Wartungsarbeiten in der Woche vom 23. Dezember:
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Es begann eigentlich harmlos.
Dass der Rotschopf des Dres-Anwesens häufiger unter Albträumen litt, war niemandem etwas Neues, der seinen Schlaf mitbekam im Schlafsaal des Anwesens oder an anderen Orten und bereitete eigentlich keinen Grund zu ernsthafter Sorge, solange es den Dunmer nicht im Wachzustand beeinträchtigte. Was schließlich dennoch Sorge zu bereiten begann, war die plötzlich zunehmende Intensität, die dem Mer schließlich keine Ruhe mehr ließ und ihm den Schlaf gänzlich raubte. Seine Schreie beim Aufwachen riefen letztendlich die Heilerin des Anwesens auf den Plan, welche sich gezwungen sah, einzugreifen. Die Schreie zeugten von körperlichem Schmerz, was ungewöhnlich genug war für Träume, doch ahnte man zunächst nicht, was wirklich dahintersteckte.
Zu Beginn vermuteten sowohl die Heilerin als auch Mavis, dem der Zustand des Rotschopfes ebenso wenig entging, die Ursache in der Psyche des Dunmers. Schließlich hatte er mehr als genug Pakete zu tragen, die aus seiner turbulenten Vergangenheit herrührten. In einem längeren Gespräch mit Saatha Morvayn versuchte der Geplagte, den ungewöhnlicherweise exakt wiederkehrenden Traum zu analysieren, Bezüge herzustellen zu seinen Sorgen und Ängsten und Wege zu finden, diese Sorgen und Ängste im Lauf der Zeit aufzulösen. Noch ahnte niemand, welches Ausmaß dieser Traum haben würde.
Erst, als es am Abend dazu kam, dass Rhilvas ohne es zu wollen mitten im Stehen in Mavis' Gegenwart in tiefen Schlaf fiel, aus dem er nicht herauszuholen war, kam die Ahnung auf, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Nichts konnte den Mer wecken, weder der laute Ruf nach der Heilerin aus Mavis' Kehle, noch dass er bewegt und möglichst bequem auf der Terasse gebettet wurde während er schlief und offensichtlich erneut von jenem grässlichen Traum heimgesucht wurde. Der Umstand, dass sein Einschlafen derart erzwungen und unnatürlich ablief, brachte die Heilerin schließlich dazu, Rhilvas vor den Dres für arbeitsunfähig zu erklären und ihn freizustellen.
Die Vermutung, dass die Fürstin Vaermina hinter dem Phänomen steckte, war nun recht naheliegend und während der Mer weiterhin in seinem Traum gefangen war, besprachen Mavis und Saatha mögliches weiteres Vorgehen und Möglichkeiten, den Dunmer vor dem Zugriff des Fürsten zu schützen. Es dauerte nur zwei Stunden, in denen Rhilvas von seinem Traum gequält wurde, bis er erneut schreiend erwachte und offensichtlich alles andere als erholt war. Der Schlafmangel setzte ihm deutlich langsam auch körperlich zu.
Auch wenn ebenso die Vermutung aufkam, dass Luez Thelis in die Sache verwickelt oder gar die Ursache sein könnte - schließlich war sie ein Inhalt des Traumes -, ahnte zu jenem Zeitpunkt niemand, was zur gleichen Zeit alles an einem ganz anderen Ort Vvardenfells, unweit von Balmora vor sich ging.
Während Saatha Morvayn sich nach der durchwachten Nacht erschöpft zur Ruhe begab, nachdem drei weitere Schlafversuche des Rotschopfes mit dem immer gleichen Ergebnis fehlschlugen, schleifte Mavis den ebenso mehr als erschöpften Mer nach Suran in die Klinik, um weitere Hilfe und Meinung von Nevrel Dath'harian einzuholen. Im Wachzustand war an Rhilvas jedoch nichts zu finden, das ungewöhnlich oder magischen Ursprunges war und so beschloss man, ihn mit Hilfe eines Aufputschmittels möglichst lange wach zu halten, um Vorbereitungen zu treffen für den Fall, dass er erneut in den Schlaf und damit den Traum gezogen würde.
Zur gleichen Zeit gingen ähnliche Dinge auf einem kleinen Anwesen unweit von Balmora vor sich.
Aphelion, ein eher unbekannter Drogenabhängiger und Taugenichts, der in den Straßen Surans lebte, schien ebenso derart unter Albträumen oder Horrortrips zu leiden, dass er von den übrigen Obdachlosen kurzerhand aus der Zufluchts-Ecke verjagt wurde, "bis er wieder runterkommt". Nichtsahnend machte der junge Dunmer sich auf den Weg zu jenem Anwesen, in dem die einzigen Freunde lebten, die er hatte: Luez und Nazrilh.
Dort angekommen dauerte es, bis ihm ein sichtlich gereizter und aufgebrachter Nazrilh die Tür öffnete und ihn sogar hastig ins Haus zerrte. Wie sich herausstellte, lag Luez bereits seit einem Tag und einer Nacht in einem tiefen, unnatürlichen Schlaf und jeder Versuch - egal wie verrückt er war - sie zu wecken, schlug fehl. Die Rothaarige wachte einfach nicht auf, egal, was die beiden langsam verzweifelnden Chaoten auch versuchten. Also blieb nichts anderes übrig, als Hilfe zu holen in Form des Großvaters der Rothaarigen. Es stellte sich heraus, dass er ebenso unter wiederkehrenden Albträumen litt, wie Nazrilh und Aphelion, auch wenn jeder Traum einen auf den jeweils Träumenden zugeschnittenen, grausamen Inhalt hatte. Weiterhin herrschte Ratlosigkeit, denn auch der ältere Thelis war nicht in der Lage, Luez aus ihrem Schlaf zu holen und auch hier erhärtete sich der Verdacht, dass Vaermina auf die Dunmer Einfluss nahm.
Klar wurde dieser Verdacht insbesondere, als alle anwesenden Dunmer zur gleichen Zeit wie Rhilvas auf dem Anwesen ohne es zu wollen in den Schlaf und zurück in ihre Träume gezwungen wurden.
Nach dem Erwachen war keiner mehr bereit, noch einmal zu schlafen, egal wie erschöpft und zermürbt insbesondere die jüngeren Dunmer bereits ob des Schlafmangels waren. Doch Luez erwachte auch diesmal nicht. Ratlos beschloss man also, sie zumindest mit Wasser zu versorgen und das Haus nicht mehr zu verlassen, bis man wusste, was genau hier vor sich ging, nachdem der ältere Thelis eine Nachricht seiner Frau erhielt, in der sie ihn wissen ließ, dass auch sie nun von wiederkehrenden Albträumen heimgesucht wurde. Die Sache war also ansteckend und um eine weitere Verbreitung zu verhindern, blieb man im Haus und schickte nur die Dienerin der später angereisten Gattin des Thelis in die nahe Stadt, um das nötigste einzukaufen.
Auch am zweiten Abend stellte sich keine Veränderung oder gar Besserung bei den Betroffenen ein. Wieder wurden sie zur gleichen Zeit wie am Vorabend in unnatürlichen Schlaf gezwungen, ohne etwas dagegen tun zu können und ohne dass Tränke oder andere Maßnahmen auch nur im Ansatz hilfreich waren.
Rhilvas fiel in der Klinik in Anwesenheit von Nevrel und Mavis in den daedrischen Schlaf, was sogleich dazu genutzt wurde, magisch die Ursache zu ergründen zu versuchen. Doch blieben die Versuche, den Einfluss zu verorten und in den Traum einzudringen, um den Mer von innen herauszuholen, erfolglos. Zu mächtig war der Einfluss Vaerminas, der sich auch von einer magischen Schutzbarriere um den Schlafenden unbeeindruckt zeigte. Wenigstens konnte zweifelsfrei festgestellt werden, dass die wirkende Macht eindeutig von der Fürstin stammte.
Gleich nach dem Erwachen des Dunmers, das genauso schreiend vonstatten ging, wie bei jedem Mal, wollte Mavis ihn dazu zwingen, über ein kleines, unscheinbares Artefakt im Besitz des Magiers in eine Taschenebene einzutreten, doch wehrte sich der mittlerweile geistig Zermürbte zunächst erfolgreich dagegen, obwohl Mavis nach kurzer Diskussion sogar Gewalt anzuwenden versuchte. Resigniert und am Ende seiner geistigen und körperlichen Kräfte willigte Rhilvas am Ende doch ein, sich in die Taschenebene zu begeben, in der Hoffnung dort vor dem Zugriff des Fürsten sicher zu sein, und um Mavis und Nevrel Zeit zu verschaffen, Vorbereitungen dafür zu treffen, ihn aus Modderfenn zu befreien, sollte er dort hängenbleiben und nicht mehr zurück in den schlafenden Körper auf Nirn finden.
Die Taschenebene selbst war zunächst nicht unbedingt viel besser als das Reich der Albträume, auch wenn Rhilvas dort auf keine anderen Wesen traf und ihm kein gewaltsamer Tod drohte. Doch der endlos im Kreis verlaufende Gang, in dem sich hier und da Raum und Zeit verzerrten, konnte einen zu lange dort eingesperrten durchaus den Verstand kosten. Dass er dort jedoch erst einmal besser aufgehoben war als in der Klinik, sah der Rotschopf gleich ein, als Mavis ihm nach einiger Zeit in die Ebene folgte und ihn darüber unterrichtete, dass nun auch die beiden Heilerinnen Saatha und Nevrel von Albträumen befallen waren. Es breitete sich eindeutig aus. Einzig Mavis blieb verschont trotz seines regen Kontaktes zu den Befallenen, schlicht auf Grund der Tatsache, dass er die Fähigkeit überhaupt zu träumen nicht besaß.
Da man sich nicht sicher sein konnte, ob die Taschenebene wirklich einen Schutz darstellte, machten die beiden Dunmer sich daran, Rhilvas irgendwie darauf vorzubereiten und darauf zu konditionieren, im Traum zu realisieren, dass er träume. Dazu stellten sie den Traum des Rotschopfes wieder und wieder nach, damit er üben konnte, ruhig zu bleiben und sich zu konzentrieren, mit Mavis in der Rolle des Fremden, der im Traum Rhilvas den Tod brachte. Ebenso schärfte der Magier ihm ein, dass es theoretisch möglich sein müsste, die Realität eines Traumes willentlich zu verändern, sobald ihm der Umstand des Träumens bewusst wurde. Und dieses Wissen sollte ihm später tatsächlich von Nutzen sein.
Die Taschenebene schützte nämlich nicht davor, erneut zur gleichen Zeit am dritten Abend einzuschlafen und in einen Traum einzutreten.
Diesmal war alles anders. Es war nicht mehr der gleiche Traum, in dem Rhilvas landete. Und nicht der gleiche Traum, in dem alle anderen landeten, die verwirrt und misstrauisch an jenem fremden Ort erwachten. Diesmal träumten die meisten von dieser seltsamen "Traumepidemie" befallenen gemeinsam und diesmal waren sie handlungsfähig.
Fünf Dunmer und ein Altmer waren es, die zusammen nach vermutlich Modderfenn geworfen worden waren und zumindest Nazrilh und Nevrel waren Rhilvas bekannt, ebenso vage jener Kurier Selvil Farano. Völlig unbekannt waren der andere ältere Dunmer und der Altmer. Und an jenem Altmer, der sich später als Sylvin vorstellte, bewies sich sehr eindeutig, dass es wichtig sein konnte, welche Kleidung zum Zeitpunkt des Schlafzwanges getragen wurde... Oder vielmehr, dass überhaupt Kleidung statt anzüglicher Bemalung getragen wurde.
Noch kam der Ort niemandem bekannt vor und bemüht, den recht kuriosen Altmer-Unfall zumindest visuell zu ignorieren, machte man sich auf den Weg über die Brücke. Einzig Sylvin schien bester Laune zu sein und hing sich gleich an Nazrilh (zu dessen Leidwesen), als sich herausstellte, dass der junge Dunmer verlobt mit Luez ist und Sylvin ein alter Freund von eben jener sei. Eine Verbindung, die zumindest eine Erklärung für die Anwesenheit des Altmers bot.
Sobald die Brücke mit argwöhnischen, aufmerksamen Schritten und begleitet von einem seltsam blumigen Duft überquert war, sah man sich einem massiven, riesigen und wenig einladenden Gebäude gegenüber. Doch wurde von irgendwo rechts des Gebäudes der Ruf eines Guars an die Ohren der Mer herangetragen. Der Ruf nach der Herde eines einsamen Tieres. Beinahe trennte sich hier die Gruppe, denn die einen wollten in das Gebäude hinein, während die anderen dem Guarrufen folgen wollten. Dass das meterhohe Tor des Gebäudes sich von allen Versuchen Nazrilhs, es zu öffnen, unbeeindruckt zeigte, besiegelte schließlich den Weg der gesamten Gruppe. Man folgte gemeinsam den Rufen des Tieres, das auf die Imitation seitens Selvils sogar antwortete.
Warum das arme Tier nur antwortete und sich nicht auf die Gruppe zubewegte, stellte sich sehr bald heraus, als die Gruppe eine sumpfige Gegend betrat, die Trübmoor und vor allem dem Traum Nevrels nicht unähnlich war. Das rufende Tier war recht schnell entdeckt auf der anderen Seite eines kleinen Tümpels, in dem es gefährlich und beständig blitzte. Das Wasser stand unter Strom und der Guar tat gut daran, es nicht zu durchqueren zu versuchen. Der Schädel eines bereits toten Guars zeigte deutlich, dass man sich von diesem Wasser besser fernhielt.
Das Tier selbst kam Rhilvas und Nazilh doch recht bekannt vor und bei näherer Betrachtung und bei der Reaktion des Guars auf den Namen "Pudding" stellte sich eindeutig heraus, dass es sich um das Tier handelte, das einst Luez gehörte. Ein Hinweis auf ihre Anwesenheit in dieser seltsamen Welt?
Nevrel und Rhilvas beschlossen, sich dem Tier zu nähern und es irgendwie von seinem Standort wegzuholen und während Nevrel mit einem kleinen Ast das blitzende Wasser testete, erinnerte sich der Rotschopf an die Worte, die Mavis ihm eingeschärft hatte bezüglich der Möglichkeit, einen Traum zu verändern, sobald man sich des Träumens einmal bewusst war. Der Rest der Gruppe hielt sich im Hintergrund; Sylvin machte es sich auf einem nahen Baum bequem und Selvil schien mit eigenen inneren Dämonen zu kämpfen, während Rhilvas sich gänzlich auf das Wasser des Tümpels konzentrierte. Und sein Versuch funktionierte tatsächlich, das Wasser beugte sich seinem Willen und zog sich zurück, sodass er unbeschadet durch das Bett des Tümpels zu dem armen Tier gehen konnte, um es zur Gruppe zu führen.
Mit Hilfe des älteren Dunmers gelang es Selvil während dieser Rettungsaktion langsam, wieder klarere Gedanken zu fassen und die Frage zu stellen, die vermutlich die meisten der Gruppe beschäftigte. Was war hier los? Warum waren sie alle hier und wie breitete sich das ganze überhaupt aus? Was konnte man dagegen tun?
Alle Fragen konnten nicht beantwortet werden, zum einen, weil nicht auf alle Fragen die Antwort bekannt war und zum anderen, weil der Gruppe die Zeit dazu nicht gewährt wurde. Mit einem Mal intensivierte sich der blumige Duft, der die Mer bereits die ganze Zeit begleitet hatte, und in dem Schädel des toten Guars entdeckte man weiße Lilien, die zuvor noch nicht da waren.
Ein Tag war den von dem gemeinsamen Traum betroffenen vergönnt. Ein Tag, in dem jeder sich wohlweislich vorbereitete für den Fall, dass alle wieder in einen gemeinsamen Traum gezogen würden. Ebenso war allen Erholung vergönnt gewesen, dieses Mal hatten sie länger schlafen und Kraft regenerieren dürfen.
So ließ Rhilvas sich seine Rüstung und Waffen vom Anwesen der Dres bringen, um am Abend voll gerüstet und bewaffnet dem Schlaf anheim zu fallen.
Offenbar war er nicht der Einzige, der auf die Idee kam, gerüstet zu Bett zu gehen, denn als der nächste Traum begann, fanden sich alle wieder an gleicher Stelle wie in der Nacht zuvor, und die meisten waren ebenso bereits gerüstet und bewaffnet. Und zu aller Erleichterung trug auch der Altmer Sylvin diesesmal Kleidung am Leib.
Lange fackelte man diesmal nicht, sondern überquerte gleich gemeinsam die Brücke, um wieder auf den Guar Pudding zu treffen, der nun frei vor dem massiven Gebäude herumstreunte und nicht recht wusste, wohin mit sich. Allerdings witterte das Tier auch nach links in östliche Richtung, von wo ein kälterer Windhauch heranwehte. Irgendetwas musste wohl dort sein. Und da die Tore der Festung noch immer verschlossen wirkten, beschloss man kurzerhand nachzusehen, was links des Gebäudes liegen mochte.
Kälte umfing die Gruppe, je weiter sie sich einem Gebiet näherte, das stark an die verschneiten Weiten Ostmarschs erinnerte. Ebenso war neben dem beständigen Dröhnen, das allgegenwärtig war wie der blumige Duft, das Rauschen von Wasserfällen zu hören, die bald auch sichtbar wurden für die Gruppe. Das eisige Wasser floss in einen kleinen Fluss oder Teich, der nur zum Teil zu gefroren war. Auf einer der Schollen befand sich ein weiteres Tier. Ein Wolf, der eine Laterne und weiße Lilien zu bewachen schien.
Doch wirkte es, als habe der Wolf die Gruppe bereits erwartet. Das Tier war nicht aggressiv, sondern beäugte in gar freudiger Erwartung die Elfengruppe, die sich zunächst argwöhnisch umsah, unschlüssig, ob es nun auch galt dieses Tier von der Scholle zu retten. Es wirkte zumindest nicht so, als könnte der Wolf nicht auch selbst die Scholle verlassen und so suchte man zunächst nach Hinweisen auf Luez' Anwesenheit, da diese Gegend keinem Traum der Anwesenden entsprach. Rhilvas zumindest äußerte die Vermutung, dass die Mer sich womöglich gar nicht durch die Träume der Gruppe bewegten, sondern durch Erinnerungen von Luez. Erhärtet wurde dieser Verdacht durch das Geständnis des Altmers, dass er einst Luez in Ostmarsch getroffen habe.
Konkrete Hinweise ließen sich nicht so recht finden und so machte Rhilvas sich kurzerhand daran, sich dem Tier auf der Scholle zu nähern, um die Laterne an sich zu nehmen. Die Blumen waren die gleichen, die im Traum zuvor bereits als "Lohn" für die Rettung des Guars erblüht waren, also beschloss er, auch sie einzusammeln, da niemand sich so recht erklären konnte, warum sie hier bereits vorhanden waren ohne dass irgendetwas getan worden war.
Der Gedanke, die Laterne zu nehmen, schien der richtige zu sein, denn der Wolf reagierte auf das Vorhaben des Rotschopfes. Aufgeregt wedelte er um den Dunmer herum und stupste die Laterne an, heulte gar auf, als Rhilvas sie anhob und auch die Blumen aufsammelte.
Doch kaum hatte der Dunmer sich aufgerichtet, schwoll das allgegenwärtige Dröhnen zu einer Lautstärke an, die sogar den Boden vibrieren ließ und ein metallisches Knirschen aus Richtung der Festung verriet, dass die Tore sich geöffnet haben mussten. Ebenso folgte ein weiterer, mehr als deutlicher Hinweis darauf, dass die Gruppe schleunigst aus der kalten Gegend verschwinden sollte in Form der spitzen Felsen, die weit über den Köpfen der Mer auf dem Vorplatz der Festung in er Luft eingefroren schienen - und jetzt mit aller Wucht in der direkten Umgebung der Gruppe einschlugen und dabei mindestens einen der Bäume zerschmetterten.
Der Wolf verschwand ins Nichts davonlaufend und die Mer nahmen die Beine in die Hand, um zum Tor der Festung zu fliehen, das tatsächlich einen Spalt weit offen stand...
In der Festung, in die die Gruppe hineinschlüpfte, bot sich den Mer ein völlig unerwartetes Bild. Ein Garten war zu sehen, ordentlich und ansehnlich gepflegt, mit einem gewundenen Weg, der vorbeiführte an einer Guarstatue und einem edlen Springbrunnen. Rechtsseitig des Raumes fand sich eine blumenumrankte Tür, die von einem großen, schwarzen Senche bewacht wurde, der die Gruppe genau im Auge behielt, auch wenn er sich ansonsten friedlich verhielt.
Und in diesem hübschen Garten tauchten aus dem Nichts zwei rothaarige Dunmer auf. Luez und genau der männliche Dunmer, der Rhilvas in seinem persönlichen Traum stets umzubringen pflegte. Die beiden jedoch nahmen keine Notiz von der Gruppe, als wären die Mer Geister für sie und spazierten den Weg entlang, in ein lautloses Gespräch vertieft. Tatsächlich schien es sich nur um Trugbilder zu handeln, denn als Sylvin Luez freudig begrüßen und seine Hand auf ihre Schulter legen wollte, glitt diese einfach durch die Dunmer hindurch wie durch Luft.
So beobachtete man zunächst den Weg von Vater und Tochter bis hin zu einem Busch, an dem genau jene Lilien blühten, deren Duft allgegenwärtig war und die bereits auf der Eisscholle und in dem Guarschädel zu finden gewesen waren. Das noch immer lautlose Gespräch der beiden Mer wirkte friedlich und noch immer nahmen sie keinerlei Notiz von den Mer, selbst als diese sich näherten und direkt neben den Rothaarigen standen und beobachteten. In aller Ruhe pflückte das Abbild Luez' eine der Lilien und trug sie wohl auf Anweisung ihres Vaters hin, was allein anhand der Gestik und Mimik der beiden ausgemacht werden konnte, zu einer erhöht stehenden Schale mit Wasser, die bereits von Selvil und seinem Begleiter näher beäugt wurde.
Die Blume versank im Wasser und ein kurzes, blaues Aufleuchten war zu sehen, gefolgt von dem Geräusch eines sich öffnenden Eisentores. Ein Tor zu einem weiter hinten liegenden Raum, das zu Rhilvas' Leidwesen über und über mit Spinnennetzen behangen war. Gelähmt von seiner Arachnophobie blieb der Dunmer zunächst hinter der Gruppe zurück, die sich unschlüssig und vorsichtig weiter vorwärts bewegte. Diesmal waren es Selvil und Mavren, sein Begleiter, die vorangingen und vorsichtig die Spinnweben beiseite schoben, um das Tor freizulegen.
Ebenso war es Selvil, der auf die Idee kam, die Blume, die Rhilvas von der Eisscholle genommen und noch bei sich hatte, ebenso in das Becken zu werfen. Diese Aufgabe überantwortete der Rotschopf kurzerhand und völlig eingenommen von seiner Phobie Nazrilh, der sich natürlich nur wenig begeistert davon zeigte.
Dann passierte fast alles gleichzeitig...
In dem Raum hinter dem netzverhangenen Tor stank es fürchterlich nach verbranntem Fleisch und Haaren und von der Decke hingen unzählige Ketten, Hacken und Seile, an denen offenbar in Säcke gepackte Leichen kopfüber befestigt waren. Ebenso hingen dort seltsame Gebilde, die wie Sanduhren aussahen. Doch war es der wütende Ruf eines Dunmers, der schnell die Aufmerksamkeit jener auf sich zog, die den Raum zu betreten im Begriff waren. Dieser Dunmer, der zumindest Nevrel bekannt war und den Nazrilh später als jenen Dunmer identifizierte, der ihn in seinem eigenen Traum stets umbrachte, bemerkte die Gruppe durchaus. Höchst unerfreut über das Eindringen der Mer warf er ihnen sogleich einen Feuerball entgegen, was die bereits Vorangegangenen dazu zwang, sich wieder ein wenig zurückzuziehen.
Eilig drückte Rhilvas dem Altmer die Laterne in die Hand um beide Hände für seine Waffen frei zu haben, denn nicht nur das, sondern auch ein gequälter Aufschrei aus dem Raum halfen ihm dabei, seine Phobie für den Moment zu überwinden und den anderen an die Tür zu folgen. Sylvin derweil blieb lieber zurück, ohne zu ahnen, dass ihm dies zum Verhängnis werden würde.
Während Nazrilh erfolglos und eilig die Blume in dem Becken versenkte, drang der Rest der Gruppe (außer Sylvin) wieder von einem magischen Schild Nevrels geschützt in den Raum ein, um sich jenem Dunmer zu stellen, der die Mer mit geradezu sadistischer Freude bereits erwartete.
Doch blieb auch der schwarze Senche nicht inaktiv, er bewegte sich auf die beiden zurückgebliebenen Nazrilh und Sylvin zu und diesmal stellte er grollend und die Ohren zurücklegend eindeutig eine Bedrohung dar. Sein Ziel wurde der Altmer, der grausam sein Leben lassen musste, während Nazrilh sich eilig zum Rest der Gruppe flüchtete und nur noch mit ansehen konnte, wie Sylvin als Beute des Senches von selbigen fortgeschleift wurde, als das schmiedeeiserne Gittertor gnadenlos ins Schloss fiel und somit die Gruppe mit jenem Fremden einsperrte.
Während der Altmer sein Leben aushauchte, beschäftigten sich Nevrel, Rhilvas und Selvil mit jenem Magier, der offenbar für den verbrannten Geruch verantwortlich war. Er befand sich in einer Nische, die sehr stark nach dem Ort von Nazrilhs Albtraum aussah und Rauch umgab den Dunmer, offensichtlich verbrannte in seiner unmittelbaren Nähe jemand, und Nazrilh dämmerte, um wen es sich dabei handelte: Sein Kumpel Aphelion, der selbst von den Alpträumen betroffen war und den in seinem Traum exakt dieses Schicksal stets ereilte.
Allzu lange wurde nicht gefackelt und während Selvil sich in eine Illusion hüllte, Mavren sich in einem Bogen ungesehen an den Magier heranschlich und Nevrel ihren Spott über den Magier ergoss, sprintete Rhilvas in einem Ablenkungsmanöver voran direkt auf den Dunmer zu; im Wissen um seine Feuerresistenz, die hier von Vorteil sein konnte. Tatsächlich gelang es ihm, seinen Dolch in die Schulter des ihm Fremden zu treiben und ihn so zu entwaffnen.
Es kam zu einem kleinen Handgemenge zwischen den beiden, das dem Rest der Gruppe genügend Zeit verschaffte, sich ebenso zu nähern und Nazrilh dazu, den Ursprung des grässlichen Gestankes ausfindig zu machen. Doch was er vorfand, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Während Rhilvas, Mavren und Selvil dem Magier zusammen mit Klingengewalt den Garaus machten, versuchte Nazrlih verzweifelt seinen besten Freund aus der Glut des Kohlebeckens zu ziehen, doch musste er feststellen, dass er zu spät war. Von Aphelion war nicht mehr als ein verkohlter Leichnam übrig, was den jungen Dunmer in seinen Grundfesten zutiefst erschütterte. Dennoch schien die Gruppe richtig gehandelt zu haben, denn kaum dass Magier mit einer letzten Drohung sein Leben ließ, erblühten erneut weiße Lilien auf dem Stuhl in der Nähe, an welchen Nazrilh in seinem eigenen Traum stets gefesselt war.
Und erneut wurden die Dunmer von Schwärze umfangen, um in der realen Welt zu erwachen.
Das Erwachen war für Nazrilh wohl am härtesten, war es doch der verkohlte, abgerissene Arm seines besten Kumpels, was er als letztes im Traum vor Augen und in Händen hatte. Entsprechend lange brauchte er, um die Realität zu registrieren und zu verstehen, dass Aphelion lebendig und unversehrt an seiner Seite stand, auch wenn er wohl tatsächlich in jenem Traum gestorben war. Der Skoomaabhängige hatte mehrere Stimmen wahrnehmen können in seinem Traum, bevor er starb.
Wieder blieb den Betroffenen nur ein Tag, um zu verarbeiten und sich zu wappnen. So ging Rhilvas diesmal zum Haus von Nazrilh und Luez, um nach der Rothaarigen zu sehen und Ausschau nach irgendwelchen Auffälligkeiten zu halten, während Mavis weitere Komponenten für ein Ritual zusammensammelte. Auch wenn der Magier selbst nicht von den Träumen betroffen war, so wollte er doch verhindern dass, oder zumindest einschreiten wenn Rhilvas ebenso in Modderfenn gefangen bleiben sollte. Rhilvas sprach mit der Großmutter von Luez, bevor er sich selbst ein Bild vom Zustand der Dunmer machen und heimlich das gesamte Zimmer nach Auffälligkeiten durchsuchen konnte. Doch erfolglos. Er konnte nichts finden, das in irgendeiner Weise auffällig oder verdächtig erschien und machte sich alsbald zurück auf den Weg gen Suran, während Nazrilh versuchte, willentlich einzuschlafen und in den Traum einzutreten, um eine Idee auszuprobieren. Doch hatte er nicht den gewünschten Erfolg, er durchlebte nur wieder seinen persönlichen Alptraum statt in jener Festung zu landen, in der die Gruppe bereits zweimal war.
Auch die Geschwister des Dres-Anwesens blieben nicht untätig, während ihre beiden Mitarbeiter von jenen Träumen gequält wurden. So begleitete Zirain kurzerhand die Bedienstete, die geschickt worden war, um das Versorgungsangebot anzunehmen, das Zirain tags zuvor Nazrilh unterbreitet hatte. Der Dres wollte selbst mit Nazrilh und den Großeltern der Thelis sprechen und ihnen den Vorschlag machen, alle Betroffenen auf dem Dres-Anwesen zu versammeln. Der Vorschlag wurde akzeptiert und Nazrilh aufgetragen, das Angebot den anderen im Traum mitzuteilen. Noch am selben Tag verlegte man Luez ins Lazarett des Anwesens.
Genau das tat der kahlköpfige Dunmer auch, als die Gruppe sich des Abends zwangsweise wieder in jenem Traum einfand, wenn auch mit etwas anderen Worten als jene, die Zirain genutzt hatte. Auch hatte er diesmal eine recht hübsche Buntglasflasche bei sich, dessen seifiger Inhalt den gleichen Duft verströhmte wie die weißen Lilien, die stets nach abgeschlossener Aufgabe zu finden waren.
Ohne lange zu zögern (und nach kurzem Gerangel zwischen dem allzu neugierigen Sylvin und Nazrilh um die Seifenflasche) steuerte man nun wieder die Festung an, deren Tore diesmal bereits einen Spalt weit geöffnet waren.
Zügig betrat man die Festung und während ein Teil der Gruppe bereits die offenstehende Eisengittertür anstrebte, um nachzusehen, ob auch der irrsinnige Magier des letztens Traumes wieder anwesend war, startete Nazrilh seinen Versuch mit der Seife. So ließ er an manchen Schlüsselpunkten, wie der Lilienbusch von welchem das Abbild Luez' eine Blüte geplückt hatte und auch in das mysteriöse Wasserbecken, wenige Tropfen der Seife auf den Boden und in das Wasser fallen. Letzteres schien von Erfolg gekrönt zu sein, denn das dröhnen einer sich öffnenden Tür war zu hören, neben dem bedrohlichen Rasseln von Ketten.
Natürlich wollte die Gruppe sich nicht trennen und an der Eisengittertür wurde gewartet, bis Nazrilh und Sylvin zur Gruppe aufgeschlossen hatte, ehe man erneut die große Halle betrat, in der unverändert all die Ketten und Leichensäcke von der Decke hingen. Die Tür am anderen Ende der Halle war tatsächlich geöffnet und sonst war dieses Mal niemand in der Halle. Man wähnte sich in Sicherheit.
Ein Fehler.
Kaum hatte die Gruppe die Halle durchquert, erblickten sie die gesuchte Rothaarige, wie sie durch die Tür in die Halle trat. Gekleidet in Schlafkleidung und voller, teils bereits eingetrocknetem Blut. Diesmal schien sie die Gruppe wahrzunehmen und nicht nur ein Trugbild ihrer selbst zu sein. Doch kaum setzte sie einen Fuß von der Treppe hinunter, erscholl das Rasseln von Ketten und schwere, spitze Haken rasten wie Pendel durch die Gruppe. Die meisten wurden nur knapp verfehlt, doch Selvil und Mavren wurden von den Haken durchbohrt und nach oben ins schwarze Nichts der Hallendecke gezogen. Das einzige, was von ihnen übrig blieb, war ein kurzer, blutiger Regen, der sich auf den Hallenboden ergoss...
Eilig näherten sich die Überlebenden Luez, vor allem auch um unter den Ketten fort zu kommen. Doch blieb es ruhig, es fielen keine weiteren Ketten von der Decke, um sich die Mer zu krallen. Und die verstörte Rothaarige nahm die Mer tatsächlich wahr. So stellte sich heraus, dass sie vor die Wahl gestellt worden war von "der Dame", sich entweder ihre Freiheit zu erkaufen oder auf die anderen zu warten, auf dass sie ihr halfen. Der Preis, der verlangt wurde, waren Erinnerungen. Alle Erinnerungen an die die direkt Betroffenen und ihr nahestehenden hätte sie eintauschen müssen, um freigegeben zu werden. Da verwunderte es nicht, dass Luez sich dafür entschieden hatte, auf die anderen zu warten.
So wusste man nun zumindest, warum Rhilvas, Nazrilh, Sylvin, Aphelion und andere aus heiterem Himmel von jenen Träumen heimgesucht worden waren. Die Frage, wie Luez überhaupt in Modderfenn gelandet war, konnte die Dunmer nicht beantworten. Viel zu verwirrt und durch den Wind war die Ärmste und sprach davon, immer wieder die Kinder säubern und wickeln zu müssen, und dass sie von dem Lilienduft der Seife in die Halle gelockt worden war. Dem Duft der Lilien, die auch hier überall vereinzelt zu finden waren. Während Sylvin sich mühte, die Rothaarige zu trösten und zu erörtern, wo das Blut an ihr herkam, sahen sich Nazrlih und Rhilvas näher in der Umgebung um. Nazrilh durchsuchte erfolglos eine Nische, die wie das Zimmer einer Magiergildenniederlassung aussah und in dem auf dem Bett eine dieser Lilien lag. Rhilvas hingegen begab sich vorsichtig zu einem der tiefer hängenden Leichensäcke, aus dem ebenso eine Lilie erwachsen war.
Irgendeine Bedeutung musste das wohl haben und so wagte er es, das Gesicht des verpackten Toten freizulegen, nur um entsetzt festzustellen, dass es sich um den Onkel der Rothaarigen handelte. Bemüht, sie das nicht sehen und sich nichts anmerken zu lassen, eilte er zurück zu Luez. Schließlich wollte sie den Mer die Kinder zeigen, von denen sie sprach.
Doch verschwand sie einfach im Nichts, als sie voranging, um die Mer durch die Tür zu führen...
Entsetzt eilte man der Verschwindenen nach, doch hatten die Mer keine Chance. Luez war nicht mehr da und die verbliebene Gruppe fand sich auf einer Plattform wieder, die doch sehr an eine Plattform bestimmter daedrischer Ruinen erinnerte, die sich in Steinfälle bei Kragenmoor befanden. Und nicht nur Sylvin kam dieser Ort bekannt vor, auch Rhilvas wusste gleich, was dies darstellen sollte, war er doch selbst einst an genau diesem Ort Opfer einer Vaermina-Kultistin geworden. Fast alles war genau wie in der Realität. Der Altar, die Bänke... Das einzige, was nicht ganz der Realität entsprach, waren einzelne Spiegel an den Säulen und Decken, die irgendetwas unter sich verbargen.
Als die Mer sich näherten, eröffnete sich ihnen das Grauen, das hier lag. Es waren wieder gefüllte Leichensäcke, die man vorfand, doch waren sie klein. Zu klein für erwachsene Dunmer und auf einer der Bänke lag ebenso ein solcher Sack, der jedoch seinen Inhalt noch halb offenbarte. Neben der Bank lagen unzählige, blutdurchtränkte Tücher und wo dieses Blut herkam, war recht bald ersichtlich. Es war ein totes Kind, das dort auf der Bank nur halb eingepackt lag. Und es war bis zur Unkenntlichkeit von tiefen Wunden entstellt, die entweder von Messern oder Klauen stammen mussten. Betroffen näherte sich Sylvin dem unglückseligen Ding und besah sich nach einem kurzen Segenswunsch für all die toten Kinder, die hier offenbar lagen, die Wunden näher, während Nazrilh sich in der näheren Umgebung genauer umsah.
Dies mussten die Kinder sein, von denen Luez zuvor gesprochen hatte. Die Kinder, die sie hatte säubern und wickeln müssen. Doch die Wortwahl der Rothaarigen ließ es Rhilvas dämmern, dass Luez womöglich nicht das in den Kindern gesehen hatte, was die Mer hier nun vorfanden. Als er sich umschaute, bemerkte er, dass ein Spiegel an einem nahen Pfeiler genau auf das Kind auf der Bank ausgerichtet war und so wagte er einen Blick in den Spiegel, in der Hoffnung, darin ein lebendes Kind zu erblicken.
Doch weit gefehlt, was er sah, ließ sein Blut für einen kurzen Moment in den Adern gefrieren.
Direkt hinter sich sah er eine Bestie, die entfernt einem völlig kahlen Dunmer ähnelte und mit einem Maul voller spitzer Zähne gesegnet war, das dem Maul eines Skampen gar nicht mal so unähnlich sah. Kaum hatte er das Biest ins entsetzte Auge gefasst, gruben sich die Zähne bereits in seine rechte Schulter und mit einem Schmerzensschrei taumelte er etwas zurück. Das Monstrum war nirgendwo zu sehen, es schien nur im Spiegel zu existieren, aber der Biss war echt, wie auch Nazrilh und Sylvin von dem Schrei alarmiert feststellen mussten. Das Blut, das aus der Schulter des Rothaarigen sickerte jedoch war pechschwarz. Eilig handelte Sylvin und ließ von dem toten Kind ab, um Rhilvas zur nächstbesten Bank zu dirigieren und die Wunde zu versorgen. Die schwarze Färbung des Blutes ließ den Altmer, der den Dreien sei Dank ebenso wie Nevrel Heiler war, Gift vermuten, sodass er zunächst seine Magie einsetzte, um das Gift aus dem Blut zu trennen, bevor er die Wunden vernähte.
Nazrilh währenddessen, auf die Warnung Rhilvas', nicht in die Spiegel zu blicken hörend, sah sich eilig weiter um, um herauszufinden, welche Aufgabe es hier zu bewältigen gab. Es war banal, wie sich rasch herausstellte. In seiner ratlosen Verzweiflung begab sich der Kahlköpfige zu dem toten Kind auf der Bank und wickelte es vollständig ein, sodass nichts mehr von dem entstellten Körper zu sehen war. Die weißen Lilien, die daraufhin aus dem Leichnam wuchsen, bewiesen, dass der Dunmer völlig richtig gehandelt hatte.
Doch wurde es diesmal nicht sofort dunkel um die Gruppe, es war ihnen noch etwas mehr Zeit gegeben, die die Dunmer auf Rhilvas' Vorschlag hin dazu nutzten, die Spiegel zu zerstören, auch wenn Sylvin berechtigte Zweifel anmeldete, ob es so eine gute Idee wäre, aus fünf Spiegeln gleich mehrere hundert Spiegel zu machen. Doch geschah nichts, solange jeder Blick in die Scherben vermieden wurde und die Gruppe konnte sich nach einem Weg oder weiteren Türen umsehen. Es gab jedoch nichts weiter hier als die Tür zurück in die Halle mit den Ketten, und so sah man sich gezwungen, zurück dorthin zu gehen. Und dort dauerte es auch nicht lange, bis die altbekannte Dunkelheit die Gruppe erneut umfing und sie aus ihrem Traum erwachen ließ.
Tatsächlich fanden sich am Tag nach dem letzten Traum alle Betroffenen auf dem Anwesen der Dres-Geschwister ein. Selbst der Altmer fand seinen Weg dort hin und wurde ebenso wie die anderen als Gast angesehen. Auf Grund des herrschenden Ausnahmezustandes wurde der Schlafsaal, der sonst nur den Mitarbeitern vorbehalten war, für die Gäste geöffnet und weitere Schlafplätze geschaffen, damit möglichst alle Betroffenen die nächsten Nächte in sicherer Umgebung und Überwachung an einem Ort verbringen konnten. Ein weiterer Sinn hinter diesem Handeln der Geschwister war natürlich auch, Kommunikationswege vor allem in Notfällen zu verkürzen, sodass ohne großen Zeitverlust eingegriffen werden könnte, sollte es notwendig werden. Natürlich war so den Betroffenen die Möglichkeit gegeben, sich des tags zu besprechen und wichtige Informationen auszutauschen, bevor alle wieder nach Modderfenn gezogen wurden.
Einzig Rhilvas verließ das Anwesen am späten Nachmittag und schaffte es nicht rechtzeitig zurück zum Anwesen, bevor Schlaf und Träume die Mer wieder einholten. Erneut in Modderfenn in jenem Traum verlor man wieder nicht allzu viel Zeit, sondern marschierte direkt hin zur Festung, deren Tore wieder offen standen. Diesmal war das Ziel die Tür, die in den letzten Nächten so vehement von dem schwarzen Senche bewacht wurde und eigentlich war man schon darauf eingestellt, mit dem Tier kämpfen zu müssen, um durch die Tür zu gelangen.
Doch war der Senche fort und die Tür diesmal unbewacht. Das machte das ganze Spiel nur auf den ersten Blick einfacher, denn hinter der Tür, die von der Gruppe zügig passiert wurde, erwartete sie erneut das Grauen und manche die Konfrontation mit persönlichen Abgründen...
Hinter der Tür erwartete die Gruppe ein kleiner Raum, in dessen Zentrum ein Altar stand, der recht schnell in den Fokus der Mer geriet. Der Altar war nicht leer, es lag eine rothaarige Dunmer darauf und vor ihr, den Rücken der Gruppe zugewandt, stand ein nur allzu bekannter weißhaariger Dunmer. Es war Luez die dort gänzlich unbekleidet und augenscheinlich an Körper und Geist verletzt auf dem Altar lag und offenbar gerade unaussprechliche Grausamkeiten durch die Hand des weißhaarigen Magiers hinter sich hatte, den die Gruppe zwei Nächte zuvor eigentlich getötet hatte. Doch waren die beiden offenbar nur Trugbilder, Erinnerungsbilder, denn sie bemerkten nichts von der Gruppe, die den Raum betrat und reagierten weder auf Rufe noch auf sonstige Handlungen der Mer.
Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass die Mer der Gruppe von diesem Anblick emotional getroffen wurden. Selbst Nevrel, die sich sonst stoisch durch die Träume bewegte, hatte kurz mit der Fassung zu kämpfen. Besonders hart traf es jedoch Nazrilh und Rhilvas. Nazrilh wurde von kalter Wut gepackt, seine Verlobte so zu sehen und versuchte selbstverständlich gleich jenen weißhaarigen *** umzubringen, doch fuhr seine Klinge durch Luez' Peiniger wie durch Luft. Und auch Sylvins Versuch, Luez von jenem Alter herunter zu holen und sich um sie zu kümmern, schlug fehl, da auch seine Hände einfach wie durch einen Geist durch das Abbild hindurchglitten. Rhilvas derweil brach zusammen, übermannt von Erinnerungen an die eigene Vergangenheit, die den gezeigten Geschehnissen auf gewisse Weise ähnelten.
Welche Aufgabe hier zu bewältigen war, wurde erst deutlich, als die Abbilder von Luez und dem Magier sich in Nichts auflösten und auf dem nackten Altar die weißen Lilien erblühten. Offenbar hatte die Gruppe das Schauspiel schlicht ertragen müssen.
Nachdem Rhilvas sich mit Hilfe von Selvil und einem ordentlichen Schluck Schnaps aus dem Flachmann des Altmers halbwegs wieder fangen konnte, folgten er und der Rest der Gruppe einem mehr als wütenden Nazrilh durch die Tür hinter dem Altar. Die Elfen landeten in einem kurzen Gang, der zu beiden Seiten von grotesk schön anzusehenden Hecken und Bäumen gesäumt war und sie geradewegs zu einer weiteren Tür führte. Diesmal sollte es kein Zurück mehr geben, denn im Rücken der Gruppe lag keine Tür, sondern ein Kamin, durch den man nur schwerlich wieder zurück in den Altarraum gelangen konnte.
Insbesondere die beiden Dunmer, die Luez am nächsten standen, zögerten nicht, die weitere Tür anzusteuern und zu durchschreiten, nur um sich dahinter dem nächsten Albtraum gegenüber zu sehen.
Recht schnell war zu erkennen, dass man sich diesmal in Rhilvas eigenem Albtraum befand - oder vielmehr einer Kopie davon - denn am anderen Ende des Raumes lag exakt jene steinerne Pagode, in der der Rotschopf in seinem Traum stets vom Vater Luez' ermordet wurde. Voller wütender Entschlossenheit marschierten Nazrilh und Rhilvas voran, um sich dem zu stellen, was hinter den Rankgittern auf sie wartete.
Natürlich war es Luez' Vater Vanryth, der dort saß und diesmal die Mer wahrnahm und auf sie reagierte. Er habe sogar bereits auf Rhilvas gewartet, wie er behauptete, und zeigte gleich seine Macht, in dem er Sylvin und damit auch Nazrlih mit einem bloßen Handwink unsanft aus dem Pavillon hinaus beförderte. So stand Rhilvas schlussendlich allein seinem Mörder gegenüber. Doch auf seine Fragen, was er Luez angetan habe und wo sie sei, erhielt Rhilvas nichts anderes als süffisante Provokationen und einen nur allzu bekannten, telekinetischen Griff an seiner Kehle zur Antwort. Sein Traum begann, sich zu wiederholen und nicht einmal der magische Schild von Nevrel konnte Vanryth davon abhalten, den Dunmer hilflos in der Luft zappeln zu lassen. Doch blieb der Rest der Gruppe nicht völlig untätig. So war es Selvil, der sich auf einem Umweg kletternd näher ans Geschehen brachte, während die anderen Deckung suchten und fieberhaft nach Möglichkeiten, einzugreifen suchten, sollte Rhilvas nicht erneut zum aufgespießten Opfer Vanryths werden.
Doch wusste niemand von dem Handel, den Rhilvas still und heimlich eingegangen war, kurz bevor Vanryth ihn in den telekinetischen Würgegriff nahm. So kam es, dass just in dem Moment als Selvil neben den Magier sprang, die Magie desselben schlicht versagte und somit verhindert wurde, dass auch Selvil einfach so aus der Luft gefegt werden konnte. Die Klinge des Kuriers fand ihren Weg in den Hals des Dunmers und Rhilvas fiel nach Luft schnappend zurück auf den Boden.
Die Aufgabe war vollbracht. In dem Moment, in dem Vanryth sein Leben aushauchte, erblühten die weißen Lilien an jener Spitze, an der sonst Rhilvas stets sein Leben ließ. Jener hingegen bemerkte nichts von den Blumen, sondern verlor die Kontrolle über sich. Rasend vor Wut stürzte er sich auf den bereits Toten und stach völlig von Sinnen mit seinem eigenen Dolch auf ihn ein, bis Vanryth sich einfach in Luft auflöste und verschwand.
Völlig neben sich stehend und alles um sich herum ausblendend verließ Rhilvas wortlos den Pavillon und bemerkte so nicht einmal, dass auch Sylvin mittlerweile fehlte. Der Altmer hatte sich dank eines unglücklichen Sturzes und daraus resutlierendem Genickbruch frühzeitig selbst aus dem Traum gerissen. Doch sollte der Altmer nicht mehr viel verpassen, denn der Weg der verbliebenen Gruppe endete an einer Hängebrücke am Ende einer verwitterten Treppe. Kaum, dass Rhilvas die Brücke betrat, umfing erneut die altbekannte Dunkelheit die Dunmer und warf sie zurück in ihre Betten in der Realität.