Der Schlunz von Lorkhaj – Ein Drama in drei AktenEinleitung:
Lorkhaj! Der göttliche Trickser, der Schelm! Betrüger der Götter und generell ein Loki-hafter Tunichtgut. Was für ein schöner, mal anders gestalteter Trial hätte das werden können.
Tl;dr: Wurde er nicht.
Lorkhaj ist ein Aspekt des göttlichen Tricksers, des verschlagenen Schelms, der den anderen Göttern gegenüber oft als Antagonist gegenüber tritt oder ihnen zumindest oft ein Schnippchen schlägt. Er verkörpert Aspekte, die in Tamriels Kulturen auch unter den Namen Lorkhan, LKHAN, Sheor, Shor oder Sep bekannt sind. Für uns europäische Terraner kann man gut Loki nehmen, der schlägt ins selbe Kerbholz und heißt ja auch fast genauso.
Ich muss gestehen, meine Erwartungen speisten sich hauptsächlich aus dem Leitmotiv der Diebesgilde. Immerhin erschien der Trial ja zusammen mit dem Setting in einem DLC. Gegenseitiger Bezug wäre also nicht zu weit hergeholt gewesen. Insofern könnte man annehmen, dass Zenimax sich für den Trial etwas Besonderes hat einfallen lassen, einen Parcours vielleicht, ein Spießrutenlauf, in dem man eben genau diese Aspekte von Lorkhaj repräsentieren muss: Verschlagenheit, Trickserei, Ausweichen, sich im Schatten tummeln, Verborgenes entdecken. Sowas halt… Leider scheint das nicht der Fall zu sein, Zenimax hat alte Konzepte aufgewärmt und breitgewalzt.
Hauptteil:
Die Stadt Abah’s Landing repräsentiert für mich ein wenig, wie der Trial in hätte sein sollen oder können: Verschachtelte Wege, mehrere Etagen, über dünne Planken rennen, Wächter mit Laternen, tausend (entschärfbare) Fallen, Akrobatik und ab und an mal ein Schloss knacken, um zu einem Seitentunnel zu gelangen. Man gewinnt vielleicht einen Eindruck, was mit vorschwebt.
So hätte ich mir auch gut den Trial vorstellen können: Während drei Leute irgendwas in Schach halten (Boss oder Hindernis), gehen drei andere Spieler auf Abwege und kappen eine Kraftquelle, drei weitere müssen schon den nächsten Fluchtweg klarmachen und die anderen drei sind beschäftigt, in mehreren Räumen Fallen zu entschärfen, damit’s dann schneller geht für alle. Das Ganze möglichst auf drei, vier Etagen mit Möglichkeiten, irgendwo runterzufallen. Danach Rollen- und Etagenwechsel: Alle plumpsen in einen Raum, der sich mit Wasser füllt. Die eine Gruppe muss los und Steine zum Verstopfen sammeln, während die anderen wieder „Indy Jones“-Dinge tun müssen, damit nicht alle absaufen. Anschließend geht’s dann über ein riesiges Balkengerüst, wo zeitlich begrenzte Wege geöffnet werden müssen, während Bogenschützen ausgeschaltet werden und unter einem ein tödlicher Lavastrom dahin fließt. Elder Scrolls meets Pitfall/Aztec Challenge. Was für ein Heidenspaß hätte das werden können!
Die Bosse, die sicherlich nötig sind für einen Trial, hätte man da auch gut einbinden können. Und man hätte natürlich auch ein paar Aspekte vergangener Trials oder Dungeons nutzen können, um diese Atmosphäre zu erreichen:
- Aufteilung in kleine Teams, ein Team muss links rum, eines rechts rum
- Balancieren und Springen auf schmalem Grat
- Gemeinsames Aktivieren des nächsten Wegabschnitts
- Erwischt und in einen Käfig gesperrt werden
- Generell klettern, springen, laufen, schleichen müssen
Marooc’s Pfad der Dunkelheit aus der DG-Storyline kommt mir da in den Sinn, oder der „Nightingale“-Pfad aus Skyrim, oder das ‚Trespassing‘ aus der Storyline der Diebesgilde, wo man sich dann auch in Wäschekörben verstecken kann, oder, oder, oder…
Sogar bei Indiana Jones – der Mutter aller gewiefter Tempeldiebstahl-Handlungen – hätte man fündig werden können, hätte man sich mal abseits der ausgelatschten Pfade von Schere-Stein-Papier bewegt und sich ein wenig gedanklich mit Aspekten beschäftigt, die eben mehr mit Einbruch-Schleichen-Aushebeln zu tun haben. Diebesgilde halt.
Was erhalten wir stattdessen? Wir prügeln uns wieder von Raum zu Raum und Mob zu Mob. Dann stehen da Bosse in größeren Räumen und warten auf den Pull. Dann Tank, Heal, DPS. Natürlich sind die Mechaniken erst mal wieder hart, die Bosse hauen wieder viel Schaden in Form von verschiedenen „Zwiebelschichten“ raus, die man erkennen muss. Dann kommen abwechselnd wieder Adds, die man umhackt, dann wieder Boss, dann Raum clear (or not). Das wäre dann jetzt der vierte Trial, der so aufgebaut ist und – sorry! – was das mit dem Gott der Trickser zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Der Story-Hintergrund dieses Trials ist x-beliebig, während er bei den Trials in Kargstein wenigstens noch durch die dortige Storyline aufgebaut wurde. Klar, da stehen Khajiit herum und das Motiv der Zwei Monde oder des Lunar Lorkhan ist ja bekannt, aber es wirkt inhaltlich einfach reingeramscht. So bleibt der Schlund ein für mich deplatziert wirkender Versuch, wieder mal 12 Leuten etwas Neues zu zeigen, ohne ihnen all zu viel Neues zuzumuten.. Aber ‚neu‘ ist eben nicht ‚tiefsinnig‘, und da krankt es eben.
Seit dem "Sanctum" ist nun auch viel Zeit vergangen. Ich schätze einfach mal, dass auch solche Elemente, wie ich sie aufgezählt habe, ins Design eines neuen Trials hätten einfließen können, vor allem weil es einige dieser Designentscheidungen ja bereits im Spiel gibt. Ergo: Meine Mutmaßung ist, dass ein solcher Trial zeitlich hätte drin sein können, was die Entwicklung angeht. Die Entscheidung, Altbackenes zu verwursten (was für ein Wortspiel!) muss also woanders herkommen, und egal warum - ich finde es schlicht schade, dass es so gekommen ist.
Schluss:
Für mich ist der „Schlunz“ von Lorkhaj eine Enttäuschung, mechanisch und thematisch. Die Halbwertszeit dieses Trials kann man nur abschätzen, ebenso die Zufriedenheit der Spieler mit dem üblichen, simplen Prinzip Tank-Heal-DPS. Ich sehe aber schon die vertane Chance, hier mal vom 0815-Konzept eines Raids …tschuldigung Trials… abzuweichen und sich etwas „Diebesgildisches“ (oder lieber „Aggressiv Archäologisches“) auszudenken.
Jetzt mag es Leute geben, die sagen: „Moment mal! Ich will mit der Diebesgilde nichts zu tun haben!“ Das ist natürlich okay. Mir geht es aber nicht um die Mitgliedschaft in der DG, sondern um eine inhaltlich kreativere Auseinandersetzung mit Dingen, die Spieler in einem Trial machen können. Mit Anreizen, die mal nichts mit 1, LMB, 1, LMB, 1, LMB, 2, 1, LMB, Leistenwechsel, 1, 2, 3 usw. zu tun haben, sondern auch mal andere Sinne ansprechen als Tastengehacke. Und man könnte sowas sicherlich auch in den Leaderboards abbilden, denn Punkte kann man für alles vergeben, auch für Handeln unter Zeitnot und Aufgabenteilung in einer 12er-Truppe.
Vielleicht sehen wir ja auch mal neue Dungeons, die das Prinzip der „Heists“, also die täglichen Solo-Beutezüge mit dem Prinzipeiner 4er-Gruppe kreativ verbinden. Wünschenswert wäre es sicher.
Ich hoffe, das ist nun auch sachlich genug, um nicht gleich die "Deal with it" Fraktion auf den Plan zu rufen oder diejenigen, die nur mit der Standardisierbarkeit von Leaderboards argumentieren. Mir geht's da nicht so sehr drum, nur darum aufzuzeigen, was da inhaltlich schief gelaufen ist, und welche Alternativen aus meiner Sicht gangbar gewesen wären. Ja ich weiß, Kind im Brunnen und so weiter...