[ESO-Geschichte] Die Abenteuer des Sharif al-Kaheem

Wartungsarbeiten in der Woche vom 24. März:
· [ABGESCHLOSSEN] PC/Mac: EU und NA Megaserver für einen neuen Patch – 24. März, 9:00 - 15:00 MEZ
· Xbox: EU und NA Megaserver für einen neuen Patch – 26. März, 11:00 - 17:00 MEZ
· PlayStation®: EU und NA Megaserver für einen neuen Patch – 26. März, 11:00 - 17:00 MEZ
Melethron
Melethron
✭✭✭✭
Grüß euch,

hier wird leider viel zu wenig Fan-Fiction veröffentlicht, also traue ich mich und poste nach und nach meine Geschichte über den Rothwardonen Sharif al-Kaheem. Meine Bitte an euch: falls jemand Feedback geben möchte, eröffnet dafür bitte einen eigenen Thread, damit es hier nicht zu einem Mischmasch aus Geschichte und Feedback kommt. Und noch etwas: Geschmäcker sind verschieden. Was dem einen gefällt, findet der andere einfach nur grauenhaft. Wenn also jemand mit meiner Geschichte nichts anfangen kann, ist das völlig in Ordnung und darf natürlich auch so geäußert werden. Das ändert aber nichts daran, dass hinter dem Avatar ein echter Mensch sitzt. Behaltet das bei etwaiger Kritik im Hinterkopf und bleibt fair. Danke :)
  • Melethron
    Melethron
    ✭✭✭✭
    Ein neuer Anfang

    Es war zu Beginn des Monats Eisherbst. Eine dunkelgraue Wolkendecke hatte sich im Laufe des Nachmittags über Dolchsturz gelegt. Der Regen prasselte hartnäckig gegen die Scheiben, als Maurice Dupont aus dem Fenster sah und vergeblich versuchte, draußen etwas zu erkennen. „Wo bleibt der *** nur?“ Der beleibte Bretone brummte unzufrieden. Er begann, nervös in dem unmöblierten Haus auf und ab zu laufen. Ein kleines, solides 1-Zimmer-Haus im Ostteil von Dolchsturz, das irgendwann von der Stadt übernommen worden war, nachdem der letzte Besitzer auf tragische Weise den Tod gefunden und es keine Erben gegeben hatte. Dupont sollte sich nun als Beamter der Stadt mit einem Fremdländer aus Schildwacht treffen, der das Haus kaufen wollte.

    Doch der Mann kam nicht. Der Bretone zog schon in Erwägung, einfach zu gehen und durch den Regen zum Gasthaus zu eilen, in der Hoffnung, dass er schon nicht allzu nass werden würde, als jemand kräftig gegen die schwere Holztür klopfte. „Na endlich.“ Dupont eilte zur Tür, um sie zu öffnen. Vor ihm stand ein Rothwardone, Anfang bis Mitte 30, gekleidet in einfache Leinenkleidung, die von einem ledernen Kapuzenumhang zumindest etwas trocken gehalten wurde. Er warf dem Mann einen strengen Blick zu. „Ihr habt mich ganz schön lange warten lassen“, knurrte Dupont gereizt. Der Rothwardone lächelte ihn schief an und erwiderte: „Ich grüße Euch auch. Kann ich reinkommen? Ist etwas nass draußen.“ - „Ja, ja, schon gut, und zum Gruße“, grummelte der Beamte und ging einen Schritt zur Seite, um den potentiellen Käufer hinein zu lassen.

    Dupont schloss die Tür und musterte den Rothwardonen genauer. Der Mann hatte die Kapuze seines Umhangs beim Eintreten zurückgeschlagen. Ein fast schon streng wirkendes Gesicht, wenn er nicht gerade lächelte. Dazu ein gepflegter, kurzer Bart, sowie geflochtene Haare, wie sie für das rothwardonische Volk typisch waren. Die Hände waren sauber und frei von Schwielen. Der Körper wirkte nicht sonderlich muskulös, aber doch in guter Form. Die Kleidung dagegen sah weitaus weniger gepflegt aus. Der Kapuzenumhang war von mäßiger Qualität, ebenso das weiße, leicht verschmutzte Leinenhemd und die braune Stoffhose. Dazu Lederstiefel, die ohne Zweifel auch schon bessere Tage gesehen hatten. Am auffälligsten jedoch waren die Augen. Sie waren ungewöhnlich hell, und Dupont hätte schwören können, dass darin eine gewisse Traurigkeit lag.

    Der Beamte hielt sich nicht lange damit auf, Höflichkeiten auszutauschen, sondern kam rasch zum eigentlichen Anliegen. „Tja, das wäre es also. Ein einzelnes, etwas größeres Zimmer mit Kamin. Schlicht und einfach, doch mit etwas Geschick und Einfallsreichtum kann man aus diesem kleinen Häuschen sicher ein gemütliches Heim herrichten. Dach und Mauern sind in tadellosem Zustand. Ebenso die Tür, die Fenster, und der Kamin. Der Rauchabzug wurde erst vor wenigen Tagen gereinigt.“ Dupont zählte noch einige weitere vermeintliche oder tatsächliche Vorzüge auf. Schließlich nannte er einen nicht gerade günstigen Preis und fügte mit gespieltem Bedauern hinzu, dass er leider nicht um die Summe feilschen könne.

    Der Rothwardone musterte das Haus mit prüfendem Blick, wanderte durch den Raum, klopfte hier an die Wand, öffnete dort probeweise einen Spalt breit eines der Fenster, besah sich den Kamin. Schließlich wandte er sich an Dupont und meinte knapp: „Ich nehme es.“ Der Beamte atmete innerlich erleichtert auf. Diese Rothwardonen waren berüchtigt für ihren Hang zum Feilschen, und das war das letzte, worauf Dupont sich jetzt einlassen wollte. Sein Magen knurrte, und der Regen draußen hatte inzwischen etwas nachgelassen. Je schneller sie das Geschäft abwickeln konnten, umso eher konnte er ins Gasthaus.

    Die Formalitäten waren rasch erledigt, und der Rothwardone erhielt schließlich neben einem Schlüssel eine beglaubigte Urkunde, die ihn zum rechtmäßigen Besitzer des Hauses erklärte. Die beiden Männer verabschiedeten sich höflich voneinander, bevor Dupont eilig zum Gasthaus lief.

    Zurück blieb der neue Besitzer des Hauses. Sharif al-Kaheem ließ noch einmal seinen Blick durch den Raum wandern. Das war es also. Er hatte den entscheidenden Schritt gemacht und würde sein bisheriges Leben endgültig hinter sich lassen, um hier in Dolchsturz neu anzufangen. Doch wie lange konnte man vor seiner Vergangenheit weglaufen?
  • Melethron
    Melethron
    ✭✭✭✭
    Erste Schritte

    Nachdem er das Haus erworben hatte, machte Sharif sich daran, einen in der Nähe gelegenen Markt aufzusuchen, wo allerlei Stände eine bunte Auswahl an Waren verkauften. Auf dem Markt herrschte reges Treiben. Zwei Mägde tauschten den neuesten Klatsch über irgendwelche Adelshäuser aus. Von irgendwo kam der Duft von frisch gegrilltem Schwein. Ein altmerischer Barde sang eine Ballade, ein hünenhafter Nord und eine Händlerin stritten über den Preis einer Plattenrüstung. Eine junge Bretonin pries ihre Blumen an. Es gab sogar einen Mystiker, der magische Bücher und fremdartig aussehende Gegenstände anbot, deren Zweck sich Sharif nicht so recht erschließen wollte.

    Der Rothwardone fand hier alles, was er für den Alltag brauchen würde. Eine ansehnliche Auswahl an Lebensmitteln von den umliegenden Bauern, Kleidung, Utensilien für den täglichen Gebrauch, Lederrüstung und … Waffen. „Scharf. Spitz. Spricht dem Feind gegenüber eine klare Sprache. Niemand außer Zhosh stellt Schwerter für Euch her, also holt sie Euch direkt hier.“ Sharif hatte den Stand eines Schmiedes erreicht und musterte neugierig dessen Arbeit. Vor allem die Dolche hatten es ihm angetan. Sobald sein Münzbeutel wieder etwas besser gefüllt war, würde er noch einmal hierher kommen und sich ein oder zwei davon aussuchen. Sharif verabscheute den Gebrauch von Waffen, doch manchmal war ein Dolch in jeder Hand einfach überzeugender als schmeichelnde Worte.

    Er nahm seinen Münzbeutel zur Hand und zählte das noch verbliebene Geld darin. Der Kauf des Hauses hatte einen Großteil seiner Ersparnisse aufgebraucht. Das, was dem Rothwardonen an Münzen blieb, reichte selbst bei sparsamer Lebensweise nur noch für drei, vielleicht vier Wochen. Sharif musste also an Arbeit kommen. Und er wusste auch schon sehr genau, wie.

    In Schildwacht hatte er als Junge viele Abende lang damit verbracht, Abenteurern zuzuhören, die im Gasthaus erzählt hatten, wie sie durch Tamriel reisten, faszinierende Orte erkundeten, Kreaturen bekämpften, und sagenhafte Schätze entdeckten. Damals hatte er oft davon geträumt, im Auftrag einer wichtigen Person, einem Adeligen oder Magister, in die Welt hinaus zu ziehen und gefährliche Abenteuer zu bestehen. Im Laufe der Jahre war der Traum verblasst und der nüchternen Realität gewichen, die für ihn ein Leben als Gewürzhändler vorzusehen schien, der eines Tages den Laden seiner Eltern übernehmen würde. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag, an dem er durch einen Verrat schlagartig alles verloren hatte. Zu einem umherziehenden Streuner ohne Verpflichtungen und Bindungen geworden, hatte er sich seitdem in den Kopf gesetzt, seinen Kindheitstraum doch noch wahr werden zu lassen. Sharif verlies den Markt und lief zielstrebig Richtung Magiergilde.
  • Melethron
    Melethron
    ✭✭✭✭
    Magus Valec

    Als Sharif vor der Magiergilde stand, kamen unweigerlich Erinnerungen aus längst vergangenen Tagen hoch. Als Jugendlicher hatte er in Schildwacht wann immer möglich Zeit in der dortigen Gilde verbracht, oft zusammen mit seinem engsten Freund Nadim. Sie hatten stundenlang in Büchern und Atlanten gestöbert, gemeinsam Texte über historische Ereignisse gelesen, oder Karten weit entfernter Regionen studiert und dabei so getan, als ob sie eine Forschungsreise planen würden. Nicht, dass sie alles verstanden oder gar behalten hatten, was in den Büchern stand. Aber darum war es ihnen auch gar nicht gegangen. Für die beiden Freunde hatte nur eines gezählt, dass sie sich wie echte Forscher fühlen konnten.

    Und dann war da noch Najiba, eine Adeptin, die nicht nur attraktiv, sondern auch sehr selbstbewusst gewesen war und sich nicht davor gescheut hatte, einem Magus auch schon mal frei heraus die Meinung zu sagen. Sharif und Nadim waren sofort angetan von der rebellischen Adeptin, als sich ihre Pfade zum ersten Mal in der Gilde gekreuzt hatten. Wie hätten sie auch ahnen können, dass Najiba den beiden noch zum schwerwiegenden Verhängnis werden sollte. Sharif schüttelte verärgert den Kopf. Erinnerungen aus einem früheren Leben, mit dem er nichts mehr zu tun hatte. Er atmete kurz durch und öffnete die Tür zur Magiergilde.

    Im Inneren des Gebäudes zeigte Sharif sich sofort beeindruckt. Das erste, was ihm auffiel, waren die schier endlos vielen Bücher. Wo man auch hinschaute, es gab kaum eine Wand, an der sich nicht ein Regal voller Bücher befand. Viel mehr als in der Gilde von Schildwacht. Magier und Adepten liefen durch die Gildenhalle oder standen vor einem der Regale und lasen. Manche von ihnen machten sich Notizen, andere unterhielten sich leise oder waren mit irgendwelchen Untersuchungen beschäftigt. Es gab auch einige Besucher aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten, die die Hilfe der Gilde benötigten oder magische Artefakte kaufen wollten.

    Als eine orkische Adeptin an Sharif vorbeilief, grüßte er freundlich und wollte … Doch sie lief unbeirrt weiter und ignorierte den Rothwardonen. Das Schauspiel wiederholte sich mit zwei weiteren Gildenmitgliedern, bis sich endlich ein älterer Bretone näherte und ihn höflich nach seinem Begehr fragte. Kaum hatte Sharif sein Anliegen geäußert, saß er auch schon vor dem Schreibtisch eines dunmerischen Magus namens Valec.

    Valec war, soweit Sharif das richtig einschätzen konnte, mittleren Alters. Ein schlanker, fast schon hagerer Dunmer, nicht sonderlich groß gewachsen, dazu schwarze, glatte Haare, die bis zu den Schulterblättern reichten. Das schmale, aschgraue Gesicht mit dem kleinen Kinnbart und den dunklen, undurchdringlichen Augen wirkte so emotionslos, dass Sharif beim besten Willen nicht sagen konnte, was in dem Magus vor sich ging. Valec stellte dem Rothwardonen nach einer knappen Einleitung allerlei Fragen, wollte seinen Namen, sein Alter, und seinen derzeitigen Wohnsitz wissen. Ob Sharif lesen, schreiben, rechnen könne. Welche Erfahrungen er bisher als Verliesvagabund gemacht, und welche Orte er schon erkundet habe, und so weiter. Während der Magus die Antworten sorgfältig auf einem Pergament niederschrieb, machte er sich nur selten die Mühe, seinen Blick zu heben und Sharif direkt anzusehen.

    Nun war es jedoch so, dass Sharif praktisch keinerlei Erfahrungen als Verliesvagabund hatte. Genau genommen hatte er die meiste Zeit seines Lebens in Schildwacht verbracht und die Stadt nur selten verlassen, die Alik´r sogar nur ein einziges Mal. Ein Umstand, den der Rothwardone für nicht weiter erwähnenswert hielt. Stattdessen griff er bei seinen Antworten auf das Wissen zurück, das er aus seinen „Studien“ in der Magiergilde Schildwacht noch behalten hatte, und verwob es spontan in eine frei erfundene Geschichte, die ihn als erfahrenen und weit gereisten Abenteurer erscheinen ließ. Falls Magus Valec davon beeindruckt war, ließ er es sich nicht anmerken.

    Der Dunmer legte unerwartet den Federkiel beiseite, ließ seinen Blick noch einmal über das Pergament gleiten, und schaute Sharif unmittelbar an. „Ich denke, das genügt mir. Ich werde mich in Kürze bei Euch melden und Euch wissen lassen, ob Interesse besteht. Das war dann alles. Ihr könnt gehen.“ Der Rothwardone war verdutzt über das abrupte Ende der Befragung. Hatte er zu sehr übertrieben? War seine Geschichte am Ende zu unglaubwürdig? Waren ihm schwere Schnitzer unterlaufen, die ihn als Lügner entlarvten?

    Mit einem unguten Gefühl verließ Sharif die Gilde. Ihm blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten und sich in Geduld zu üben.
  • Melethron
    Melethron
    ✭✭✭✭
    Der verschollene Magier

    Nach seinem ersten Gespräch mit Magus Valec hatte es nur wenige Tage gedauert, bis Sharif per Brief in die Gilde eingeladen wurde. Valec hatte sich bereit erklärt, den Rothwardonen als seinen Gehilfen arbeiten zu lassen, gegen eine Entlohnung, die es ermöglichte, ein gutbürgerliches Leben zu führen. Und Sharif bekäme endlich die Gelegenheit, als Abenteurer durch Tamriel zu reisen. Davon war er jedenfalls fest überzeugt. Doch die Ernüchterung kam rasch.

    Die Aufgaben, die der dunmerische Magier erteilte, beschränkten sich auf Bücher einsortieren, allerlei Botengänge in die Stadt, Bücher wegbringen, leere Tintengläser durch volle ersetzen, Bücher umtauschen … So ging es seit Anfang Abenddämmerung, ohne dass eine Verbesserung seiner Lage in Sicht wäre. Einerseits war es eine gute Möglichkeit, Münzen zu verdienen. Andererseits war er von seinem Traum, ein Leben als Abenteurer zu führen, so weit entfernt wie das sagenumwobene Morrowind von Dolchsturz. Und nun musste Sharif seine Zeit in der Magiergilde auch noch mit einer streitlustigen Ork teilen.

    „Nein, nein, nein! ´Grundlagen der Alchemie´ kommt dort drüben hin. Du musst auf die Kennungen am Buchrücken achten.“ Shagra schüttelte verärgert den Kopf. „Wie oft muss ich dir das noch erklären, Neuling?“ - „Schon gut, ich hab´s ja verstanden“, antwortete Sharif gereizt, während er auf einer wackeligen Leiter das Gleichgewicht zu halten suchte und einen Stapel Bücher einsortierte. Gerade, als er ernsthaft darüber nachdachte, „versehentlich“ eines der Bücher auf den Kopf der orkischen Adeptin fallen zu lassen, erschien zu allem Überfluss auch noch Leynard, der zwar ebenfalls den Rang eines Adepten hatte, sich aber jetzt schon gerne aufspielte wie ein arroganter Magister. Leynard betrachtete die beiden naserümpfend und teilte Sharif herablassend mit, dass Magus Valec ihn sprechen wolle. Sofort. „Wahrscheinlich ist ihm das Pergament ausgegangen, und ich soll ihm neues besorgen ...“, dachte der Rothwardone bei sich, war aber nicht enttäuscht darüber, Shagra für kurze Zeit zu entkommen.

    Magus Valec saß an seinem Schreibtisch und machte sich Notizen, vor ihm lagen reihenweise aufgeschlagene Bücher und diverse Karten. Er schaute kurz auf, als Sharif sich näherte, widmete sich jedoch unmittelbar wieder seiner Schreibarbeit, während er zu sprechen begann. „Sharif, da seid Ihr ja. Ihr wollt doch unbedingt ein Abenteuer erleben.“ War da ein leicht spöttischer Unterton zu hören? „Ich glaube, ich habe da etwas für Euch.“ Der Magier legte seinen Federkiel beiseite und schaute seinen Gehilfen nun direkt an. „Eines unserer Gildenmitglieder, Javier Beriel, ist vor einigen Monaten nach Stros M'Kai gereist, um die dortigen Dwemerruinen zu erkunden. Er hat regelmäßig Briefe geschrieben, doch seit einiger Zeit haben wir nichts mehr von ihm gehört. Wenig überraschend verspürt niemand hier in der Gilde den Drang, eine Insel voller Piraten aufzusuchen. Reist nach Stros M'Kai und findet heraus, wo der Bretone steckt. Falls er noch lebt, bringt ihn zurück nach Dolchsturz.“

    Sharif schaute verdutzt. „Ich soll Kindermädchen spielen und Euren verschollenen Magier suchen?“ Die Enttäuschung war dem Rothwardonen deutlich anzusehen. Magus Valec schaute seinen Gehilfen mit dem für ihn typischen undurchschaubaren Gesichtsausdruck an. „Wenn es Euch lieber ist, könnt Ihr natürlich auch weiterhin Bücher einsortieren. Ich an Eurer Stelle würde die Gelegenheit nutzen und zeigen, was Ihr könnt. Es liegt ganz bei Euch.“

    Zugegeben, Stros M'Kai war nicht gerade ein reizvolles Ziel. Andererseits, es war ein Anfang und allemal besser, als Bücher einzusortieren und sich ständig mit Shagra zu streiten. Nach kurzem Nachdenken antwortete Sharif. „Also gut. Wann soll ich aufbrechen?“ - „In 5 Tagen reist ein Schiff, die Silberstern, von Dolchsturz nach Stros M'Kai. Man wird Euch auf dem Schiff als Passagier anmelden. Nutzt die Zeit bis zu Eurer Abreise und bereitet Euch entsprechend vor. Habt Ihr Erfolg, bekommt Ihr eine angemessene Belohnung. Adept Leynard soll Euch noch einige Dokumente aushändigen, in denen Ihr alle weiteren Informationen findet, die Ihr benötigt. Das wäre dann alles.“

    Damit hatte Sharif seinen ersten „richtigen“ Auftrag bekommen. Wie schwer konnte es schon sein, auf einer kleinen Insel einen Magier ausfindig zu machen …
    Edited by Melethron on 29. December 2024 13:05
  • Melethron
    Melethron
    ✭✭✭✭
    Schatten der Vergangenheit

    Die Silberstern war in erster Linie ein Handelsschiff, das Waren transportierte und regelmäßig von Dolchsturz nach Stros M'Kai, Abahs Landung, Betnikh, und wieder nach Dolchsturz segelte. Passagiere mitzunehmen war eher ein Nebenverdienst für den Kapitän. Entsprechend bescheiden war das Quartier für Reisende. Eine notdürftig ausgestattete Kammer unter Deck, mit einfachen Betten und Hängematten, einem Sichtschutz, hinter dem man sich umziehen und waschen konnte, sowie einem kleinen Tisch mit Stühlen und einigen Kerzen. Im Gegenzug waren die Kosten für die Reise entsprechend niedrig. Die Magiergilde hatte für Sharifs Reise nach Stros M'Kai offensichtlich nicht mehr Münzen ausgeben wollen als unbedingt nötig.

    Einer der fünf Passagiere, die auf der Silberschiff mitreisten, war der bretonische Abenteurer Beryn Duront. Ein sonnengebräunter, unrasierter Kerl von schätzungsweise 40 Sommer, gekleidet in eine Lederrüstung, an der allerlei Beutel, Wurfmesser, Dolche, und Pergamentrollen befestigt waren. Einige Matrosen hatten sich am späten Abend in der Passagierkammer unter Deck um den Bretonen versammelt und lauschten fasziniert einer Geschichte, die er zum besten gab. Sharif hegte keinen Zweifel, dass Beryn bereits einiges erlebt hatte, doch waren seine Geschichten so übertrieben und unglaubwürdig, dass der Rothwardone sich schon bald gelangweilt abgewandt hatte.

    „Ich war in einer scheinbar ausweglosen Lage. Vor mir der blutrünstige Durzog, der mich in die Enge getrieben hatte. Hinter mir der tiefe Abgrund mit einem reißenden Fluss. Die wütenden Goblins waren nur noch gut 20 Schritt von mir entfernt, ich hatte schon den sicheren Tod vor Augen. Da kam mir die rettende Idee ...“ Der Bretone legte eine kunstvolle Pause ein, um die Spannung bei seinen Zuhörern noch weiter zu steigern, bevor er endlich fortfuhr.

    Neben Sharif und Beryn zählten noch eine junge bretonische Heilerin namens Maelys, ein Argonier und ein Dunmer zu den Passagieren. Maelys hatte den ersten Teil ihres Heilerstudiums abgeschlossen und befand sich aus persönlichen Gründen auf dem Weg nach Abahs Landung. Der Argonier, dessen Name sich Sharif beim besten Willen nicht merken konnte, schien eine Art Schamane zu sein. Er redete kaum, und wenn, dann nur in Rätseln und vagen Andeutungen. Der Dunmer war noch geheimnisvoller. Er sagte so gut wie nichts und mied jeglichen Kontakt. Als Beryn dem Dunkelelf einmal hartnäckig ein Gespräch hatte aufdrängen wollen, war der plötzlich aufgesprungen und hatte dem Bretonen ein Messer an die Kehle gehalten. Von dem Moment an wusste jeder, dass es besser wäre, den namenlosen Dunmer in Ruhe zu lassen.

    Beryn war weiter damit beschäftigt, den Matrosen seine wilde Abenteuergeschichte zu erzählen. Maelys und der Dunmer schienen zu schlafen, während der Argonier regungslos auf seinem Bett saß und vor sich hinstarrte. Sharif seufzte leise. Er hatte nicht erwartet, dass die Reise auf einem Schiff so langweilig werden könnte. Man konnte entweder den ganzen Tag auf das Meer starren, oder sich mit Würfel- und Kartenspielen die Zeit vertreiben. Wenigstens verlief die Reise relativ ruhig, und morgen würden sie endlich Stros M'Kai erreichen. Der Rothwardone beschloss, sich ebenfalls hinzulegen und fiel rasch in einen unruhigen Traum …

    Eine Kapelle, prunkvoll geschmückt, die Luft schwer von Blütenduft erfüllt. Familienangehörige, Freunde, Nachbarn, sie alle hatten sich in der Kapelle versammelt und waren in festliche Gewänder gekleidet. Sharifs engster Freund Nadim war ebenfalls unter den Gästen und lächelte ihm aufmunternd zu. Kaum zu glauben, dass sie noch vor wenigen Wochen zutiefst zerstritten gewesen waren, hatten sie doch lange Zeit um Najibas Herz gekämpft. Doch am Ende hatten sie sich zusammengerauft und ihre Streitigkeiten vergessen.

    Sharif und Najiba standen überglücklich vor dem Altar und warteten darauf, dass der Priester mit der Zeremonie beginnen und die beiden vermählen würde. Plötzlich betraten ein Hauptmann und mehrere Wachen die Kapelle und gingen geradewegs auf Sharif zu. „Sharif al-Kaheem, ich verhafte Euch wegen Diebstahls. Ihr habt …“ Der Hauptmann drehte sich zu Najiba und riss ihr ein Amulett vom Hals. „... dieses Schmuckstück gestohlen. Ein Verlobungsgeschenk, das nichts weiter ist als Diebesware.“

    Najiba verpasste Sharif wutentbrannt eine schallende Ohrfeige. Sein Vater Jamar verkündete mit ernster Miene: „Dies ist nicht länger mein Sohn. Von nun an ist er ein Ausgestossener. Und ein Dieb!“ Ein leises Raunen und Flüstern ging durch die Menge. Erst war es nur unverständliches Gemurmel, doch schwillte es rasch an und wurde immer lauter. Als die Wachen den völlig überrumpelten Rothwardonen abführten, waren die Rufe der Menge bereits ohrenbetäubend: „Dieb! Dieb! Dieb!“ - „Ich bin kein Dieb! Ich wurde reingelegt! Ich bin kein … !“ In diesem Moment sah Sharif, wie sein vermeintlich bester Freund Nadim seinen Arm um Najiba legte und bitterböse lächelte.


    Er schreckte schweißgebadet von seinem Lager hoch. Es dauerte einen kurzen Moment, bis Sharif bewusst wurde, wo er sich befand. Eine einzelne, fast abgebrannte Kerze verbreitete noch etwas Licht. Die Matrosen waren längst gegangen, Beryn hatte sich inzwischen ebenfalls schlafen gelegt. Nur der Argonier saß weiter auf seinem Bett und schaute geradewegs zu Sharif. „Die Schatten der Vergangenheit verfolgen Euch, Reisender.“

    „Und wenn schon.“ fauchte Sharif gereizt zurück. Er legte sich wieder auf sein Lager und versuchte, zu schlafen. Vergeblich. Die Worte des Argoniers wollten nicht mehr aus seinem Kopf.
  • Melethron
    Melethron
    ✭✭✭✭
    Hundingshafen

    Es war am frühen Morgen, die Silberstern sollte in wenigen Stunden Stros M'Kai erreichen, als die Matrosen plötzlich aufgeregt umherliefen und laut riefen. Die Matrosin im Ausguck, eine junge Bosmer, hatte einen Schiffbrüchigen entdeckt, der sich mit letzter Kraft an einem Stück Treibholz festklammerte.

    Der Schiffbrüchige wurde auf Befehl des Kapitäns eiligst aus dem Meer gefischt. Der völlig entkräftete und verwahrloste Mann, ein Bretone von schätzungsweise 30 bis 40 Jahren, wurde unter Deck gebracht, wo die Heilerin Maelys sich sofort um ihn kümmerte. Seinem schlechten Gesundheitszustand nach war der Schiffbrüchige wohl schon mindestens 3 Tage auf dem Meer getrieben. Da der Mann kaum bei Bewusstsein war und nur unzusammenhängende Worte von sich gab, konnte die Mannschaft vorerst nur über sein Schicksal spekulieren. War sein Schiff Opfer eines Piratenüberfalls geworden? Oder dunmerischer Sklavenjäger? Hatte sich gar ein altmerisches Kriegsschiff bis in die Nähe von Stros M'Kai gewagt? Da es weit und breit keine Hinweise auf eine Bedrohung gab, entschied der Kapitän, den Kurs Richtung Hundingshafen fortzusetzen.

    Sharif und der mysteriöse Dunmer interessierten sich so rein gar nicht für den Mann. Maelys dagegen ging gänzlich in ihrer Rolle als Heilerin auf, als sie sich mit den wenigen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln ausgiebig um den Verletzten kümmerte. Die Bemühungen der Heilerin wurden aus einiger Entfernung schweigend von dem Argonier beobachtet, und er wirkte dabei, als wüßte er, was es mit dem Bretonen auf sich hätte. Beryn wiederum tat das, was er fast immer tat – er redete ununterbrochen und gab der zierlichen Heilerin ungefragt Ratschläge. Als es Maelys irgendwann zu viel wurde und sie Beryn zurecht wies, zog er sich schmollend zurück, nur um kurz darauf eine weitere seiner hoffnungslos übertriebenen Abenteuergeschichten zum besten zu geben.

    Am Mittag des selben Tages erreichte die Silberstern Hundingshafen. Der Schiffbrüchige wurde von einigen Matrosen im Gasthaus Zur kreischenden Meerjungfrau untergebracht, wo er sich weitaus besser erholen konnte als auf einem Schiff, das in erster Linie zum Transport von Waren bestimmt war. Sharif war der einzige Reisende, der in Hundingshafen bleiben wollte, also erklärte er sich aus einer Laune heraus bereit, vorübergehend auf den Bretonen aufzupassen. Da der namenlose Schiffbrüchige am Tag ihrer Ankunft fast ausnahmslos schlief und Sharif ohnehin nicht viel für ihn tun konnte, nutzte der Rothwardone die Zeit, um sich einen ersten Eindruck von Hundingshafen zu machen.

    Die Bewohner von Hundingshafen waren in vielerlei Hinsicht bunt gemischt. Praktisch alle Völker waren hier vertreten, und neben Piraten trieb es viele Gesetzlose auf die Insel, darunter Verbrecher, die für eine Weile Unterschlupf suchten, Händler verbotener Substanzen, Diebe, Schmuggler, Assassinen auf der Suche nach der berüchtigten Jarrinwurzel, die nur auf Stros M'Kai zu finden war. Es gab jedoch auch Handwerker, Händler, Fischer, Kaufleute, und vereinzelt sogar Forscher. Die Insel lockte zudem mit Geschichten über sagenhafte Schätze immer wieder Abenteurer und Glücksritter an, von denen nur die allerwenigsten Erfolg hatten. Einige von ihnen schafften es, mit den letzten ihnen verbliebenen Münzen in ihre Heimat zurückzureisen. Andere schlossen sich, teils aus Verzweiflung, teils aus freien Stücken, den Piraten an. Wieder andere hatten alles verloren und fristeten ein Dasein als Bettler ohne jede Perspektive.

    Und dann war da noch Bhosek der Blutige, der sich selbst Oberhaupt Bhosek nannte. Vor einigen Jahren hatte er den vorherigen Herrscher hinterhältig ermordet und die Macht in Hundingshafen an sich gerissen. Mit Hilfe seiner Schläger, den Blutfäusten, hielt er die Hafenstadt fest in seinem Würgegriff. Besonders gefürchtet war das Grab, Bhoseks Gefängnis. Wer einmal im Grab eingesperrt wurde, dem gelang entweder die Flucht – oder er verrottete dort bis zu seinem Tod.

    Sharif war vom Gasthaus aus an einem kleinen Markt vorbeigekommen und hatte inzwischen den Hafen erreicht. Als erstes brauchte er Nachschub an Münzen. Magus Valec hatte ihm zwar einen halbwegs gut gefüllten Beutel Münzen mitgegeben, doch einen beachtlichen Teil davon hatte Sharif in Dolchsturz für eine neue Lederrüstung und zwei Dolche ausgegeben. Und auch wenn er mit seinem bisherigen Leben in Schildwacht abgeschlossen hatte, auf einige seiner Fähigkeiten wollte er dann doch nicht verzichten. Der Rothwardone schaute sich im Hafen unauffällig um, beobachtete die Blutfäuste und potentielle andere Gefahren, und suchte nach jemandem, der in einer unübersichtlichen Lage besonders unvorsichtig war. Schließlich entdeckte er einen rothwardonischen Kaufmann, der eine Gruppe Matrosen antrieb, während sie sich mühsam mit dem Entladen eines kleinen Kutters abmühte. Ein kurzes Lächeln huschte über Sharifs Gesicht. Er hatte sein Opfer gefunden ...
  • Melethron
    Melethron
    ✭✭✭✭
    Der Schafhirte und der Barde

    Der bretonische Schiffbrüchige hatte sich seit seiner unfreiwilligen Ankunft auf Stros M'Kai erstaunlich schnell erholt. Schon am dritten Tag war er in der Lage gewesen, sein Bett zu verlassen und die Schenke im Erdgeschoss aufzusuchen. Sharif hatte dem Mann Kleidung und einen Beutel Münzen besorgt. Teils aus Mitgefühl, da Sharif nur zu gut wusste, wie es war, von jetzt auf gleich alles zu verlieren. Teils aber auch aus Kalkül. So war der Schiffbrüchige ihm etwas schuldig, was sich später vielleicht noch als nützlich erweisen konnte.

    So sehr sich Sharif auch bemühte, viel war aus Damien, wie der Schiffbrüchige angeblich hieß, nicht herauszubekommen. Zunächst behauptete der Bretone, ein Schafhirte zu sein, was Sharif ihm von Anfang an nicht glaubte. Damien sprach viel zu gebildet, zeigte eine auffällige Vorliebe für Bücher, und er konnte vermutlich nicht nur lesen, sondern auch schreiben. Hinzu kam eine Schwäche für Wein, Frauen, und einem merkwürdigen Hang zur Philosophie. Das alles wollte nicht so recht zu einem einfachen Schafhirten passen. Sharif seinerseits hielt es allerdings nicht viel anders als Damien und gab von seiner Person so wenig wie nötig preis.

    Selbst als klar wurde, dass seine Geschichte vom Schafhirten unglaubwürdig war, machte der Bretone keinerlei Anstalten, mit der Wahrheit herauszurücken, Dafür wurde er gegenüber Sharif schnell unangenehm anhänglich und beharrte darauf, seinen vermeintlichen Retter als Freund zu bezeichnen – erst recht, als Damien dämmerte, dass der Rothwardone die beste und vorerst wohl auch einzige Möglichkeit war, von der Insel wegzukommen. Zu allem Überfluss musste Sharif feststellen, dass Damien zwar einen gebildeten Eindruck machte, von den Gefahren auf Stros M'Kai jedoch so rein gar keine Vorstellungen hatte.

    Überhaupt schien der Bretone sehr romantische Vorstellungen vom Leben zu haben. Während er im Gasthaus eine erste richtige Mahlzeit zu sich genommen hatte, war Damien mit einer verzweifelten Frau ins Gespräch gekommen, die ihren Sohn vermisste. Der junge Mann, ein Barde, hatte sich im Gasthaus bei einem seiner Lieder wohl etwas zu viele Freiheiten herausgenommen und Bhosek verspottet. Einige Blutfäuste hatten dem Barden daraufhin eine ordentliche Tracht Prügel verpasst, und seitdem fehlte jede Spur von ihm.

    Für Sharif gab es genau drei Möglichkeiten: entweder war der Barde tot, die Blutfäuste hatten ihn ins Grab geworfen, oder er war von der Insel geflohen. So oder so gab es keinen Grund, sich einzumischen und Ärger zu suchen. Damien sah die Sache entschieden anders. Er schwärmte von einem möglichen Abenteuer, und dass man dem Barden und seiner verzweifelten Mutter helfen müsse. Damien redete lange auf Sharif ein, und obwohl der Rothwardone es für eine ganz miese Idee hielt, ließ er sich am Ende dazu überreden, zumindest Nachforschungen über den Verbleib des Barden anzustellen.

    Wie Sharif es erwartet hatte, war das vermeintliche Abenteuer auch schon wieder vorbei, bevor es überhaupt angefangen hatte. Es war nicht allzu schwer, den Barden ausfindig zu machen. Genau genommen hatte der junge Mann wohl mitbekommen, dass jemand nach ihm suchte. Er verließ sein Versteck und bat Damien und Sharif fast schon verzweifelt, nicht weiter nach ihm zu suchen. Er und einige weitere Gefährten hatten eine Gelegenheit gefunden, die Insel zu verlassen, und zum Schutze seiner Familie vor Rache sollten die Blutfäuste und auch seine Angehörigen im Glauben gelassen werden, dass der Barde tot sei.

    Nun standen sie also hinter dem Gasthaus Zur kreischenden Meerjungfrau. Der verzweifelte Barde mit seinen Gefährten auf der einen, Sharif und ein ernüchterter Damien auf der anderen Seite. Während der Barde und seine Gefährten sich nach einem kurzen Abschied auf den Weg machten, um mit Hilfe eines kleinen Segelbootes von der Insel zu kommen, meinte Sharif trocken: „Tja, damit wäre dein Abenteuer wohl vorbei. Ich bin sicher, die Mutter wird Trost in deinen Armen finden. Ich höre mich in der Zwischenzeit ein wenig in der Stadt um. Sobald das Schiff kommt, mit dem ich Stros M'Kai wieder verlassen kann, hole ich dich hier im Gasthaus ab.“ Doch insgeheim dachte Sharif gar nicht daran, sich weiter um Damien zu kümmern. Er hatte bereits zu viel Zeit an diesen Narren verloren. Es galt, endlich den verlorengegangenen Magier namens Javier Beriel ausfindig zu machen und anschließend so rasch wie möglich Stros M'Kai zu verlassen. Dieser Damien würde schon irgendwie zurecht kommen.

    Doch die Dinge entwickelten sich gänzlich anders als erwartet ...
  • Melethron
    Melethron
    ✭✭✭✭
    Schlechte Neuigkeiten

    „Stecht sie mit einem Stock, macht sie scharf!“ - „Blut! Wir wollen Blut!“ - „Tu'whacca sei mit Euch, kleiner Krieger!“ In einem Hinterhof irgendwo im Hafenviertel betrachtete Sharif mit halbherzigem Interesse zwei Schlammkrabben, die zum Vergnügen einiger Piraten gegeneinander aufgehetzt wurden. Er gab einer Bosmer, die unmittelbar neben ihm stand, beiläufig einen Beutel Münzen. Die Waldelfe prüfte eine der Münzen, nickte zufrieden, und ließ den Beutel rasch verschwinden.

    „Ein Magier, der Javier Beriel heißt, hm? Ja, der Name sagt mir was. Ist schon eine ganze Weile her. Sechs, vielleicht sieben Monate. Ich erinnere mich nur deshalb noch an ihn, weil er hier einigen Staub aufgewirbelt hat.“ - „Sechs Monate? Seid Ihr Euch sicher?“ Sharif wurde stutzig. In Dolchsturz hatte Magus Valec noch gesagt, Beriel werde erst seit wenigen Wochen vermisst. Aber es gab auf Anhieb auch keinen triftigen Grund, warum die Informantin ihn diesbezüglich anlügen sollte.

    Die Bosmer fuhr fort. „Erst war er nur ein weiterer Forscher. Die kommen, suchen draußen in der Wüste irgendwas, dann reisen sie wieder ab. Dann kamen Gerüchte auf. Ein bretonischer Magier soll etwas Interessantes in den Dwemerruinen gefunden haben. Das hat sofort Bhosek auf den Plan gerufen.“ - „Und weiter?“ - „Die haben schnell rausgefunden, dass es dieser Javier Beriel ist, den sie suchen. Der Bretone war nicht sehr schlau. Er wollte nicht mit Bhosek zusammenarbeiten. Erst gelang ihm die Flucht, dann haben sie ihn doch noch erwischt und am hellichten Tag im Hafen verprügelt. Keiner hat sich getraut, ihm zu helfen. Verständlich. Niemand, der halbwegs klar im Kopf ist, legt sich mit Bhosek und seinen Leuten an. Was immer dein Freund in den Ruinen gefunden haben will, Bhosek hat es jedenfalls nicht bekommen.“

    Dem Rothwardonen dämmerte, dass die Suche nach dem Magier möglicherweise doch nicht so einfach laufen würde, wie er bisher gedacht hatte. „Und wo ist er jetzt … ?“ Er wollte bereits weitere Münzen hervorholen, doch die Waldelfe winkte ab. „Ihr könnt ihm nicht mehr helfen. Er ist im Grab.“

    Die Piraten johlten und schrieen, doch Sharif bekam davon kaum noch etwas mit. Er rieb sich nachdenklich mit dem Handrücken das Kinn. In das Grab einzubrechen und möglichst unbemerkt wieder rauszukommen, das sollte in einem Gewölbe voller Nischen und Schatten nicht allzu schwierig sein. Doch wenn der Magier wirklich in Bhoseks gefürchtetem Gefängnis steckte, war er sehr wahrscheinlich geschwächt oder sogar verletzt (wenn er denn überhaupt noch lebte). Sharif war aber kein Nord, der sich einfach jemanden über die Schulter werfen und sich durch eine Gruppe Blutfäuste prügeln konnte. Er brauchte Unterstützung, und das auf einer Insel, wo er niemanden kannte und erst recht niemandem vertrauen konnte. Nach kurzem Überlegen, welche Möglichkeiten ihm blieben, fluchte er leise vor sich hin und verließ den Schlammkrabbenkampf. Der Rothwardone machte sich auf den Weg zum Gasthaus, um dort die einzige Person um Hilfe zu bitten, die ihm auf dieser Insel blieb. Ausgerechnet Damien.
Anmelden oder Registrieren, um zu kommentieren.