten, schwarzen Mumien mit schreckensverzerrtem Gesichtsausdruck.
Kalryssia drängte zum Rückzug: „Das sind einfach zu viele, das schaffen wir nicht. Wir müssen hier raus.“ Die Drachenritterin bildete die Speerspitze der Gruppe und kämpfte sich mit lavaverstärkter Schwert-Schild-Kampfkunst nach vorne. Ihre Lavakrallen sorgten dafür, daß die Gegner sie nicht unkontrolliert überrennen konnten. Zumindest bei den Skeletten, die nicht schweben konnten, funktionierten sie wie erwartet. Bei den schwebenden Gegnern richtete die Drachenritter-Magie immerhin Feuerschaden an.
Fareniel hatte ihren Kampfbären beschworen, der einige der Gegner einfach zu Boden warf. Sera Na konnte ihnen daraufhin mit dem Dämmerbrecher den Todesstoß geben. Velaya bearbeitete Gegnergruppen mit Flächenblitzzaubern und dunkler Magie, womit sie guten Erfolg hatte. Jadzia sorgte mit ihrer gut ausgebildeten Heilung dafür, daß niemand, der es unter den Schutz des Dämmerbrechers geschafft hatte, sterben mußte. Die getroffenen Schatten vergingen in einer dunklen Pfütze, ähnlich denen, die sie früher schon im Seelengrab gesehen hatte, doch die Schatten waren zu zahlreich, um hier noch auf einen Sieg hoffen zu können.
Geschützt durch den Lichtkreis des Dämmerbrechers arbeiteten sie sich zum Eingang des Tempels hindurch und verließen ihn zusammen mit den Überlebenden, die sie unterwegs unter den Schutz des Dämmerbrechers nehmen konnten. Auf dem Dach des Tempels sahen sie die drei Schattenfürsten, die im Moment jedoch nicht von ihrer Geistmanipulation Gebrauch machten, sondern den Angriff befehligten. Kalryssia rief: „Da, die drei dort sind die Ursache dieses Übels!“ Der Meridia-Priester seufzte... „Den Tempel haben wir wohl verloren. Die Feinde haben genau den Moment für ihren Angriff ausgewählt, an dem die Spiegel wegen der Wartungsarbeiten Meridias Licht nicht in den Tempel leiteten. Ich habe keine Ahnung, wie wir den wieder zurück erobern könnten. Es wird wohl einfacher sein und weniger verlustreich, woanders einen neuen zu bauen. Vielleicht hat ja in der Zukunft jemand genügend Macht, ihn für Meridia zurück zu erobern. Ich schätze, das erfordert mindestens ein Drachenblut.“
Hüterin Fareniel merkte sarkastisch an: „Na wunderbar... Das war ja ein voller Erfolg, wenn auch nicht für uns. Was haben wir denn jetzt noch für Optionen übrig?“ Sera Na knirschte mit den Zähnen: „Das war einer von Meridias größten Tempeln in Tamriel. Sie ist im Vergleich zu den anderen Daedra bescheiden und hat daher nicht viele Monumente. Von hier aus hätten wir sie am ehesten erreicht und gleich noch die Unterstützung ihrer Priester gehabt.“
Kalryssia, die Kaiserliche unter ihnen, nickte: „Es gibt noch eine große Statue von Meridia westlich von Skingrad. Früher lagerten dort auch immer ein paar Anhänger, die uns sicher auch gerne geholfen hätten. Aber jetzt, wo Skingrad durch den Krieg in Cyrodiil quasi vom Rest der Welt abgeschnitten ist, ist es beschwerlich, dort hin zu gelangen. Wir können wohl auch davon ausgehen, daß ihre Anhänger dort gerade andere Sorgen haben, als Meridias Statue zu huldigen.“
Jadzia, die längere Zeit in der Gegend um Anwil und Kvatch lebte, und sich daher dort gut auskannte, meinte: „Die große Mauer im Osten der Goldküste Richtung Skingrad wäre für uns kein Hindernis. Durnehviir würde uns bestimmt darüber hinweg fliegen. Von dort aus wäre es nicht sehr weit zu ihrer Statue.“ Die Magierin Velaya dachte an ihre Mission in Kalthafen, als es darum ging, Molag Bal eine blutige Nase zu verpassen: „Dann bliebe noch die Leere Stadt in Kalthafen. Von der Kathedrale aus müßten wir Kontakt aufnehmen können. Dort hat sie halt keine Priester, die uns weitere Unterstützung geben könnten. Das Personal in der Kathedrale ist unabkömmlich und mit dem Schutz der Leeren Stadt völlig ausgelastet.“ „Gut, das versuchen wir, bevor wir etwas anderes machen.“ meinte Sera Na. Und so nahmen sie den Teleporter zur Leeren Stadt.
Meridia in der Gestalt der Stadtbewahrerin der Leeren Stadt
Sie nahmen an, daß sie in der Kathedrale erst ein Ritual abhalten müßten, um Meridia zu rufen, doch die wartete bereits auf unsere Gefährtinnen vor der Kathedrale. Sie zeigte sich diesmal in ihrer Gestalt als Stadtbewahrerin und nicht wie zuletzt im Seelengrab als Schattengestalt. „Da seid Ihr ja“ begrüßte sie die fünf und kam gleich zur Sache. „Ich habe den Überfall auf meinen Tempel in Himmelsrand natürlich bemerkt, Sera Na's Schritte von da ab verfolgt und die Magie des Dämmerbrechers verstärkt. Hier seid Ihr erst mal sicher. Doch nun berichtet mir mal, warum Ihr mich überhaupt aufsuchen wolltet. Ich habe drei mächtige Schattengestalten bei meinem Tempel bemerkt. Was wisst Ihr darüber?“
Während sie die Kathedrale betraten, setzte Sera Na als Meridias Kriegerin des Lichts Meridia ins Bild und erzählte ihr von den Schattenfürsten. Meridia antwortete: „Jetzt verstehe ich auch, warum ich die Angreifer auf meinen Tempel nicht identifizieren konnte. Sie sind entstanden aus der dunklen Magie dieses Kristalls und den Seelen der getöteten Magiere und damit magische Kunstobjekte, die es zuvor nicht gab.“ Velaya ergänzte: „Ich glaube, die Magie des Kristalls sollte nur auf eine Person überspringen, doch ich war durch einen Schutzzauber geschützt und somit suchte sich die Magie andere Wirte. Wäre die Magie komplett auf mich übergegangen, hätte das so entstandene Wesen jetzt vermutlich die Macht aller drei in einem Wesen vereint. Vielleicht sind wir ja nochmal mit einem blauen Auge davon gekommen.“
Templerin Jadzia erinnerte daran, warum sie Meridia aufsuchen wollten: „Wir nehmen ja an, daß die Magie des Dämmerbrechers Sera Na vor dem bösen Einfluss des Schattenfürsten bewahrt hat. Wir haben hier fünf Rohlinge. Kannst Du sie so segnen, daß sie uns den Schutz des Dämmerbrechers geben?“ Meridia nahm die Rohlinge entgegen und legte sie auf den Altar der Kathedrale. Während sie die Amulette segnete erklärte sie: „Deswegen wurde vermutlich mein Tempel angegriffen. Der Schattenlord in Dolchsturz hat bemerkt, daß die Magie des Dämmerbrechers ihn blockiert und Gegenmaßnahmen eingeleitet. Das zeigt, daß sie intelligent und unabhängig von Molag Bal handeln können. Wir haben es also nicht mit tumben Untoten zu tun. Wir wissen nun außerdem, daß die drei vereint auftreten können und zu einem massiven Angriff fähig sind.“
Nachdem Meridia ihre Arbeit getan hatte, verteilte sie die Amulette auf unsere fünf Gefährtinnen. Es war ihr sogar wichtig, sie ihnen selbst irgendwie feierlich, ja beinahe schon zeremoniell wirkend um den Hals zu hängen und ihnen anschließend ihre Hand zum Segen auf die Stirn zu legen. Sie wandte sich an Sera Na, ihre Kriegerin des Lichts und umarmte sie für einen Moment. Dann erklärte sie: „Ich spüre, daß die Sonne, die Monde Masser und Secunda sowie die Welt Nirn irgendwie eine besondere, kosmische Bedeutung in der Angelegenheit haben. Ihr müßt Azura aufsuchen, die Göttin der Morgen- und Abenddämmerung. Das ist eher ihr Fachgebiet, nicht meines.“
„Kommst Du nicht mit uns?“ fragte die Dunkelelfin. „Nein, mein Kind. Ich muß die Leere Stadt beschützen. Sie ist ein sicherer Zufluchtsort für alle hier in Kalthafen und setzt Molag Bals Macht eine Grenze. Wenn ich ihn verlasse, riskieren wir, die Stadt an die Schattenfürsten zu verlieren. Das wäre für die, die sich meinem Schutz anvertraut haben, eine Katastrophe. Molag Bal könnte sich dann die Stadt, den Stachel im Fleisch seines Reiches, die er einst selbst geraubt und hierher geholt hatte, bis ich sie ihm wieder wegnahm, mit seinen Schatten zurück holen.“
Die Schattenelfe Fareniel meinte: „Das wäre auch schlecht für mein Volk, das hier in Kalthafen lebt. Die Leere Stadt bedeutet für sie nach dem Sieg über Molag Bal die Freiheit, Kalthafen zu verlassen und zu betreten, wann immer sie es wollen.“ Kalryssia hakte nach: „Kann es sein, daß es Molag Bal genau darum geht?“ „Wissen wir noch nicht“ antwortete Meridia. „Ich sehe zumindest keinen zwingenden Zusammenhang. Diese Truhe, seine Falle, muß schon seit Jahrhunderten in der Draugr-Ruine verborgen gewesen sein.“
Meridia dränge zur Eile und öffnete ein Portal. Sie sagte: „Schreitet hindurch, ich schicke Euch nicht nach Winterfeste, sondern nach Vvardenfell. Ihr kommt dabei beim dortigen Schrein von Azura heraus.“ Velaya fand den Plan gut: „Aaah... ja, gute Idee. Warmes Klima, nicht so kalt wie in Winterfeste.“ Und so machten sie sich auf den Weg nach Vvardenfell.
Am Zielort angekommen orientierten sie sich erst einmal. Das Portal führte sie zum Fuße eines Felsens, auf dem eine riesige Statue Azuras stand. Sera Na als Dunkelelfin war hier einigermaßen ortskundig und hatte den Schrein schon früher besucht. Er befand sich östlich von Vivec, nahe der Küste.
Sie begaben sich hinauf zur Statue und nahmen sich die Zeit für eine kleine Andacht. Azura bemerkte die Gruppe auch und richtete das Wort an sie… thelepathisch: „Seid gegrüßt. Sagt, Sterbliche. Was ist der Grund für Euren Besuch? Hängt es vielleicht mit der Erschütterung der Macht zusammen, die überall zu spüren war und ist?“
Jadzia antwortete ihr: „Unser Besuch hier ist in der Tat kein Höflichkeitsbesuch. Wir sind auch keine Pilger. Es gab tatsächlich eine Erschütterung der Macht. Meridia hat uns zu Dir geschickt, da sie glaubt, daß die Monde Masser und Secunda in der Sache wichtig sind.“ Azura antwortete: „Ja, ich kann ihren Segen spüren, der Euch anhaftet. Es stimmt. Etwas zieht Energie aus den Monden, aber auch aus dem Planeten Nirn. Aber der Reihe nach. Was wißt Ihr denn bereits über die Sache?“
Velaya erklärte ihr von den Vorfällen in der Akademie von Winterfeste, den Schattenfürsten und den betroffenen Städten sowie dem Angriff auf Meridias Tempel in Himmelsrand. Azura meinte: „Diese Schattenfürsten müssen diejenigen sein, die den Monden und Nirn Naturenergie und Magicka rauben. Das ist nicht gut. Das Gleichgewicht der Kräfte gerät aus den Fugen. Früher oder später ist der Energieverlust so groß, daß die Natur darunter leiden wird und die Dimensionen aus dem Gleichgewicht geraten werden. Ich weiß noch nicht, was das für Konsequenzen haben kann und wie weit das gehen kann. Darüber muß ich erst mal nachdenken.“
Kalryssia hakte nach: „Kannst Du uns denn eine Form der Unterstützung zukommen lassen?“ Azura überlegte einen Moment und antwortete: „Nun, für gewöhnlich gebe ich meinen Champions Azuras Stern mit auf den Weg. Dieser kann als wiederverwendbarer Seelenstein verwendet werden, um Waffen aufzuladen. Wäre Euch damit geholfen?“ Kalryssia schüttelte den Kopf: „Nicht wirklich. Wir verfügen über hunderte geladener Seelensteine. Was wir brauchen könnten wäre zum Beispiel eine Methode, mit der wir feststellen könnten, welche Städte gerade von den Schattenfürsten heimgesucht werden.“
Azura antwortete daraufhin mit fester Stimme: „Dann gewähre ich Euch meinen Mond. Die Schattenfürsten entziehen den Monden und Nirn zwar Energie, doch das können wir zu unserem Vorteil nutzen. Mit Azuras Mond könnt Ihr diese Energieströme zurück verfolgen und ihren aktuellen Standort bestimmen. Probiert es gleich einmal aus!“ Es dauerte einige Minuten - für Azura verstrich die Zeit vermutlich in anderen Bahnen, als für die Kämpferinnen - dann erstrahlte von der Hand von Azuras Statue, die den Mond hielt, ein Lichtstrahl zum Gefäß auf dem Altar und es materialisierte sich ein etwas mehr als handtellergroßer, scheibenförmiger Vollmond aus weißem Mondstein darin. Wieviel „Zeit“ Azura wirklich gebraucht hatte, um dieses Artefakt zu erschaffen, war nicht zu ermessen. Zeit dürfte für sie kaum von Bedeutung sein. Kalryssia öffnete den Deckel und entnahm eine matte, glanzlose Scheibe.
„Wer soll es versuchen?“ fragte die Drachenritterin. „Ihr müßtet es alle verwenden können. Am leichtesten wird es wohl einem Magier fallen. Laßt es Velaya zuerst versuchen, Ihr könnt später damit üben.“ antwortete Azura. Velaya hob die Mondscheibe auf und legte sie auf ihre beiden Handteller. Azura wies sie an: „Jetzt forme mit beiden Händen eine Schale und konzentriere Dich auf Nirn. Leite etwas von Deiner Magicka in die Hand, etwa so, als wolltest Du gleich einen Blitzzauber wirken.“ Velaya tat, wie Azura sagte. Ihre Hände waren umwoben von einem bläulichem Schimmer. Aus der Scheibe formte sich eine Kugel. Kleine Blitze tanzten auf den Händen auf und ab und verschwanden kurz darauf wieder. Schon nach kurzer Konzentration begann die Kugel von innen heraus zu leuchten und zeigte die Landmassen von Nirn.
Drei Punkte leuchteten pulsierend auf seiner Oberfläche. Alle auf dem Kontinent Tamriel, jeweils ein Punkt in jedem Allianzgebiet. Die Schattenfürsten wußten möglicherweise um die politische Situation der Welt, wenngleich Zufall auch nicht auszuschließen war. Sollten sie später zu den abgelegeneren Teilen Nirns etwa nach Yokuda, Atmora, Aldmeris, einer der vielen Inseln oder gar auf den von hier aus nur schwer erreichbaren Kontinent Akavir geraten, würde es schwierig und langwierig werden, ihnen zu folgen, wenn nicht sogar in der knappen Zeit unmöglich, denn sie müßten ja mit einem Schiff reisen, da niemand von ihnen dort einen Teleporter kennt. Oder jemand müßte für sie ein Portal dorthin öffnen.
„Gut gemacht Velaya.“ lobte sie Azura. „Jetzt müßt Ihr beginnen, Informatioen zu sammeln. Findet heraus, ob es ein Muster gibt, dem die Schattenfürsten folgen. Notiert Eure Erkenntnisse. Sobald wir ein Muster erkennen, können wir ihre Schritte vorhersehen, ihnen zuvor kommen und zurück schlagen. Findet ihren Schwachpunkt. Sie müssen einen haben, nichts und niemand, was auf welche Weise auch immer erschaffen wurde ist unbesiegbar. Auch sie unterliegen den Naturgesetzen und den Gesetzen der Magie. Kehrt dann zu Meridia und mir zurück, um zu berichten. Dann sehen wir weiter.“
Velaya schaute sich die Projektion auf der Kugel in ihrer Hand genau an. Es war von den Kontinenten und Inseln abgesehen ein Längen- und Breitengrad-Muster auf der Kugel zu sehen. Sie hatte als gelehrte Magierin schon andere Karten und Projektionen von Nirn gesehen, davon auch einige sehr beeindruckende, somit erstaunte sie der Anblick der Kontinente nicht allzu sehr. Ihre Freundinnen jedoch hatten so etwas noch nicht so oft gesehen und näherten sich neugierig dem magischen Artefakt., um es sich genau anzuschauen. Die Magierin meinte: „Ein Punkt zeigt auf Vivec.“ Wirklich praktisch, dieses Artefakt... dachte sie und fuhr fort: „Das ist ganz in der Nähe. Für die Schattenfürsten zählt Vvardenfell offenbar zum Ebenherz-Pakt. Nun, man kann es wohl als dessen Interessengebiet sehen. Wir sollten uns Vivec ansehen und ihrem Schutzpatron Fürst Vivec einen Besuch abstatten.“ Velaya ließ den Magiefluß zu Azuras Mond wieder versiegen, woraufhin er sich wieder in die unscheinbare, mattweiße Kugel verwandelte und sich schließlich zu einer flache Scheibe reduzierte, die sie leicht in ihrer Tasche verstauen konnte. Und so machten sie sich auf den Weg in die nahe gelegene Stadt mit dem über ihr schwebendem Meteor.
In Vivec bot sich unseren Gefährtinnen ein seltsames Bild. Der Schutzzauber von Meridia‘s Amuletten bewahrte die fünf vor dem unheilvollen Einfluss, der hier herrschte. Die Menschen saßen zusammen und spielten Musik, Karten, Würfel oder Brettspiele miteinander, doch sie führten keine Gespräche. Keiner ging einer produktiven Tätigkeit nach. Auch die Bauarbeiten auf der großen Baustelle von Vivec ruhten. Fareniel versuchte eine Gruppe Kartenspieler anzusprechen, doch die starrten wie hypnotisiert auf ihre Karten und reagierten gar nicht auf die Waldelfin. Sie beschwörte direkt neben den Spielern ihren Kampfbären, um irgend eine Reaktion zu provozieren, egal welche. Doch die Spieler zuckten nicht mal.
Nun wurde Fareniel offensiver und nahm einem der Spieler die Karten weg. Der nahm sich von dem Kartenstapel einfach einen Satz neue und machte weiter, als wäre nichts geschehen. Die Hüterin griff sich nun den Kartenstapel. Doch nicht einmal das unterbrach das Spiel. Die Kartenspieler spielten einfach mit imaginären Karten weiter. Offenbar brauchten sie die echten Karten gar nicht unbedingt. Fareniel legte die Karten achselzuckend zurück auf den Spieltisch.
Sie gingen weiter und kamen zu einigen Würfelspielern. Fareniel schaute ihre Gefährtinnen fragend an, doch Sera Na winkte ab und meinte: „Spar Dir die Mühe. Derselbe leere Blick in ihren Augen. Warum sollte es hier anders laufen, als bei den Kartenspielern?“ Sie gingen weiter, beobachteten und notierten ihre Beobachtungen.
Jadzia kommentierte: „Nun, zumindest sind sie nicht aggressiv. Sie zeigen auch keine Angst und offenbar bestehlen, belügen und betrügen sie auch nicht. Das paßt so gar nicht zu den Berichten der Kriegergilde und unseren eigenen Beobachtungen aus Dolchsturz.“ Sie gingen weiter durch die Stadt an dieser gespenstischen Szene vorbei. Schließlich sahen sie auf einer der Brücken den Schattenfürsten. Er trug eine schwarze Robe mit einer Kapuze, deren Spitze in sein „Gesicht“ hinein ragte. Sein „Gesicht“ wiederum war nur eine tiefschwarze Fläche mit zwei glühend roten Augen darin. Und der Schattenfürst bemerkte auch sie, die sich seinem Einfluß dank Meridias Segen entzogen. Seine glühenden Augen fixierten die fünf Kämpferinnen. Er konnte es offenbar nicht dulden, daß sich jemand seinem Einfluß entzog. Langsam, ganz langsam, ganz so, als hätte er alle Zeit der Welt näherte er sich den fünf Frauen. Ihnen stellten sich die Nackenhaare auf und sie machten sich kampfbereit.
Und der Schattenfürst ließ auch nicht lange bitten. Meridias Amulette waren nicht mächtig genug, ihm zu schaden. Er beschwor einen Schatten-Geist und einige dieser schwarzen Skelette, die sie schon in Meridias Tempel gesehen hatten und griff selbst mit dunklen Wolken an, die sich relativ langsam unseren Heldinnen näherten. Die Skelette lenkten die Kämpferinnen sehr ab, daher wurde Kalryssia von einer dieser Wolken getroffen. Sie hatten die Wolken wohl unterschätzt. Die Wolke entzog der Drachenritterin sehr schnell ihre Kräfte. Kalryssia konnte sich schließlich nicht mehr auf den Beinen halten und ihre sicherlich über 30 kg schwere Xivkyn-Rüstung drückte sie zu Boden. Jadzia versuchte den Effekt weg zu reinigen, doch das funktionierte nicht. Velaya versuchte es mit ihren Heilstab. Doch die Heilung wurde von der Schattenwolke einfach absorbiert. Sie würden den Kampf ohne Kalryssia führen müssen.
Jadzia, die ebenfalls schwere Rüstung trug, übernahm Kalryssias Rolle und versuchte die Aufmerksamkeit des Geistes und der Skelette auf sich zu lenken. Sie hatte aus ihrem Fehler gelernt, hielt den Schattenfürsten im Blickfeld und wich seinen schwarzen Wolken aus. Fareniel schickte ihren Kampfbären ins Feld, ließ Insektenschwärme über die Feinde kommen und Klippenläufer auf sie hinab stürzen. Die Insektenschwärme erwiesen sich zumindest als lästige Ablenkung, die den Schattenfürst beschäftigten.
Velaya mußte mit ihrem Heilstab Jadzias Rolle als Heiler übernehmen, da die Templerin die Aufmerksamkeit auf sich zog und nur selten Zeit zum Heilen hatte. Die Bretonin beschwor einen Klannbann, der ihr die nächstgelegenen Skelette recht erfolgreich vom Leib hielt. Sera Na wechselte zwischen Meridias Schatten und Angriffen aus dem Hinterhalt hin und her. Doch bisher hatten sie nicht einen wirksamen Stich auf den Schattenfürsten machen können. Dessen schwarze Skelette dominierten die ganze Szene und hielten sie schwer beschäftigt.
Sera Na wollte das ändern und griff den Schattenfürst direkt an. Mit einem Unsichtbarkeitszauber kam sie hinter ihn und stach mit dem Dämmerbrecher durch seine Schattengestalt hindurch. Ein glatter Durchstoß und doch blieb der Schattenfürst unverletzt. Im Gegenteil, das Schwert blieb in seinem Körper stecken. Er dachte gar nicht daran, es heraus zu ziehen. Und Sera Na wollte diese besondere Waffe nicht aufgeben; sie ließ nicht los und versuchte statt dessen, es heraus zu ziehen. Dunkle Nebelschwaden krochen entlang auf dem Dämmerbrecher auf die Dunkelelfin zu. Sie waren stark genug, um trotz Meririas Segen über die Waffe hinweg zu kriechen und Sera Na zu erfassen. Nun konnte Sera Na den Dämmerbrecher auch nicht mehr loslassen. Ihre Hand ließ sich nicht mehr von der Waffe lösen. Die Schwaden umhüllten sie, entzogen ihr die Kraft und die Dunkelelfin ging genauso wie Kalryssia zu Boden.
Velaya war entsetzt und rief: „SERA NAAAAA!!!“ Fareniel und Jadzia drehten die Köpfe und bemerkten jetzt auch, was passiert war. Jadzia stürmte den Schattenfürst mit ihrem Schild an, traf jedoch nur auf eine diffuse Masse. Ihr Angriff zeigte nicht die geringste Wirkung. Velaya und Fareniel unterstützten Jadzia mit allem, was sie hatten, doch auch mit Velaya’s Magierzaubern war dem Schattenfürsten nicht beizukommen. Weder Schwert noch Magie konnten ihm etwas anhaben, es war zum Verzweifeln!
Sie vergaßen dabei für einen Moment die immer noch existierenden Skelette. Die nutzten die Gelegenheit und stießen die beiden mit einem kräftigen Hieb auf den Schattenfürst zu. Der reagierte, indem er eine große schwarze Wolke absonderte, die nun auch Jadzia, Velaya und Fareniel umfaßte. Auch sie gingen zu Boden und auch ihnen wurden die Kräfte geraubt. Für unsere fünf Heldinnen gingen die Lichter aus. Dunkelheit umschloß ihre Herzen. Der Schattenfürst hatte diesen Kampf gewonnen.
Plötzlich wich die Dunkelheit einem angenehm hellen Licht. Kalryssia war die erste, die bei dem Kampf ausgeschaltet wurde und kam auch als erste wieder zu sich. Sie fühlte sich schwach, war noch nicht in der Lage aufzustehen. Doch sie war am Leben! Sie war doch am Leben oder? Eine Stimme sprach sie an: „Ruhig! Alles ist gut, Du bist in Sicherheit. Laß Dir etwas Zeit, wieder zu Kräften zu kommen!“
Kalryssia war sowieso nicht danach zumute, elegant hochzuspringen, auf den Füßen zu landen und sich kampfbereit zu machen, wie sie es sonst täte. Langsam rollte sie sich von der Rückenlage auf die Seite, zog ihre Beine an und setzte sich erst einmal hin. Sie blickte in einen großen Saal. Um sie herum lagen ihre bewußtlosen Gefährtinnen. Aber in Gefahr waren sie wohl nicht mehr. Ihr Kopf schmerzte. Das Blut rauschte dröhnend und pochend durch die Adern, jedenfalls fühlte es sich so an. Die Kaiserliche schaute sich um. Eine Gestalt schwebte über dem Boden. Nur mit einem Fuß berührte er ab und zu den Boden. Auch diese Gestalt wirkte erschöpft und hatte offensichtlich Mühe, sich in der Levitation zu halten.
„Willkommen in meinem Palast. Ich bin Fürst Vivec und der Schutzpatron der gleichnamigen Stadt.“ Die Drachenritterin hielt ihre Hand auf der Stirn und sagte: „Also nicht Sovngarde? Wir haben den Kampf doch verloren.“ Vivec antwortete: „Ja, ich konnte sehen, wie Ihr versucht habt, meine Stadt zu verteidigen. Ich hatte gehofft, Ihr würdet den Schattenfürsten wenigstens vertreiben können, der meine Stadt als Geisel genommen hatte. Und Ihr habt wahrlich tapfer gekämpft. Da konnte ich Euch doch nicht sterben lassen.“
Kalryssias Sinn fürs Praktische kehrte allmählich zurück. Sie meinte: „Laß uns mit Erklärungen warten, bis meine Mitstreiterinnen wieder wach sind!“ Obwohl der Kampf nur Minuten gedauert hat, dauerte es noch eine halbe Stunde, bis alle wieder bei Bewußtsein waren. Kalryssia hatte nun mal eine deutlich stärkere körperlicher Verfassung, als ihre Gefährtinnen und der Schattenfürst hatte ihnen Lebensenergie geraubt. Ihre gute Kondition machte sich hier bemerkbar.
Velaya kam zuletzt wieder hoch; sie hatte als Magier eben die schwächste körperliche Verfassung der fünf. Wie es halt für einen normalen Magier so ist, hatte sie in ihrem Leben viel studiert, aber dafür weniger Zeit für körperliches Training aufgewendet. Die Fitness, die sie trotz dem hatte, hatte sie sich überwiegend auf den Schlachtfeld erworben.
Diesmal erklärte Kalryssia Fürst Vivec, was sie bereits alles an Informationen hatten. Velaya brauchte noch etwas Zeit zur Erholung. Jadzia wunderte sich über das nicht zu ihren bisherigen Beobachtungen passende Verhalten von Vivecs Untertanen. Vivec erklärte: „Zuerst fiel der Schattenfürst mit Lüge, Falschheit und Hinterlist über mein Volk her. Sie bestahlen sich, betrogen sich gegenseitig und logen, was das Zeug hielt. Und ich hatte nicht die Macht, das zu unterbinden. Ihr glaubt gar nicht, was das für mich für eine unerfreuliche Erfahrung war. Ich halte immerhin einen Meteor erfolgreich davon ab, auf diese Stadt zu stürzen! Doch bei diesem Gegner endet meine Macht.“
Fareniel hakte nach: „Aber wir haben Dein Volk in einem andern Zustand vorgefunden. Sie sind mit unproduktiven Dingen beschäftigt, sie spielen und musizieren ohne sichtbares Ziel. Das mag zwar befremdlich sein, aber bedrohlich wirkt das nicht.“ Vivec hob eine Hand, deutete so an, daß er weiter sprechen wollte und erzählte: „Ich fand einen Weg, den Einfluß des Schattenfürsten abzuschwächen. Ihren Willen zu beugen. So brachte ich die Leute dazu, sich mit sinnlosen Dingen zu beschäftigen, anstatt dem Einfluß des Schattens zu folgen. Eine Patt-Situation, wenn Ihr so wollt. Mehr konnte ich nicht tun. Der Schattenfürst ist verdammt mächtig!“ Velaya notierte die Beobachtungen eifrig.
Fürst Vivec fügte hinzu: „Ihr seid sehr stark und Ihr tragt bereits die Segen von Meridia und Azura in Euch. Außerdem hat Velaya diese Mächte nur versehentlich entfesselt; Ihr seid also hoch motiviert, das wieder in Ordnung zu bringen. WENN jemandem das gelingt, dann Euch. Ich kann nicht allzu viel für Euch tun, da ich meine Stadt beschützen muß. Doch kann ich meinen Palast zu einem sicheren Rückzugsort machen. Ich werde Euch von hier aus im Auge behalten. Solltet Ihr wieder einmal im Kampf fallen, versuche ich Euch hier wieder ins Leben zurück zu holen, wenngleich ich den Erfolg dafür nicht garantieren kann. Die von Meridia geweihten Amulette sollen mir als Positionsbaken dienen, damit ich Euch überall finde. Verliert sie nicht, sonst kann ich Euch vielleicht nicht helfen!“
„Das ist fantastisch!“ freute sich Kalryssia. „Damit können wir auch mal was riskieren.“ „Übertreibt es nicht!“ mahnte Fürst Vivec „Es bleibt immer ein Risiko zurück und mein Rettungsversuch kann unter Umständen auch fehlschlagen. Jetzt sucht Euch in meinem Palast erst mal einen Schlafplatz, bis der Schattenfürst wieder weg ist. Im Moment ist es zu riskant, da raus zu gehen.“ Und so verbrachten sie die Nacht in Fürst Vivecs Obhut.
Am nächsten Morgen sah die Welt wieder anders aus. Der Schattenfürst hatte Vivec wieder verlassen und die Bürger verhielten sich wieder normal. Unsere Kämpferinnen analysierten die Sachlage, unterhielten sich mit den Leuten und kamen zu dem Schluß, daß sie sich an die vergangenen Stunden nicht erinnern konnten. Manche hatten eine Erinnerungslücke bemerkt, konnten sich aber keinen Reim darauf machen. Um sie nicht weiter zu beunruhigen verzichteten die Gefährtinnen darauf, die Leute aufzuklären. Das sollte Fürst Vivec übernehmen, wenn er das wollte.
Fürst Vivecs Hofmagier hatte inzwischen eine ovale Metallscheibe in Vivecs Empfangssaal angebracht. Vivec erklärte, daß diese Scheibe ihm den Status der fünf Frauen anzeigen würde, sofern sie Meridias Amulette bei sich trugen und Alarm melden würde, wenn etwas vorfiele. Vivec könne mit dieser Scheibe die fünf zumindest überall auf Nirn lokalisieren und in seinen Raum bringen, falls das nötig wäre. Eine einmalig gute Rückversicherung für die Heldinnnen. In daedrischen Reichen wären sie gemäß seiner Erläuterungen aber schwieriger zu finden und zu retten oder sogar überhaupt nicht.
Die Gruppe verabschiedete sich von Fürst Vivec und machte sich auf den Weg zum Teleporter. Unterwegs berieten sie sich, was als nächstes zu tun wäre. Kalryssia meinte: „Wir sollten Durnehviirs Vorschlag annehmen und ihn in Kalthafen rufen. Er meinte, er kenne dort jemanden, der vielleicht helfen könnte.“ Mangels besserer Vorschläge stimmten alle zu und teleportierten sich zur Leeren Stadt.
Sera Na wunderte sich: „Wen mag Durnehviir wohl meinen? Velaya und ich haben damals die ganze Umgebung der Leeren Stadt auf den Kopf gestellt, interessante Dinge und Leute getroffen, aber niemanden, der in einer solchen Angelegenheit kompetent sein könnte.“ Auch Fareniel, deren Volk, die Schattenelfen, ja seit langer Zeit westlich der Leeren Stadt leben, konnte sich nicht an jemanden erinnern, auf den Durnehviirs Beschreibung zutraf. „Finden wir es heraus!“ entgegnete Kalryssia und rief mit der Macht eines Dovah „Dur Neh Viir“ vor sich auf den Boden.
Und ihr Drachenfreund erschien wie geplant. Zuerst einmal setzten sie Durnehviir genauer ins Bild. Er meinte ja, in Kalthafen könne er länger bleiben, als in Nirn, somit bestand nicht mehr dieselbe Eile, wie zuerst vor Dolchsturz. Durnehviir antwortete: „Ich nehme Velaya mit und fliege mit ihr die schwebenden Inseln am Himmel von Kalthafen ab. Auf einer dieser Inseln muß sich der Magier Ksardas befinden, wenn er noch lebt bzw. wenn er noch HIER lebt. Velaya wird mit ihm am besten arbeiten können. Ruht Ihr anderen Euch inzwischen aus und erstattet Meridia Bericht.“
Das klang vernünftig und so machten sie es, wie der Drache vorschlug. Zusammen mit Velaya schwang er sich in die Lüfte und zeigte der Magierin Kalthafen so, wie sie es nur aus der Perspektive eines Dovah sehen konnte. Für die Bretonin war es ein atemberaubender Anblick, den sie gewiß nie wieder vergessen würde. Durnehviir verwendete den Drachenschrei „Auraflüstern“, der es ihm ermöglichte, hinter Mauern Lebende und Untote zu erspähen. Selbst Dwemer-Konstrukte konnte er so sehen.
Sie flogen einige dieser seltsamen schwebenden Inseln an ohne fündig zu werden. Auf manchen von ihnen standen Bauwerke oder Ruinen. Bei einer dieser Inseln mit einem Turm und einer Ruine auf einer gleich daneben schwebenden Insel meinte Durnehviir: „Da! Das muß unser Ziel sein!“ Velaya schaute, konnte aber nichts erkennen. „Bist du sicher? Ich sehe nichts Besonderes.“ fragte sie. Allmählich hatte sie etwas Angst, vom Himmel fallen zu können, falls Durnehviir wieder ins Seelengrab zurück müßte und sich unter ihr einfach auflöste, doch darauf angesprochen meinte der Drache, es wäre alles bestens und er wisse, was er tat.
Durnehviir flog eine Runde um die schwebende Insel. Er hatte mindestens so gute Augen, wie ein Greif. Jetzt konnte Velaya es auch besser sehen. Eine Ruine ragte auf de Oberfläche der Insel heraus und hatte eine Bodenluke, eine Tür im Dwemer-Stil. Ein Teil der Behausung mußte unterirdisch sein und war daher aus der Ferne nicht zu erkennen. Außer natürlich, man hatte die Sinne eines Drachen...
Der Drache setzte zur Landung vor der Ruine an. Velaya stieg von seinem Rücken herab und fragte: „Wie komme ich hier weg, wenn du wieder ins Seelengrab geholt wirst?“ Durnehviir antwortete: „Kalryssia wird wissen, was zu tun ist. Spätestens, wenn sie mich das nächste Mal ruft, hole ich Dich wieder ab. Vielleicht teleportiert dich auch Ksardas wieder herunter. Er muß ja einen Weg zur Oberfläche haben. Ab und zu wird auch er sein Heim verlassen wollen oder müssen. Auch er muß mal Vorräte besorgen.“
Die Bretonin klopfte mit ihrem Heilstab an die metallene Tür und wartete. Niemand öffnete. Sie schaute Durnehviir fragend an. Der schrie nochmals den Drachenschrei Auraflüstern aus, schaute und sagte zu Velaya: „Er ist da, ich kann seine Aura sehen und die anderer, nicht lebender Kreaturen. Hab Geduld! Der alte Zausel ist Besuch sicher nicht gewöhnt.“ Velaya hämmerte erneut gegen die Tür, diesmal mit einem Stein und daher noch lauter. Eine Projektion eines mit einer Robe bekleideten Elfen erschien neben ihr. Wohl so eine Art Türspion. Die Projektion musterte Velaya und fragte schroff und mit genervtem Unterton: „Weeer stört? ...“
Durnehviir übernahm ab hier und sprach den „Türspion“ an: „Ksardas, mach' hier kein Theater, mach auf und laß Dir den Grund unseres Besuchs erklären!“ Die Projektion sah erst jetzt den Drachen und rief überrascht: „Durnehviir? Bist Du das? Wie kann das sein? Das ist ein Trick, oder? Molag Bal, spar' Dir das, darauf falle ich nicht herein! Hörst Du?“ Durnehviir wurde es ein wenig zu bunt. Außerdem hatten sie nicht die Zeit für solche Spielchen. Er rief kurz „YOL“ und ein mittelgroßer Feuerball traf die Projektion, konnte der Gestalt aber nichts anhaben; sie war ja nicht wirklich da. Der Drache grummelte „Sehe ich aus wie ein Trick? Mach' Dich nicht lächerlich!“
„Woher weiß ich, daß Du echt bist? Durnehviir dürfte gar nicht hier sein, das kann er gar nicht.“ Durnehviir verstand, es war ein Test. Er antwortete: „Das kannst Du nur deswegen wissen, weil Du damals den Handel zwischen den Vollkommenen Meistern und mir vermittelt hast!“ er schwieg einen Moment und fügte dann hinzu: “Übrigens... Ich weiß genau, wie man so eine schwebende Insel aus der Bahn bringt... ein kleiner Felsbrocken bringt einen größeren aus der Bahn, trifft einen weiteren und schließlich Deine Wohninsel, die dann sicher den Weg zum Boden auch alleine findet. Spätestens dann kommt meine Freundin hier in die Trümmer Deines Turm rein!“ Jetzt war Ksardas überzeugt: „OK, OK, OK... Du bist der echte Durnehviir! Ich mach' ja schon auf! Moment, ich komme rauf.“
Ein paar Minuten später öffnete sich die Dwemer-Tür und der Dunkelelf trat heraus. Durnehviir hatte wohl noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen, denn er sagte ohne aufwändige Begrüßung grollend: „Wußtest Du, daß der Handel mit den Vollkommenen Meistern einen Haken hatte und ich eine Vampirin, eine UNSTERBLICHE bewachen sollte? Und daß ich deswegen jetzt im Seelengrab fest sitze, solange diese Valerica lebt, also theoretisch für immer?“ Ksardas kam ins stottern und antwortete kleinlaut: „Ähm... dieses kleine Detail haben sie mir damals nicht mitgeteilt, ich schwör's! Außerdem hast Du ja offensichtlich einen Weg gefunden, das Seelengrab zu verlassen.“ dabei schaute er ein wenig wie ein Kind, das man mit der Hand in der Keksdose ertappt hatte. Der Drache tat ihm aber nicht den Gefallen, Ksardas zu verraten, daß er das Seelengrab nur mit Kalryssias Hilfe verlassen konnte. Er ließ ihn also in dem Glauben, daß er kommen und gehen konnte, wie er wollte.
Der Drache hakte nach: „Was war eigentlich Dein Lohn für die Vermittlung dieses faulen Handels, Kerl !?!“ Der Dunkelelf antwortete: „Glaub mir, die haben mich auch ausgetrickst. Du willst die Details gar nicht wissen.“ Durnehviir entgegnete: „Laß gut sein, Elf. Hilf meiner Freundin Velaya bei ihrem Problem und wir vergessen diese alte Geschichte. Ansonsten... Ich liebe es, mit Felsbrocken und Wohninseln zu kegeln. Ein netter und beliebter kleiner Zeitvertreib für einen Dovah...! Also? Hilfst Du ihr?“ Der Magier schluckte… Man konnte dem Gesicht des Dunmer ansehen, wie er sich gerade vorstellte, wie seine Wohninsel unten auf dem Boden aufschlug. Er stammelte: „Jaja, ich helfe, und wie ich ihr helfe! Worum geht es denn?“ Velaya war sicher, daß Durnehviir gerade genüßlich grinste... was bei einem Drachen schon was heißen mag.
Durnehviir war klar, daß er bald zurück gerufen werden würde. Das wollte er Ksardas aber nicht sehen lassen. Er erklärte also: „Ihr braucht mich hier ja gerade nicht, ich drehe mal ein paar Runden. Wir sehen uns später.“ und verschwand im Himmel von Kalthafen. Velaya erklärte dem Magier nun ausführlich, weswegen sie gekommen war.
Kalryssia, Sera Na, Jadzia und Fareniel nutzten die Auszeit, um in der Leeren Stadt Kräfte zu tanken. Sie konnten geradezu auf der Haut fühlen, daß sie hier in Meridias Stadt vor den Schattenfürsten sicher sind, denn hier stellen sich ihre Haare nicht warnend auf. Sie schauten sich auf dem Marktplatz und im Lebensmittel-Laden um, um ihre Vorräte aufzustocken. Sera Na kaufte Zutaten, aus denen sie an der Kochstelle Feldrationen herstellen wollte und durstlöschende Getränke. Sie machten per Teleport einen Abstecher zu ihrem Haus Domus Phrasticus in Kargstein, wo Sera Na die Rationen und Getränke herstellte und übergab die überzähligen Einheiten ihrem Verwalter. Nach einem erholsamen Nickerchen in ihren eigenen Betten kehrten sie in die Leere Stadt zurück.
Jetzt wurde es Zeit, Meridia zu berichten, was sie bisher hatten. Die empfing sie mit den Worten: „Zum Glück geht es Euch gut. Ich konnte spüren, daß Ihr in Gefahr wart, doch bei dem Durcheinander an magischen Strömungen von Fürst Vivec und dem Schattenfürsten hatte ich keine Möglichkeit, einzugreifen. Gut, daß Fürst Vivec über Euch gewacht hat! Ihr müßt Vivec und Azura dazu bringen, in diesem Fall zusammen zu arbeiten. Das könnte etwas schwierig werden.“
Sera Na fragte nach: „Wieso das? Ihnen muß doch beiden klar sein, welches Unheil da draußen umher wandelt.“ Meridia erklärte: „Azura ist in Vvardenfell das Sinnbild für die Vergangenheit von Vvardenfell und Vivec für die Gegenwart und Zukunft. Da kommen sich ihre Interessen gelegentlich in die Quere, woraus über die Jahrhunderte nicht gerade Sympathien erwachsen sind. Beide haben sie ihren Dickkopf, einer wie der andere. Findet ihren moralischen Schwachpunkt, um sie zur Zusammenarbeit zu bewegen!“
„Kannst Du nicht einfach dazwischen gehen und mit der Faust auf den Tisch hauen?“ Fragte die Dunkelelfin. Meridia antwortete: „Um eine Trotzreaktion zu erzeugen? Glaubt mir, ich habe das in der Vergangenheit schon versucht. Die verbitten sich jede Einmischung in ihre Angelegenheiten. Da habt Ihr als Sterbliche es ausnahmsweise einmal leichter, als ich, da sie Euch das wohl kaum vorwerfen können. Almalexia und Sotha Sil waren mir dabei auch keine Hilfe.“
Nun, damit hatten sie einen klaren Auftrag. Momentan mußten sie auf Velaya's Ergebnisse warten, daher setzten sie sich auf die Bänke am Ufer des Sees in der Leeren Stadt und nutzten die Gelegenheit zur Entspannung. Sie lauschten der von Meridia beschützten Natur in der Leeren Stadt. Vogelgezwitscher und das Quaken einiger Frösche war zu hören. Ein lauwarmer Wind umspielte ihre Gesichter. Man könnte fast meinen, in Tamriel zu sein und nicht mitten in Molag Bal’s Reich Kalthafen. Fareniel legte sich ins Gras und schaute zum Himmel. Für ihre Freundinnen war dieser finstere Himmel ein befremdlicher Anblick, nicht so für die Schattenelfin, die hier in Kalthafen zuhause war. Für die Hüterin war eher der Himmel in Tamriel noch ein ungewohnter Anblick, auch wenn sie schon einige Monate Zeit hatte, sich daran zu gewöhnen.
Inzwischen hatte Velaya den Dunkelelfen ins Bild gesetzt. Die Bretonin und Ksardas schritten die Treppen zu seiner Behausung hinab. Der Magier erklärte der Bretonin, er habe die Behausung umgekehrt konstruiert, also in den Fels der schwebenden Wohninsel hinein. So konnte man ihn von der Oberfläche aus nicht sehen und es versuchte niemand, ihn in seiner Behausung zu besuchen. „Jedenfalls bis heute nicht!“ wie der Dunmer mürrisch betonte. Velaya spürte deutlich, daß sie nicht willkommen war. Ksardas war offenkundig ein Magier von der Sorte, die keine Gesellschaft ertrugen.
Der Platz war gut genutzt. Schon im Treppenhaus befanden sich an der Wand entlang der Wendeltreppe des Treppenhauses Bücherregale. Ab und zu befand sich zwischen zwei Regalen eine Tür, die in einen Raum führte, der in den Fels hinein gehauen war. Sie gingen an einigen Türen vorbei. Eine Tür machte die Magierin neugierig. Im Vorbeigehen hatte sie hinter einer Tür mit einer Art Kraftfeld viel Grün gesehen und helles Licht. Sie ging noch einmal ein paar Schritte zurück und schaute in einen rechteckigen Raum mit Beeten und magischer Beleuchtung. Einige Skelette arbeiteten mit Feldwerkzeugen auf den Beeten und bauten Pflanzen an. Ksardas erklärte: „Ich baue meine Nahrung hier selbst an und habe noch so einen Raum, in dem ich Alchemiezutaten züchte. In einem weiteren Raum habe ich einen kleinen Fischteich und Hühner. So muß ich so gut wie nie auf die Oberfläche und bleibe von weltlichen Einflüssen verschont. Du ahnst ja gar nicht, wie sehr diese ablenkenden Einflüsse Deinen Geist stören und Deine Schaffenskraft behindern...“
Velaya war etwas aufgefallen: „Die Räume im Inneren Deiner Behausung sind deutlich größer, als die schwebende Insel selbst oder täuscht mich der Eindruck?“ Die Magierin hatte schon viele seltsame Dinge gesehen, daher war sie wohl nicht halb so erstaunt, wie es andere Besucher wären. Ksardas erklärte: „Du hast Recht. Manche der Türen sind fest installierte Teleporter, die zu Höhlen auf anderen Inseln und anderen abgelegenen Orten auf Nirn führen. Das heißt, dieses Gewächshaus ist eigentlich auf einer der Nachbarinseln. So ist das auch mit dem Raum mit den Alchemiezutaten. Ich kann auf diese Weise mein Heim beinahe beliebig erweitern.“ Während sie darüber sprachen, durchquerten sie einen Korridor mit sechs Portalen. Drei auf jeder Seite des Korridorts, eine Art Nexus. Der Korridor mündete in ein Treppenhaus mit einer Wendeltreppe.
Sie gingen weiter und traten durch eine dieser Teleporter-Türen. Sie befanden sich nun im Turm der Nachbarinsel und konnten aus dem Fenster über die Leere Stadt hinweg blicken. Schließlich gelangten sie in ein Arbeitszimmer. Ein Skelett fegte unermüdlich mit einem Reisigbesen den Boden. Am Rand waren im Boden viereckige Vertiefungen eingelassen, in denen exakt dort hinein passende Metalleimer standen. Dort fegte das Skelett den Schmutz hinein. Velaya nahm aufgrund dieser Beobachtungen an, daß Ksardas mit Nekromantie bestens vertraut war und wußte, wie er sie sich zunutze machen konnte. In Tamriel würde man ihn wegen dieser geächteten Art Magie wohl verfolgen und versuchen zu bestrafen. Immerhin geht es bei Nekromantie immer um die Störung der Totenruhe und oft um die Entweihung der verwendeten Leichname, die in der Regel zu ihren Lebzeiten nicht die Erlaubnis für die Entweihung ihrer Überreste erteilt haben.
Ein Skamp brachte gerade einen dieser Schmutzeimer zurück und stellte ihn in seine zugehörige Vertiefung im Boden. Er hatte ihn wohl eben ausgeleert. Ksardas nutzte also auch Beschwörungsmagie, um daedrische Diener für seine Zwecke einzusetzen. Damit wurde der Bretonin auch klar, womit sie zu rechnen hatte, falls sie Ksardas aus welchem Grund auch immer bekämpfen mußte. Sie traute diesem Dunkelelfen nicht so recht. Er hatte immerhin keine Skrupel, Totenbeschwörung zu seinem Vorteil zu nutzen und paktierte wohl auch mit Daedra, falls das für ihn nützlich war. Er half ihr wohl wirklich nur, weil er Durnehviir's Zorn fürchtete. Das würde sie gut im Hinterkopf behalten.
Velaya schaute in das Gesicht des Magiers und versuchte, sein Alter zu schätzen. Dem Gespräch mit
Durnehviir zufolge mußte er mehrere Jahrhunderte alt sein, doch das sah man ihm nicht an. Er hatte wohl einen Weg gefunden, das Altern stark zu bremsen. Sie erinnerte sich spontan an das Kothringi-Dorf Nimmerruh. Als sie das Dorf zum ersten Mal betrat, fand sie dort Menschen mit silbrig schimmernder Haut vor; ähnlich, wie sie es bei Ksardas sehen konnte. Als sie dem Dorf ihre Hilfe anbot, offenbarten die Bewohner ihre wahre Gestalt. Sie waren in Wahrheit Skelette. Untote, die durch einen... „Handel“ mit Clavicus Vile eine Seuche überlebten, danach aber zu ewiger Existenz als Skelette verdammt waren. Einige Dorfbewohner wollten nach so langer Zeit endlich Ruhe finden, andere fanden den Zustand prima. Velaya mußte für das Dorf entscheiden, was für sie besser war und entschied sich dazu, den Handel mit Clavicus Vile zu beenden, damit die Bewohner endlich Frieden finden konnten.