RP ist die Abkürzung für Roleplay, zu deutsch Rollenspiel, und steht, entgegen so mancher Annahme, nicht im Zusammenhang mit der Abkürzung RPG (Role Playing Game), welches eine bestimmte Art von (meist) Konsolenspielen, wie z.B. Final Fantasy 7, bezeichnet.

Statt dessen rührt das Kürzel von den ursprünglichen "Pen & Paper"-Rollenspielen (D&D, Das schwarze Auge, Earthdawn, Vampire: The Masquerade, uvm.) an. In diesen Spielen kann sich ein Spieler einen Charakter erschaffen, in dessen Rolle er schlüpft und dessen Geschicke er lenkt. Bisher kein Unterschied zu WoW, oder? Ein Gamemaster, oder auch Spielleiter, denkt sich ein Abenteuer für die Spieler aus und beschreibt den Spielern ihre Umgebung, die Reaktion der mit ihnen interagierenden Welt auf ihre Handlungen.

Wie intensiv die Spieler hierbei die Welt wahrnehmen variiert von Spieler zu Spieler. Manche Spieler sehen in Rollenspielen eine Art Würfelspiel, bei dem sie ihren Charakter im Laufe der Zeit mit im Spiel gewonnener Erfahrung oder Geld verbessern, um mächtiger und jeder Situation gewachsen zu sein. In solchen Spielrunden werden Kämpfe oft nach folgendem Prinzip ausgetragen:

GM: "Du bist dran, Jan."
Jan: "Ok. Dann greif ich den Oger an."
Jan greift nach den Würfeln.
GM: "Welchen Oger?"
Jan: "Den unverwundeten."
Jan schüttelt die Würfel.
"Was für ein Ergebnis brauch' ich?"
GM: "12."
Jan: "Ok!" Jan würfelt und erreicht das gewünschte Ergebnis. "***, kein Critical!"
GM: "Du triffst. Würfel den Schaden aus."
Jan würfelt erneut.
GM betrachtet das Ergebnis.
GM: "Hm, 15. Nach Abzug der Rüstung kommt noch ein Schadenspunkt durch. Ok. Neue Runde!"
Alles beginnt von vorn.

Spannend ist anders, nicht wahr?
Eingefleischte Rollenspieler dagegen kämpfen eher so:

GM: "Du bist dran, Bernd."
Bernd: "Wie sieht es denn nun um Ignaz (Bernds Charakter) herum aus?"
GM: "Ignaz wirft einen schnellen Blick auf das Kampfgeschehen. Um ihn herum tost mittlerweile das Inferno einem Fegefeuer gleich. Riura (Martins Charakter) liegt mit einer Platzwunde am Kopf am Boden..."
Bernd unterbricht.
Bernd: "Ist sie tot?"
GM: "Das kannst du mit einem solch' schnellen Blick nicht beurteilen."
Bernd: "Hm. Und weiter?"
GM: "In den Flammen kannst du die dämonischen Schatten sehen. Sie nähern sich Riuras regungslosen Körper und strecken ihre flammenden Finger nach ihr aus."
Bernd: "Im Ernst?! Ok. Dann wird Ignaz erst von einem unheimlichen Schauer durchlaufen. Er steht kurz vor einer Panik, da das Feuer seine düsteren Kindheitserinnerungen wach ruft..."
Martin: "Was denn für Kindheitserinnerungen?"
Bernd: "Später. Vielleicht ergibt sich ja mal eine Situation in der Ignaz Riura davon erzählt."
Martin: "Ok. Entschuldige."
Bernd: "Also... Wie Ignaz dann aber sieht, daß diese Monster ihre Finger nach seiner Geliebten ausstrecken, wird er plötzlich von rasendem Zorn ergriffen. Ist irgendwas in der Nähe, was Ignaz als Waffe benutzen kann?"
GM: "Hm.. Neben dir kokelt ein alter Besen."
Bernd: "Gut. Dann greift sich Ignaz den jetzt und rennt wie rasend schreiend auf die Schatten zu."
GM: "Greift er die Schatten an?"
Bernd: "Na klar! Sobald er sie erreicht, haut er wie wahnsinnig mit dem brennenden Besenrest auf sie ein!"
Martin: "Schreit er auch?"
Bernd: "Ja stimmt. Er schreit dazu: Nehmt eure dreckigen Finger von... und dann überschlägt sich seine Stimme vor Hysterie."
GM: "Na dann würfel mal deinen Angriff aus."

Spannender oder?
Manche RP-Gruppen gehen sogar soweit, daß sie gar nicht mehr würfeln, sondern dem GM ihre Aktionen nur beschreiben. Dieser erwägt dann, ob dem Charakter diese gelingen könnten und beschreibt den Spielern den Werdegang. Nicht selten verstellen Spieler und Gamemaster auch ihre Stimmen um ihren Charakter noch intensiver dar zu stellen.

Man merkt schon: Im Zentrum des RP steht der Charakter den sich der Spieler ausgedacht hat. RP uninteressierte Spieler schreiben, wenn überhaupt, nur den Hintergrund eines Charakters auf und nicht selten stimmen die Charaktereigenschaften des Spielers mit denen des Charakters überein. Ist zum Beispiel der Spieler eher geizig, ist auch sein Charakter geizig.
Aber das ist es ja gerade was RP so spannend macht! Die Möglichkeit in eine fremde Rolle und einen anderen Charakter zu schlüpfen.
Der Spieler steuert den Charakter aus dem Charakter heraus. Er spielt ihn so, als ob er nur wüsste was der Charakter weiß. Zum Beispiel weiß Bernd sehr wohl, daß Riura Martins und somit seines Mitspielers Charakter ist. Doch damals, bevor sich Ignaz und Riura kennenlernten, war dem nicht so. Als die Charaktere durch Zufall auf einer Straße begegnen, gehen sie aneinander vorbei ohne aufeinander zu reagieren. Der GM wird sich schon eine Situation überlegen, in der sich die Beiden dann doch noch kennenlernen.

Kämpfe werden in WoW durch das Spiel selbst entschieden. Hier fällt also das RP unter den Tisch. Kein Spieler kann schreiben, daß sein Charakter Anlauf nimmt, auf eines der Fässer und dann von hintem den Defias in den Rücken springt, um ihn nieder zu werfen.
Aber Spieler können sich Charakterzüge und Eigenschaften für ihre Spielfigur überlegen und diese ausspielen.

Zum Beispiel könnte ein Spieler sich eine laszive Trollin überlegen, die generell alle Männer anflirtet. Hinter dieser verführerischen Fassade aber, ist sie ein ausgekochtes Biest, welche nur ihre Umwelt dazu bringen möchte, ihr das Leben etwas leichter zu machen. Die verführten Männer dürfen für sie zahlen, kämpfen und ihr den Himmel zu Füßen legen. Alles was sie im Gegenzug bekommen, ist nur ein aufreizender Wimpernschlag.

Oder ein anderer Spieler überlegt sich einen Gnom zu spielen, der sich voll und ganz der Rettung seiner Heimat, Gnomeregan, verschrieben hat. Weil diese aber so hoffnungslos verwüstet ist, ist der Gnom entgegen dem Gemüt anderer Gnome mürrisch und eigenbrödlerisch. Der Spieler benutzt keine Sprachemotes, damit sein RP nicht von den fröhlichen Kommentaren der Spielfigur zunichte gemacht wird.

Beide Spieler sind weder sonst so ruchlos oder grummelig, aber sie spielen die Rolle ihres Charakters, wenn sie mit ihm online gehen.
Und das ist RP.